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Der glitzernde Riese erwacht

Solar One ist seit Jahrzehnten das erstesolarthermische Großkraftwerk

Sonnenstrom lässt sich nichtnur aus kleinen Siliziumzellengewinnen – sondern auch ausriesigen solarthermischen Kraftwerken. Wie im »Nevada Solar One«,das wie ein großer See in der Wüste südlich von Las Vegas glitzert.Seit Juni produziert es Strom – und nimmt damit eine Tradition auf, die 1912 in Ägypten begann, sich aber seitdem nur langsam weiterentwickelt hat. Doch das ändert sich gerade gründlich.

Inzwischen wissen sie beim weltneusten solaren Großkraftwerk, was Fotografen wollen: »Fahr einmal an der ersten Reihe entlang«, bittet Tom Couch einen Kollegen per Funkgerät. Couch ist Sicherheitsbeauftragter und Besucherführer beim Solarkraftwerk »Nevada Solar One«, nicht weit von Boulder City. Er steht auf dem Balkon der Leitwarte und lässt seinen Blick schweifen – 140 Hektar voll mit Spiegelreihen erstrecken sich zu seinen Füßen, eine Fläche, etwas größer als der Titisee im Schwarzwald.
Es dauert keine fünf Minuten, da rollt ein weißer Geländewagen vor die erste Spiegelreihe. Von der Leitwarte sieht der Pick-up trotz seiner zwei Meter Höhe aus wie ein ferngesteuertes Auto – die gläsernen Parabolrinnen hinter ihm sind mehr als dreimal so hoch. Und nicht nur das: Mehr als drei Stunden würde Couchs Kollege brauchen, um an jede der zusammengenommen 76 Kilometer langen Reihen vorbeizufahren. »Wir haben hier ein Tempolimit, um nicht zuviel Staub aufzuwirbeln«, erklärt Couch. Denn der würde sich auf die Parabolspiegel legen und die Leistung von Nevada Solar One mindern.
Besonders viel Energie erzeugt das Kraftwerk an diesem Donnerstagmorgen dennoch nicht. Der Himmel ist dunstig – eine Seltenheit hier im Eldorado Valley. Normalerweise entfaltet die Sonne schon früh am Morgen eine große Strahlkraft. Sie schiebt sich dann über die zerklüftete Bergkette der Eldorado Mountains auf einen azurblauen Himmel und sendet gleißendes Licht auf jeden der 182.400 Spiegel. Diese reflektieren die Strahlungsenergie auf ein nur sieben Zentimeter dickes Edelstahlrohr hinter einer Vakuumisolierung und konzentrieren die Sonnenstrahlung dort 80-fach. Ein Spezialöl, das durch das Rohr zirkuliert, wird so auf etwa 400 Grad Celsius erhitzt – genug, um 370 Grad heißen Dampf mit 100 Bar Druck für eine Kraftwerksturbine zu erzeugen. Denn Solar One ist vor allem eins: ein konventionelles Dampfkraftwerk, dessen Treibstoff konzentrierte Sonnenstrahlen sind. Und so steht direkt neben der Turbine eine Batterie von Kühltürmen, die an Tagen wie diesen gut und gern 2,5 Millionen Liter Wasser verdampfen – und das mitten in der Wüste. Nur die Tatsache, dass der riesige Lake Mead (bekannt durch den Hoover-Staudamm) gleich hinter Boulder City beginnt, hat den Bau des Kraftwerks an diesem Ort überhaupt ermöglicht.
Noch läuft das Kraftwerk an diesem Morgen nicht ganz, wie es soll. Blickt man vom Balkon der Leitwarte ein paar Hundert Meter nach links, dorthin, wo die mit Aluminiumblechen isolierten Rohrleitungen vom Feld mit den Spiegeln in einem Maschinenkomplex münden, sieht man Dampf ungenutzt in die Luft schießen. »Damit könnten eigentlich 30 Megawatt Strom erzeugt werden. Doch ein Techniker von Siemens arbeitet gerade an der Turbine, wir sind deshalb noch offline«, erklärt Michael Delargy, der in der Leitwarte hinter neun Bildschirmen sitzt und das Kraftwerk steuert. Die Kraftwerksbetreiber probieren etwas aus, um den Betrieb der Turbine zu optimieren. Eine Ausnahme ist das offenbar nicht: Im Regal hinter Delargy steht ein Buch: Es heißt »Steam Plant Operation« (quasi eine Betriebsanleitung für Dampfkraftwerke) und ist ziemlich abgegriffen.
Wohl in keinem anderen Kraftwerk hat die Leitwarte eine derart gute Aussicht. Bei gutem Wetter – und das heißt an 300 Tagen im Jahr – können Delargy und seine Kollegen bis ins Zentrum von Boulder City gucken, gut 20 Kilometer weit. Was wie Luxus klingt, ist betriebsnotwendig. Die gute Sicht erlaubt den Kraftwerkern, heranziehende Wolken rechtzeitig zu entdecken. »Auf den Wetterbericht kann man sich nicht verlassen«, sagt Delargy.
Und Robert Cable (in Amerika kurz Bob), sein Chef, ergänzt: »Wir haben ein paar Tricks für den Umgang mit Wolken auf Lager.« So könne man beizeiten das Öl langsamer durch die Rohre pumpen und dadurch dessen Temperatur anheben. Wenn anschließend die Wolken das Spiegelfeld in Schatten hüllen, reiche die im Öl gespeicherte Hitze, um den Betrieb der Dampferzeuger aufrechtzuerhalten. »Wir haben eine Menge Speichermöglichkeiten mit dem Öl in den Röhren«, sagt Cable. Vor allem ist es aber auch eine Menge Öl: 1,3 Millionen Liter zirkulieren durch die kilometerlangen Leitungen. Das reicht, um das Kraftwerk auch bei Dunkelheit mehr als eine Stunde unter Volllast weiterlaufen zu lassen. Nachts allerdings, da werden die Turbinen abgestellt – noch. Denn Cable erzählt, dass man beim Solar-One-Eigner, der spanischen Firma Acciona Solar Power, darüber nachdenke, das Kraftwerk mit einem Nachtspeicher zu versehen. Der würde die Hitze des Tages aufnehmen und nachts langsam wieder abgeben. Die dafür erforderliche Extra-Sonnenenergie müsste von zusätzlichen Parabolrinnen eingefangen werden. Etwa 70 Hektar Land stehen für ihren Bau noch zur Verfügung. Wie denn die Wärme gespeichert werden solle? Dazu schweigt Cable und meint lediglich, man habe mehrere Möglichkeiten. Mit einem Salzschmelzespeicher (siehe unten) werde Solar One aber sicherlich nicht aufgerüstet.

