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20. Juli 2007, 18:14 Uhr Von Jan Dams, Stefan Keidel und Marco Dalan
VDO-Verkauf
Politiker bedrängen Siemens
Der Technologiekonzern will seinen Autozulieferer VDO verkaufen - möglicherweise an einen US-amerikanischen Finanzinvestor. Nun regt sich die Politik: VDO soll deutsch bleiben. Darum soll Siemens das Unternehmen an den Reifenhersteller Conti verkaufen. Das nennen Kritiker "Industriepolitik von vorgestern".
Foto: Siemens_VDO_Automotive_AGEin Auto-Cockpit von VDO: Das Unternehmen soll verkauft werden - an wen, ist inzwischen ein Politikum
Im Kampf um VDO erhält Continental Unterstützung von deutschen Politikern. „Wir wollen, dass Conti mit Sitz in Hannover und VDO zusammenkommen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Entstehen würde ein Automobilzulieferer, der von Deutschland aus weltweit tätig wäre. Hinter den Kulissen sollen weitere ranghohe Politiker sich für diese Lösung einsetzen – auch wenn sie sich mit öffentlichen Aussagen bislang zurückhalten. Weiterführende links
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Auf einer Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch will der VDO-Eigentümer Siemens die Weichen für einen Verkauf oder den Börsengang seiner Geschäftssparte VDO stellen. Neben Conti-Chef Manfred Wennemer hat auch der amerikanische Finanzinvestor Blackstone am Freitag ein Angebot für VDO abgegeben. Blackstone-Gründer Stephen Schwarzman soll im Vorfeld persönlich dem Siemens-Vorstand sein Konzept für die Übernahme vorgestellt haben. Über den US-Autozulieferer TRW, an dem der Fonds mehrheitlich beteiligt ist, will Blackstone dem Vernehmen nach zwölf Mrd. Euro bieten – etwa eine Mrd. Euro mehr als Conti.
„Es kommt auf das Angebot an“
„Der Kaufpreis ist nicht alles“, heißt es Siemens-Kreisen. Wichtig seien auch „die Nebenbedingungen in den Verträgen“, in denen es um die Bewahrung der VDO-Werke und nachlaufende Gewährleistungen gehen müsse. „Wir sind nicht nur unseren Aktionären sondern auch unseren Mitarbeitern verpflichtet“, sagte ein Manager. Es müsse ausgeschlossen werden, dass VDO aufgeteilt werde. Conti habe bei seiner Präsentation ein sinnvolles Konzept vorgestellt. Noch vor einigen Monaten hatte die IG Metall daher gefordert, VDO nicht zu verkaufen, sondern an die Börse zu bringen. Jetzt ist die Gewerkschaft auch für einen Finanzinvestor offen: „Es kommt auf das Angebot an“, sagte der stellvertretende Aufsichtsratschef und Betriebsratsvorsitzende Ralf Heckmann am Freitag „Euro am Sonntag“. „Wenn wir hinreichend Arbeitsplatzsicherheit bekommen, stimmen wir auch einem Verkauf – auch an einen Finanzinvestor – zu.“ Offenbar fürchtet er, dass bei einer innerdeutschen Fusion mehr Arbeitsplätze wegfielen.
Gegenwind für Wulffs Pläne
Die deutsche Automobilindustrie dürfte Interesse an einer Übernahme durch Conti haben. Da Siemens Mitglied im Branchenverband VDA ist, werden solche Informationen jedoch nicht kommentiert, um keinen Druck auf den Konzern auszuüben. VDA-Präsident Matthias Wissmann soll sich aber für eine deutsche Lösung stark gemacht haben. Schlagworte
Siemens VDO Conti Christian Wulff Matthias Wissmann Rainer Brüderle Übernahme Nicht alle betrachten das politische Treiben mit Wohlgefallen. „Mit Industriepolitik von vorgestern wird Deutschland die Zukunft nicht meistern können“, sagt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzender Rainer Brüderle. Es sei nicht Aufgabe der Politik, „nationale Champions“ aufzubauen. Größe sei kein Erfolgsgarant, wie die Fusion von Daimler und Chrysler gezeigt habe.
 
aus der Diskussion: Siemens VDO - Börsengang, Komplett - oder Teilverkauf
Autor (Datum des Eintrages): workstation  (21.07.07 18:22:10)
Beitrag: 19 von 19 (ID:30787398)
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