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Vollständig:

Finanzen Viele Bürger haben grosse Geldprobleme
Jeder Achte ist überschuldet
Nirgendwo im Hamburger Umland leben so viele Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten wie im Kreis Segeberg.

Von Michael Schick

Kreis Segeberg -

Wirtschaftlich zählen die Landkreise Segeberg und Stormarn zu den Aushängeschildern Schleswig-Holsteins. In beiden Kreisen ist die Arbeitslosigkeit so niedrig wie nirgendwo anders im Norden. Und doch gibt es einen gewichtigen Unterschied: Die Segeberger sind stärker überschuldet als die Stormarner. Die Geldnot im Kreis Segeberg ist sogar am größten im Hamburger Umland (s. Grafik). Das geht aus den Zahlen hervor, die die Wirtschaftsauskunftei Creditreform gesammelt und in einem bundesweiten "Schuldneratlas" veröffentlicht hat.

Auf die Frage nach den Gründen, zucken die Mitarbeiter der Schuldnerberatungsstellen die Schultern. "Da kann man nur vermuten. Möglicherweise ist die ländliche Struktur in Stormarn ausgeprägter als bei uns", sagt Wolfgang Stein von der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale in Kaltenkirchen. Denkbar sei auch, dass sich die städtische Struktur Norderstedts auswirkt - Städter verschuldeten sich häufiger als Menschen auf dem Lande, da das Konsumangebot höher ist, aber: "Die soziale Not in Norderstedt ist nicht auffällig", sagt Maria Bergs von der kirchlichen Schuldnerberatung in Norderstedt.

Als überschuldet gilt, wer monatlich mehr ausgibt, als er einnimmt. In Norderstedt nahmen im Vorjahr 600 Bürger über längere Zeit die Hilfe der Schuldnerberatung in Anspruch, etwa genauso viele wie 2006. "Seitdem wir vor 20 Jahren angefangen haben, ist ein konstanter Anstieg zu verzeichnen", sagt Maria Bergs.

Arbeitslosigkeit sei der Hauptgrund. "Der Aufschwung kommt nicht bei allen an. Wenn Menschen ihre Arbeit verlieren, bricht häufig das Finanzkostüm auseinander", sagt die Leiterin der Einrichtung. Die Folge: Kredite können nicht mehr bedient werden, die Betroffenen machen Schulden. Betroffen seien Hartz-IV-Empfänger, aber auch Beschäftigte mit geringem Einkommen. Das Lohnniveau sei kontinuierlich gesunken. Jeder zweite Klient habe sich nach einer Trennung verschuldet. Der Lebensstandard oder das Haus habe nur mit zwei Einkommen gesichert werden können.

Rund zehn Prozent der Klienten von Maria Bergs und ihren Kollegen sind Anfang bis Mitte 20. "Sie sind in die Handyfalle getappt", sagt die Beraterin. Oft könnten die Gebühren schon nach wenigen Monaten nicht mehr gezahlt werden. Doch die Anbieter pochten auf die Vertragslaufzeit und versuchten, die Außenstände mit Inkasso-Büros und Anwälten einzutreiben. Wird das Handy gesperrt, würden manche Jugendliche zum nächsten Anbieter gehen. Da summierten sich die Schulden dann schnell auf mehrere Hundert oder Tausend Euro.

Berater Wolfgang Stein hat auch fehlende Finanzkompetenz als Ursache für Überschuldung ausgemacht. "Früher gab es die Lohntüten. Da konnte jeder sein Geld auf den Tisch legen und für jeden Tag einen Haufen bilden. Heute ist es viel schwieriger zu ermitteln, was man sich leisten kann", sagt Stein.

erschienen am 9. Februar 2008
 
aus der Diskussion: Merkels Aufschwung ist nur ein Fake (wg. Überschuldung der Menschen)
Autor (Datum des Eintrages): obus  (11.02.08 08:26:43)
Beitrag: 2 von 60 (ID:33326438)
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