Sonnenstrom für Las Vegas
Vor allem bei Nevada Power Comp. und deren Schwesterunternehmen Sierra Pacific Power Comp. würde man sich über ein 24-Stunden-Kraftwerk freuen. Die Energieversorger kaufen jede Kilowattstunde von Solar One, um ihre staatliche Erneuerbare-Energien-Quote zu erfüllen. Was sie dafür bezahlen, ist Firmengeheimnis. Fachleute berichten allerdings, dass der Preis bei 16 bis 17 US-Cents (0,11 bis 0,12 Euro) für eine Kilowattstunde liegt.
Später am Vormittag, die Sonne steht schon hoch am Himmel, greift Michael Delargy zum Mobiltelefon und ruft bei Nevada Power an. »Wir gehen jetzt online«, sagt er. Dann gibt er mit einem Mausklick Dampf auf die Turbine im Maschinenhaus. 65 Megawatt Drehstrom schießen mit einer Spannung von 13,8 Kilovolt in das eigene Umspannwerk, werden dort auf 230 Kilovolt hochgespannt und in das Netz von Nevada Power einspeist. Die Hochspannungsleitung verläuft praktischerweise direkt hinter dem Gelände des Kraftwerks, nur rund 60 Kilometer sind es von dort bis nach Las Vegas, wo der Sonnenstrom überwiegend hinfließt. Nicht zuletzt erhellt er dort die riesigen, fensterlosen Hotellobbys mit ihren Tausenden von Spielautomaten.
All diese Details alleine erklären das Interesse der Journalisten, die Tom Couch beinahe wöchentlich über das Gelände führt, natürlich nicht. Schließlich gibt es in Kramer Junction, etwa 300 Kilometer von Boulder City entfernt, einen technisch sehr ähnlichen Vorgänger, der mit 345 Megawatt sogar viel mehr leistet als der Neubau im Eldorado Valley (PHOTON 2-2005). Cable und 12 weitere der insgesamt 28 Solar-One-Mitarbeiter kennen das Kraftwerk gut, weil sie dort jahrelang gearbeitet haben. Filmfans wiederum ist es ein Begriff, weil dort die Eingangsszene des Science-Fiction-Films »Gattaca« spielt.

