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Kommentar FTD

05.01.2008 - 18:44 Uhr
FTD: Aktienmärkte "auf Messers Schneide"

Die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten haben die Furcht vor einer Rezession der weltgrößten Volkswirtschaft geschürt. In der kommenden Woche dürfte es turbulent an den Aktienmärkten zugehen.

Dass der Dax in absehbarer Zeit über 8000 Punkte klettert, gilt als so gut wie ausgeschlossen. Ein düsteres Konjunkturszenario gibt nach Ansicht von Analysten den Rentenmärkten weiter Auftrieb und belastet die Aktienmärkte. "Die Stimmung hat sich deutlich gedreht, die Rezessionsangst ist noch einmal richtig präsent geworden", sagt Helaba-Analyst Ralf Umlauf. "Diese Dynamik wird uns auch in der nächsten Woche weiter tragen", meinte auch Valentin Hofstätter, Zins- und Währungsstratege der Raiffeisen-Zentralbank Österreich (RZB).

Schon in der abgelaufenen Woche fielen die Zehnjahresrenditen um rund 0,2 Prozentpunkte. Die Verzinsung zweijähriger US-Anleihen sank beinahe doppelt so stark. Die meisten Analysten sind angesichts des guten Jahresstarts aber skeptisch, dass der Spielraum für einen weiteren Renditerückgang in dieser Woche noch groß ist.

Bedrückend wirkt dagegen das aktuelle Konjunkturszenario auf die Aktienmärkte. "Sie stehen auf Messers Schneide", sagte Steffen Neumann, Aktienanalyst der Landesbank Baden-Württemberg. Von den Konjunkturdaten der kommenden Woche erhoffen sich Beobachter kaum Impulse - auch keine positiven.



Erschreckend viele Arbeitslose


Grund für den Pessimismus waren die schlechten Arbeitsmarktdaten aus den USA vom Freitag. Die Arbeitslosenrate war im Dezember überraschend stark auf 5 Prozent gestiegen, nach 4,7 Prozent im Vormonat. In Europa litten vor allem exportorientierte Werte unter der Angst vor einer Schwäche der US-Wirtschaft. Der Dax verlor in der ersten Handelswoche des neuen Jahres 3,2 Prozent auf auf 7808 Punkte, der Stoxx 50 sank um 2,8 Prozent. In den USA sank der S&P 500 um 4,5 Prozent, der Nasdaq Composite gab sogar um 6,4 Prozent nach.

Analysten sind sich darüber einig, dass es in der kommenden Woche an den europäischen Aktienmärkten zu deutlichen Ausschlägen kommen kann. "Auch nach unten", sagte Naumann. Dass etwa der Dax die 8000-Punkte-Marke in dieser Woche knacken könnte, glaubt derzeit kein Analyst. "Es herrscht eine große Unsicherheit, die für den Aktienmarkt schlecht ist und mit großer Wahrscheinlichkeit zu hoher Volatilität führen wird", sagte Marktstratege Tobias Basse von der NordLB.




"Stimmung könnte rasch kippen"


Neumann sieht Potenzial für Kursausschläge durch Unternehmensnachrichten. "Wenn es Anzeichen gibt, dass die Immobilienkrise auf andere Sektoren übergreift oder Unternehmen die Auswirkung der Krise als Begründung für schlechte Prognosen benennen, könnte die Stimmung rasch kippen", sagte der Aktienanalyst. Denn immerhin hätten sich die europäischen Aktienmärkte trotz hoher Ölpreise und starkem Euro bisher gut gehalten. Bei den Dax-Titeln etwa können die Verkehrszahlen der Lufthansa am Donnerstag interessant werden.

In den USA wird der Aluminiumkonzern Alcoa traditionell als erstes Unternehmen die Ertragssaison einleiten. Es wird befürchtet, dass sich die Folgen der Subprime-Krise in den weiteren Quartalsergebnissen der Unternehmen widerspiegeln könnten. "Bei den fallenden Hauspreisen, dem Rekordpreis beim Öl und dem allgemein langsam wachsenden Gehältern sehen wir in der Ertragssaison dieses Jahr sicherlich genauer hin", sagte Nomura Securities Inc. Chefökonom David Resler.


Nach Meinung von Stratege Basse werden die Aktienmärkte vor allem von makroökonomischen Themen bewegt. Die US-Notenbank Fed stecke durch die schwachen Konjunkturdaten und die hohe Inflationsgefahr in einem Dilemma. Die Hoffung der Aktieninvestoren, die Fed werde mit ihren Zinsentscheidungen helfen, habe sich zerschlagen. Laut Basse werde sie nicht hektisch mit deutlichen Zinssenkungen reagieren - "zum Leidwesen der Aktieninvestoren".

Eine Zinssenkung in den USA gilt unter Anlegern als ausgemacht, nur das Ausmaß gilt als unklar: Nach den schlechten Beschäftigungsdaten stiegen an den Terminmärkten die Wetten auf eine Lockerung um einen halben Prozentpunkt von einem Drittel auf 50 Prozent.


Leitzins in der Eurozone dürfte bei vier Prozent verharren


Von der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag erwarten Analysten keine Hilfe für die Rentenmärkte, wo die Stimmung positiv ist. "Die Konjunkturdaten in dieser Woche haben keine vergleichbare Zugkraft und die Europäische Zentralbank wird wohl nicht gewillt sein, Zinssenkungen anzudeuten", warnte Umlauf. Die Notenbanker werden den Leitzins für die Eurozone wohl bei vier Prozent belassen. Auch Vertreter der US-Notenbank könnten die Feierlaune trüben. "Diese Woche treten viele Fed-Vertreter auf, die mit ihren Reden die Hoffnungen auf einen großen Zinsschritt dämpfen könnten", sagte Charles Diebel.


Hinzu kommt, dass in der ersten vollen Handelswoche eine Emissionswelle auf die Märkte zurollt: Spanien, Niederlande, Italien, Großbritannien und die USA werden auf jeden Fall neue Anleihen platzieren, vermutlich auch Österreich. Daneben stehen die ersten Finanzinstitute in den Startlöchern, darunter die HSH Nordbank mit einem Schiffspfandbrief. "Das hohe Angebot könnte kurzfristig zu Rückschlägen führen", sagte Charles Diebel, Zinsanalyst von Nomura.

Schlechte Karten hat der US-Dollar in dieser Woche. Der Zinsvorsprung zur Eurozone, der die US-Währung in den letzten Jahren gestützt hatte, hat sich mittlerweile ins Gegenteil verkehrt. Die Aussichten auf Zinssenkungen sind eine weitere Hürde. Nachdem der Euro sich über die Hürde bei 1,4750$ hat festsetzen können, hält Rainer Sartoris, Volkswirt von HSBC Trinkaus & Burkhardt nun auch eine Annäherung an das Rekordhoch für möglich.

Autor/Autoren: Ute Göggelmann, Yasmin Osman (Frankfurt) und Ning Wang (New York)

(c) FTD
 
aus der Diskussion: Tages-Trading-Chancen am Montag 07.01.2008
Autor (Datum des Eintrages): AndreasBernstein  (06.01.08 22:10:52)
Beitrag: 8 von 729 (ID:32962511)
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