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Ausgerechnet im Rekordjahr 1999 macht Amerikas Börsenguru Verlust
Eigentlich müsste US-Aktien-Guru Warren Buffett sich freuen. «Ich fühle mich gut, wenn der Kurs meiner Aktien nach unten geht, weil ich dann noch mehr kaufen kann», sagt er gern. Das ist jetzt der Fall. Ausgerechnet im Rekordjahr an der Wall Street verzeichnet Amerikas Vorzeige-Investor Verluste. Während die Technologiewerte am Nasdaq-Markt seit Jahresbeginn um fast 100 Prozent stiegen und der Dow Jones rund 25 Prozent zulegte, verloren die Aktien von Buffetts Holding Berkshire Hathaway seit ihrem Höchststand im März mehr als 30 Prozent an Wert.
Zum ersten Mal schlägt Buffett nicht den Markt, und schon gerät das Bild des erfolgreichsten amerikanischen Aktieninvestors ins Wanken. «Hat das Orakel von Omaha sein goldenes Händchen verloren?», fragen Kommentatoren. Doch die Kassandra-Rufe dürften verfrüht sein. Berkshire Hathaway ist noch immer die teuerste Aktie der Welt, sie wird zur Zeit mit rund 53 000 Dollar pro Stück gehandelt. Ende 1998 war sie aber noch 70 000 Dollar wert.
Bisher schien alles, was er anfasste, zu Gold zu werden. Der 69-Jährige kaufte stets größere Pakete von Unternehmen, die er für unterbewertet hielt, und wartete ab. «Du machst mehr Geld, wenn Du schläfst», lautet sein Motto. Zum weit verzweigten Portfolio der Holding gehören maßgebliche Anteile bei Coca Cola, Gillette und der «Washington Post». Außerdem ist er bei mehreren Unternehmen in der Versicherungsbranche engagiert. Bislang war Buffett mit dieser Taktik hervorragend gefahren. Das Wirtschaftsmagazin «Business Week» hatte kürzlich errechnet, dass Anleger, die 1956 10 000 Dollar in Berkshire-Aktien investierten, jetzt über ein Vermögen von 360 Millionen Dollar verfügen könnten. Zum Vergleich: Nach dem Standard & Poor`s-500-Index wäre das Anfangskapital in der gleichen Zeit nur auf 500 000 Dollar angewachsen. Buffetts Heimatstadt Omaha (Nebraska) verfügt seinetwegen über die größte Millionärsdichte in den USA.
Längst heißt es, Buffett steuere die Börsen und nicht umgekehrt. Seine Worte können Kursstürze verursachen oder einen Kaufboom auslösen, wie Mitte 1997. Damals hatte Buffett entschieden, dass der Silberpreis unterbewertet ist, und systematisch das Edelmetall aufgekauft, bis ihm 20 Prozent der weltweiten Jahresproduktion gehörten. Innerhalb von wenigen Monaten hatte er den Preis um 60 Prozent in die Höhe getrieben.
Hat Buffett, der zweitreichste Mann Amerikas, nun sein Gespür für den Markt verloren? Die Wertverluste von Berkshire Hathaway sind in erster Linie Unternehmen wie Coca Cola und Gillette zuzuschreiben, an denen er acht beziehungsweise neun Prozent hält. Coke hat in diesem Jahr durch die Krise in Europa und den Wachwechsel an der Spitze des Unternehmens zwölf Prozent an Wert verloren, die Gillette-Aktie rutschte um fast 13 Prozent ab. Das Hypotheken-Unternehmen Freddie Mac - ebenfalls Bestandteil der Holding - verlor gar 38 Prozent.
Technologie-Aktien, die Renner an der Wall Street, gehören nicht zu Buffetts Portfolio, da ihm diese Branche unheimlich ist. «Andere Leute kapieren vielleicht, was da gerade passiert. Aber ich weiss einfach nicht, wie das Internet-Geschäft in zehn Jahren aussehen wird», sagt Buffett. Und sein Motto heißt nun einmal: «Kaufe nur, was Du verstehst.»
Während immer mehr Investoren und Fondsmanager Anteile von Technologieunternehmen erwerben, setzt Buffett weiterhin auf klassische Werte, die nicht nur auf dem Papier bestehen. Auch wenn die Aktienmärkte zeitweilig anders reagierten, «früher oder später zählt der Wert», so seine Maxime. Deshalb lässt er sich auch nicht von vorübergehenden Einbrüchen ablenken. Einige Analysten geben ihm Recht und gehen davon aus, dass Berkshire Hathaway gegenwärtig unterbewertet ist. Das klingt nach einer Kaufempfehlung für Warren Buffett.

zur Person: Warren Buffett

Der Mann ist das lebendige Gegenbild zum geschniegelten Wall-Street-Yuppie: Zerzauste Haare, schlabbrige Anzüge und eine Brille, die an Kassengestelle aus der Zeit vor Fielmann erinnert.
«Meine Anzüge sind teuer, aber sobald ich sie anziehe, sehen sie billig aus», scherzt Warren Buffett (69). Er ist einer der erfolgreichsten Finanzmanager der Welt und nach seinem Freund Bill Gates der reichste Mann Amerikas. Dieses Understatement und sein goldenes Händchen bei Aktien haben Buffett den Status eines Börsen-Gurus eingebracht, der von seinen Anhängern in den USA kultisch verehrt wird.
Wer 1956 für 10 000 Dollar Papiere seines Unternehmen Berkshire Hathaway gekauft hat, besitzt heute ein Vermögen von 360 Millionen Dollar. Tausende hat Buffett so zu Aktienmillionären gemacht.
Und doch präsentiert er sich gern als einfacher Mann aus dem Mittleren Westen. Der amerikanische Mythos «Vom Tellerwäscher zum Millionär» trifft auf ihn allerdings überhaupt nicht zu: Zwar wurde er in Omaha im amerikanischen Bundesstaat Nebraska geboren, aber nicht in ärmlichen Verhältnissen: Sein Vater war immerhin Kongressabgeordneter in Washington.
Der Filius, der schon im zarten Alter von elf Jahren seine ersten Aktien kaufte, studierte später an der renommierten Business School der New Yorker Columbia University.
Bescheiden ist Warren Buffet dennoch geblieben. Noch heute wohnt er in seinem ersten Haus, das er vor 40 Jahren für 31 000 Dollar gekauft hat, und ernährt er sich am liebsten von Big Macs und Cherry Coke (fünf Dosen täglich).
Nicht zuletzt deshalb wurde er Großaktionär bei Coca Cola und McDonald`s. Seine einfache Anlagestrategie: «Kauf nur, was Du verstehst.» Auf Internet-Werte, die in den vergangenen Jahren viele Spekulanten reich gemacht haben, hat Buffett deshalb konsequent verzichtet.

Gruß Riddick
 
aus der Diskussion: Börsenguru`s
Autor (Datum des Eintrages): Riddick  (30.12.99 02:31:15)
Beitrag: 1 von 150 (ID:317136)
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