Wettbewerbsfähig und imgroßen Maßstab
Die Realität heute ist nicht minder aufregend: Als im Juni weltweit das erste solarthermische Großkraftwerk seit 16 Jahren ans Netz ging, wurde das in den USA als Zeichen für einen Neustart in die solare Stromversorgung gesehen. Das wird nirgendwo so deutlich wie im gut eine Flugstunde westlich von Boulder City entfernten Long Beach und seinem Solar One. In Sichtweite des Pazifiks haben dort Ende September die wichtigsten Protagonisten der solarthermischen Stromerzeugung auf der größten US-Solarkonferenz über Gegenwart und Zukunft dieser Technologie diskutiert. Kaum einer ließ es sich nehmen, dem Kraftwerk am Eldorado Valley Drive die Reverenz zu erweisen. »Sein Wirkungsgrad ist im Durchschnitt 25 Prozent höher als der des ersten Kraftwerks in Kramer Junction«, lobte etwa Hank Price von Solucar Power Inc. Und Rainer Aringhoff von der Solar Millennium AG bekennt, dass man beim Bau mit den Ingenieuren vom Acciona-Vorgänger Solargenix Energy LLC gezittert habe. Wohlgemerkt, beide Herren arbeiten an Konkurrenzprojekten zu Solar One im Südwesten der USA. Erfahrung bringt Solucar von seiner spanischen Mutter Abengoa SA mit, die auf der Iberischen Halbinsel ebenso wie Solar Millennium in etlichen Projekten aktiv ist. Denn genau wie die Photovoltaik ist auch der solare Dampfkraftwerksbau längst ein globales Geschäft – übrigens eines, das bislang weitgehend von deutschen Firmen dominiert wird. Die Parabolspiegel etwa, deren spezielle Silberbeschichtung auch beim Solar One rekordverdächtige 94 Prozent des Sonnenlichtes reflektiert, gibt es nur bei der Centrosolar Glas GmbH & Co. KG (früher Flabeg). Bei den Vakuumröhren – das Kernstück der Receiver – die jede Nacht heftigen Temperaturschwankungen trotzen müssen, ist die Schott AG der bevorzugte Lieferant. Gerade errichtet das Unternehmen in Spanien eine zweite Fabrik für diese Bauteile – Röhren mit einer Kapazität von zusammen 110 bis 160 Megawatt soll das Werk jährlich ausspucken.
Die Bezugsgröße im solarthermischen Kraftwerksbau heißt allerdings längst nicht mehr nur Megawatt. Auf drei Gigawatt prognostiziert etwa John White allein die Leistung der bis zum Jahr 2020 in Kalifornien gebauten Solarkraftwerke. Der Mann ist Solarthermie-Experte beim kalifornischen Center for Energy Efficiency and Renewable Energy und damit zur Zurückhaltung verpflichtet. Aringhoff indes darf höher tippen – zehn Gigawatt lautet seine Schätzung für Kalifornien im Jahr 2020. Denn außer in Spanien sind die Bedingungen für solarthermischen Strom nirgendwo so gut wie in Kalifornien und seinen Nachbarstaaten. Neben viel Sonne und Platz gibt es hier einen immensen Stromverbrauch, der dazu noch stetig wächst, sowie einen überalterten Kraftwerkspark und exorbitante Strompreise, weil ein Großteil der Elektrizität aus Gaskraftwerken stammt, deren Brennstoffkosten in den vergangenen Jahren förmlich explodiert sind. Etwa zehn US-Cent (0,07 Euro) kostet eine Kilowattstunde Strom ab Gaskraftwerk dort heute schon. Und genau diese Marke werde der solarthermische Strom in Kalifornien schon in wenigen Jahren unterschreiten, glaubt John O´Donnell von Ausra. »Wir werden wenig später auch sieben oder acht Cent (0,050 beziehungsweise 0,056 Euro) sehen. Das ist ziemlich sicher«, prophezeit er. Damit würde Solarstrom dann sogar die Stromgestehungskosten neuer Kohle- oder Atomkraftwerke unterbieten. Vor allem aber lautet das Mantra der Fachleute: Solarthermische Kraftwerke sind »utility-scale«. Sie entsprechen also dem Maßstab, den große Energieversorger kennen – und lieben.
Interessant ist für die Energieversorger vor allem, dass sich die Sonnenwärme im Gegensatz zum Sonnenstrom recht einfach speichern lässt. Das Thermoöl der Parabolrinnen-Kraftwerke Andasol I und II, die Solar Millennium im spanischen Andalusien derzeit baut, wird seine Energie tagsüber teilweise an eine Salzschmelze abgeben – und erst später an die Turbine. Dazu lagern in Tanks von 14 Meter Höhe und 38 Meter Durchmesser 28.500 Tonnen einer Mischung aus Natrium- und Kaliumnitrat – besser bekannt als Chile- und Kalisalpeter. Die Salzschmelze gilt als guter Wärmespeicher und ist überdies – zumindest bei den 292 Grad Celsius, mit denen sie in den Andasol-Kraftwerken gelagert wird – flüssig wie Wasser. Beste Voraussetzungen also, um die Energie des Thermoöls in Wärmetauschern auf das Gemisch zu übertragen und um fast hundert Grad aufzuheizen. Auf diese Weise speichern die Andasol-Kraftwerke 1.010 Megawattstunden Wärme, genug für fast acht Stunden Stromproduktion bei Dunkelheit.

