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Hallo Leute,

vor einigen Tagen schon habe ich mir ein paar PC-Ware-Aktien zugelegt und wie es des öfteren so meine Unart ist, fange ich erst nachträglich an, mich mit dem Unternehmen genauer auseinanderzusetzen.

Ein paar Kerndaten vorneweg:

Marktkap. bei Kurs 10€: 60 Mio.
Umsatz nach 9 Mon. 00: 109 Mio., also KUV00 unter 0,5.
KGV nach 9 Mon. 00: 15,9.

Zum Zeitpunkt meines Kaufes wunderte ich mich noch sehr über den Kursrückgang nach den letzten Zahlen (9-Monatszahlen zum 31.12.00, Geschäftsjahr geht bis Ende März). Ich fand den Umsatzanstieg gegenüber dem ersten Halbjahr (von 61 Mio. Euro nach sechs auf 109 Mio. € nach neun Monaten) ebenso beeindruckend wie das von 0,10 auf 0,63 verbesserte Ergebnis pro Aktie (nach DVFA/SG).

Zu meiner Überraschung fiel der Kurs, der vorher viele Wochen lang zwischen 15 und 20 Euro schwankte, kurze Zeit nach Bekanntgabe der Zahlen. Die Umsatzpfeile bei Comdirekt wurden immer öfter rot und relativ (aber nicht extrem) lang.

Vor ein paar Tagen konnte ich trotzdem nicht mehr widerstehen und legte mir ein paar Aktien für 10,40 Euro zu. Um mich zu vergewissern, daß an der Kursentwicklung tatsächlich nur die allgemeine Marktschwäche und das starke Desinteresse an dieser Aktie schuld waren (so meine Hoffnung), fing ich am Wochenende an, etwas genauer nachzubohren.

Leider mußte ich dabei feststellen, daß PC-Ware schon zur Emission (Emissionspreis war übrigens 17 Euro, erster Preis am 5.5.00 lag bei 38 Euro - das waren noch Zeiten ;)) bekannt gegeben hatte, daß - bedingt durch die Kundenstruktur (sehr starker Anteil Öffentlicher Dienst) - zum Jahresende, also im 3. Quartal des Geschäftsjahres, in der Regel 45% des Jahresumsatzes generiert werden.

Vor diesem Hintergrund stellen sich die von mir so positiv gesehenen Zahlen ganz anders dar und zwar als eine herbe Enttäuschung – die vor dem Hintergrund der Sparmaßnahmen in den öffentlichen Haushalten freilich teilweise schon voraussehbar war und ein Stück weit eingepreist gewesen sein dürfte! Wieder einmal war es nicht der alle guten Werte mit nach unten ziehende Markt, der "blind" war, sondern ich...

Ich fände es schön, wenn es gelingen sollte, eine ernsthafte Diskussion der Chancen und Risiken einer Investition in PC-Ware in Gang zu bringen. Es wird schwer, weil das allgemeine Interesse an dem Wert bei WO praktisch gleich 0 ist, aber einen Versuch ist es mir wert.

Zu einem kleinen zusammenfassenden Abriß über das Unternehmen mitsamt aller relevanten Daten reicht meine Motivation freilich nicht aus. Vielleicht kommt es ja im Verlauf des Threads dazu, daß man sich als Leser (fast) alles Wichtige zusammensuchen kann. Ich beschränke mich im Folgenden auf einige Punkte, die ich im Moment gerade wichtig finde.

In den wenigen Threads zu PC-Ware bei WO wird teilweise auf den sehr hohen Cash-Bestand hingewiesen und die Firma bei dem Kurs als mehr oder weniger "geschenkt" bezeichnet. Die 55 Mio. Euro, die in diesem Zusammenhang manchmal genannt werden (Marktkap. wie gesagt 60 Mio.), stammen freilich aus dem 9-Monatsbericht und sind allein schon deshalb heute unbrauchbar. Allein schon auf Basis des 9-Monats-Berichts fällt freilich auf, daß sich die Verbindlichkeiten auf 44 Mio. Euro beliefen gegenüber 33 Mio. an Forderungen.

Pi mal Daumen sollte man dann vom Cashbestand zumindest die 11 Mio. Differenz zwischen Verbindlichkeiten und Forderungen abziehen, bevor man meint, die Firma gebe es praktisch geschenkt. Übrig bleiben nach dieser Rechnung immer noch 44 Mio. Euro.

Allerdings gab es im Januar 01 für 14,5 Mio. Euro Cash eine Übernahme (allein schon diese für den Neuen Markt nicht gerade typische Art der Zukäufe ohne Kapitalerhöhung macht mir die Firma schon sympathisch), so daß nur noch etwa 30 Mio. Euro übrig bleiben und damit zwar NICHT fast die ganze, aber immerhin die halbe Marktkapitalisierung.

Die künftige Entwicklung des Aktienkurses dürfte sehr stark vom Erfolg oder Mißerfolg dieser Übernahme abhängen, da diese in der Vergangenheit mehr Umsatz generiert hat als PC-Ware. Die AdHoc dazu lautete folgendermaßen (das für mich Wichtigste habe ich fett hervorgehoben):

Donnerstag, 11.01.2001, 11:52
PC-Ware übernahm europäische Töchter von US-Programmer`s Paradise
LEIPZIG (dpa-AFX) - Der Softwaredienstleister PC-Ware Information Technologies hat die europäischen Tochtergesellschaften des US-Softwarespezialisten Programmer`s Paradise Inc. (Shrewsbury, New Jersey) erworben. Damit gehören zu der PC-Ware-Unternehmensgruppe nun Tochtergesellschaften in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Italien und Österreich, teilte die börsennotierte PC-Ware Information Technologies AG (Leipzig) am Donnerstag mit.

"Mit dem Kauf der europäischen Programmer`s Paradise Töchter erreichen wir auf einen Schlag Präsenz in sämtlichen Kernmärkten der EU und verwirklichen konsequent unsere langfristige Unternehmensstrategie", sagte der Vorstandsvorsitzende Knut Löschke. PC-Ware habe 14,5 Mio. Euro für seine neuen Unternehmensteile bezahlt. Der Umsatz der erworbenen Unternehmen betrug 1999 rund 160 Mio. Euro.

Das Leipziger Unternehmen liefert Standard-Software und berät Kunden bei der Softwarebeschaffung. Im Geschäftsjahr 1999/2000 (31. März) erzielte PC-Ware einen Umsatz von 105,5 Millionen Euro und ein Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit von 3,6 Millionen Euro./DP/kh
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Programmer’s Paradise scheint der Verkauf an PC-Ware im Januar gut bekommen zu haben, zumindest deutet der Chart darauf hin:




Es liegt der Schluß nahe, daß man sich hier nicht gerade von einer Perle getrennt hatte und es erscheint fraglich, wie schnell es PC-Ware gelingt, diese Aquisition zu integrieren und zu einer Perle umzugestalten.

Mir wurde das Ganze vor diesem Hintergrund dann doch etwas zu riskant, so daß ich heute bei 10,20 wieder ausgestiegen bin. Über gute Wiedereinstiegsargumente würde ich mich freuen.
 
aus der Diskussion: PC-Ware, Diskussion der Chancen und Risiken
Autor (Datum des Eintrages): Der Tscheche  (26.03.01 09:59:18)
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