Konkurrierende Kraftwerkskonzepte
Auch wenn fast in allen neuen Projekten die Parabolrinnen-Technik zum Einsatz kommt, ist noch völlig unklar, ob diese Technologie am Ende das Rennen machen wird. Denn anders als in der Photovoltaik gibt es in der Solarthermie einen wahren Anlagenzoo. Neben Parabolrinnen-Kraftwerken wäre da der Solarturm, bei dem Hunderte von beweglichen Einzelspiegeln das Sonnenlicht auf einen zentralen Empfänger reflektieren sowie das sogenannte Linear-Fresnel-Kraftwerk, das Solarturm und Parabolrinne kombiniert (siehe Grafik). Auch Sterling-Motoren können solar befeuert werden und Strom ganz ohne Dampf und Öl erzeugen.
»Wir haben das mal durchgerechnet, und alle Untersuchungen zeigen, dass alle Technologien ungefähr auf die gleichen Stromgestehungskosten kommen«, sagt Klaus Hennecke vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das weltweit als führend in der solarthermischen Forschung gilt. In Long Beach ging es daher auch um die Frage, ob man mit teurer, aber sehr effizienter Hightech weiterkommt oder aber mit billiger und dafür weniger effizienter Lowtech.
Das DLR versucht sich derzeit an ersterer Variante und errichtet mit einigen Partnern ein technisch recht aufwendiges Solarturmkraftwerk – ausgerechnet im regenreichen Jülich. Nächstes Jahr soll der 60 Meter hohe Turm am Rande der rheinischen Stadt fertig sein. Dann wird es nicht so sehr darum gehen, mit 1,5 Megawatt Leistung ins Netz der dortigen Stadtwerke einzuspeisen, sondern vor allem, die beste Fahrweise für den Betrieb in allen möglichen Wettersituationen zu erforschen. Mehr als 900 Heliostaten sollen in Jülich die Sonnenstrahlung auf die Spitze des Turms bündeln, in der ein nur etwa 22 Quadratmeter großer Receiver aus temperaturfester Keramik sitzt. Jeder Quadratmeter der schwarzen, waffelartigen Oberfläche wird dabei einer Wärmeleistung von einem Megawatt ausgesetzt – fünfmal mehr als bei den öldurchströmten Röhren der Parabolrinnen-Kraftwerken. Die Receiver werden sich daher deutlich stärker erhitzen. »Das Material kann locker 1.000 Grad Celsius vertragen, und die werden auch erreicht«, sagt Hennecke, der das Projekt am Institut für Thermodynamik des DLR betreut. Über Luft, die ein Gebläse durch die Keramik saugt, wird die Wärme abgeführt und an einen Dampferzeuger abgegeben. Dieser produziert daraus 480 Grad heißen Dampf mit einem Druck von 26 Bar. Wie in allen Dampfkraftwerken gilt auch hier: Je höher Druck und Temperatur, desto höher auch der Wirkungsgrad der Turbine. Während er beim Solar One bei 37,5 Prozent liegt, könnte er bei Kraftwerken à la Jülicher Solarturm deutlich mehr als 40 Prozent betragen. Genaues will man bei der Kraftanlagen München GmbH, die den Solarturm baut, allerdings noch nicht sagen.
Einen Speicher wird es auch bei diesem Kraftwerkskonzept geben. Er arbeitet allerdings nicht mit einer Salzschmelze, sondern mit einem festen Keramikgranulat, das in einem Tank lagert. Beim Laden wird es von der heißen Luft aus dem Receiver durchströmt und dabei auf 670 Grad aufgeheizt. Auf die gleiche Weise wird es wieder entladen, wenn ein Wolkenfeld die Heliostaten verdunkelt. »Das ist bislang als Stundenspeicher gedacht«, sagt Hennecke. »Bei einem genügend großen Speicher wäre aber auch ein 24-Stunden-Betrieb möglich.«
In die Lowtech-Richtung zielt hingegen das Kraftwerkskonzept von Ausra. Die Spiegel des Linear-Fresnel-Systems sind aus gewöhnlichem Flachglas, bei den Receivern verzichtet man auf die technologisch aufwendige Vakuum-Isolierung, und Wasser soll direkt in den Röhren über dem Spiegelfeld verdampft werden, nicht in einem Dampferzeuger, wie in allen anderen Projekten. »Ich habe fünf Glashersteller, bei denen ich jede Menge Glas kaufen kann. Auch die Rohre unserer Receiver sind aus Standardmaterial. In der Parabolrinnen-Industrie gibt es hingegen drei Firmen, an denen alles hängt, und die kommen mit der Produktion nicht nach. Außerdem verbrauchen allein die Pumpen zum Umwälzen des Thermoöls elf Prozent der elektrischen Energie, die ein Parabolrinnen-Kraftwerk erzeugt«, erklärt Ausra-Mann John O´Donnell.
Was einleuchtend klingt, bringt viele Effizienznachteile mit sich: Heißer als 280 Grad Celsius wird der Dampf nicht, der Wirkungsgrad der Dampfturbine ist zwangsläufig niedrig, für einen Ausgleich braucht man entsprechend größere Spiegelflächen. Außerdem fangen die einachsig nachgeführten Spiegel der Fresnel-Kollektoren prinzipbedingt etwa 20 Prozent weniger Sonnenstrahlen ein als Heliostaten oder Parabolrinnen. Denn sie liegen recht flach am Boden, können sich der Sonne somit nicht entgegenrecken und schatten sich morgens und abends überdies noch gegenseitig ab.
Das alles ficht O´Donnell nicht an und die Ausra-Kunden offenbar auch nicht. Noch während der Konferenz gab das Unternehmen bekannt, in den nächsten Jahren Kraftwerke mit 2,5 Gigawatt Leistung in den USA bauen zu wollen, davon ein Gigawatt in Kalifornien, wo die Firma eine Rahmenvereinbarung mit dem Energieversorger Pacific Gas and Electric Comp. geschlossen habe. Ein weiteres Gigawatt solle in Florida entstehen, wo es eine Absichtserklärung von der Florida Power and Light Comp. gebe. Allerdings sind die Ankündigungen alles andere als konkret. Das hat wohl auch damit zu tun, dass Ausra bislang nur einen 19 Megawatt starken Dampferzeuger gebaut hat. Er steht neben dem australischen Kohlekraftwerk Liddell und soll erst Ende des Jahres in Betrieb gehen und Nassdampf in das 2.000 Megawatt starke Kraftwerk einspeisen – sozusagen als Tropfen auf den heißen Stein.
Während anderswo noch geplant und getestet wird, bereiten Bob Cable und seine Kollegen in der Wüste von Nevada schon die nächste Schritte vor. Auch deshalb hat der Ingenieur für Journalisten nur wenig Zeit. Auf 180 Megawatt würde man Nevada Solar One gern erweitern, verrät Cable – das wäre dann immerhin halb so groß wie seine langjährige Arbeitsstätte Kramer Junction, wo er genau solche Vergrößerungen immer wieder mitgemacht hat.
Und noch eine weitere Erfahrung könnte Cable in Nevada wiederholen – diejenige, dass sein Baby ins Kino kommt. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die erste Anfrage nach einem Dreh kommt«, meint Besucherführer Tom Couch. »Eine Menge Location-Scouts waren schon hier.«Christoph Podewils

Bildunterschrift:
Die Parabolspiegel des »Nevada Solar One« sind sechs Meter hoch. Was das bedeutet, zeigt erst der Vergleich mit dem Geländewagen.

Arbeitsplatz mit Aussicht: Von der Leitwarte aus lassen sich heranziehende Wolken schon von Weitem sehen.

Gute Voraussetzungen für solareGroßkraftwerke: Wüste und eineAuffahrt zur Stromautobahn.

Boulder City ist stolz auf vieles – demnächst auch auf sein 65-Megawatt-Solarkraftwerk?

Die Kollektorfläche von »Nevada Solar One« ist so groß wie 210 Fußballfelder und größer als der Titisee im Schwarzwald. Weil man sich das nicht so leicht vorstellen kann, sei erwähnt, dass die kleine Anlage in der Bildmitte oben ein 500-Megawatt-Gaskraftwerk ist.

Ein Mann der Sonne: Rainer Aringhoff von Solar Millennium glaubt, dass bis 2020 allein in Kalifornien Solarkraftwerke mit zehn Gigawatt Leistung gebaut werden.

Der Hoover-Staudamm schließt den Lake Mead ab. Nur deshalb gibt es in der Region genug Wasser. Mehr als 2,5 Millionen Liter braucht allein das Solar One täglich fürseine Kühltürme.

»Die Ausfallrate hier ist extrem niedrig«, sagt Bob Cable, Chef von Nevada Solar Power.Er kennt das Geschäft wie nur wenige und hat sowohl im weltgrößten Parabolrinnen-Kraftwerk Kramer Junction wie auch beim Solarturm-Kraftwerk Daggett gearbeitet.

Tom Couch schaut nach den Spiegeln. Der ehemalige Feuerwehrmann ist Umwelt- und Sicherheitsbeauftragter des Solarkraftwerks – und nebenbei Besucherführer.

Die Vakuumröhren übertragen die Wärme des gebündelten Sonnenlichts an einThermoöl. Mehr als 400 Grad Celsius sollte es nicht heiß werden, darüber wacht hier ein Temperaturfühler (Mitte).

Bisweilen steht Dampf über dem Maschinenkomplex. Zum Beispiel, wenn von der Leitwarte der Befehl zum Herunterfahren der Turbine kommt. Gut 160 Megawatt thermische Leistung werden hier umgesetzt, aus denen dann 65 Megawatt elektrische Leistung werden.

John O´Donnell von Ausra glaubt, dass Solarstrom in wenigen Jahren billiger ist als Strom aus Kohlekraftwerken. Ob das mit seinem Konzept gelingt, ist allerdings unklar.

Heißes Öl strömt durch ein rund 80 Kilometerlanges Netz aus Rohrleitungen von den Parabol-rinnen hin zum Maschinenkomplex. Damit es nicht abkühlt, sind alle Rohre isoliert.

Damit die Spiegel sauber bleiben, müssen sie alle zwei Wochen gereinigt werden. Das geschieht allerdings nicht von Hand, sondern mit einem Sprengwagen, der jede Nacht einen kleinen Teil der riesigen Anlage duscht.

Anderes Kraftwerk, anderes Prinzip: Bei Linear-Fresnel-Kollektoren reflektieren plane Spiegel das Sonnenlicht auf ein starres Rohr. Das kostet Punkte beim Wirkungsgrad.

Der Großteil des Sonnenstroms aus der Wüste fließt nach Las Vegas.

Unweit des »Nevada Solar One« verlaufen drei Hochspannungsleitungen – ein Glücksfall, denn anderswobehindert der schlechte Netzausbau die Entwicklung solarthermischer Kraftwerke erheblich.
 
aus der Diskussion: Abengoa - Ethanol und Solarkraftwerke Teil. 2
Autor (Datum des Eintrages): TeddyKGB  (11.01.08 20:33:04)
Beitrag: 2,130 von 2,406 (ID:33025502)
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