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[posting]33422450[/posting]FAZ-online, 20.02.08

Die MLP-Aktie sieht richtig alt aus

Eine gute Nachricht wollte Uwe Schroeder-Wildberg heute wohl doch liefern: MLP ist vom Steuerhinterziehungsskandal rund um Konten in Liechtenstein nicht betroffen. Bisher jedenfalls. Weder bei MLP noch bei der Vermögensverwaltungstochter Feri habe es Durchsuchungen gegeben, sagte er in Frankfurt. „Und das weder im Unternehmen noch privat. Insofern sehen Sie mich völlig entspannt.“

Das war aber auch der einzige Grund, Freude auszustrahlen. Ansonsten hatte der Chef von MLP lauter Hiobsbotschaften zu verkünden. Nur im Schlussspurt erreichte der Versicherungsmakler und Finanzdienstleister sein Gewinnziel so gerade. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) stieg im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf 110,3 Millionen Euro. Schroeder-Wildberg hatte 110 Millionen Euro in Aussicht gestellt, Analysten hatten nur mit 108 Millionen gerechnet. In dem Fall hat MLP ganz genau gezählt.

Kunden kaufen kaum langfristige Vorsorgeprodukte

Viel nachlässiger sind da die Kunden. Im Markt sei eine Zurückhaltung vor allem bei langfristigen Vorsorgeprodukten zu spüren, räumte der MLP-Chef ein. Das ist eine mehr als überraschende Aussage. Arbeiten die Vertreter von MLP nicht hart genug? Oder ist Altersvorsorge nun kein Wachstumsmarkt mehr? Letzteres wäre zu vermuten, ist aber noch kurz zuvor von Schroeder-Wildberg ins Reich der Fabeln verwiesen worden. In den vergangenen Jahren sei MLP zwar nicht so stark gewachsen, wie man ursprünglich erwartet habe. Langfristig sei der Vorsorgebedarf der Menschen aber gewaltig.

Unter dem Strich verharrte der Überschuss im abgelaufenen Jahr mit 76 Millionen Euro auf dem Niveau von 2006. Eine Prognose für das laufende Jahr wollte das Unternehmen noch nicht wagen. Auch dies ist ein schlechtes Vorzeichen für 2008. Weitere kommen hinzu.

Gewinnmarge von MLP sinkt 2008

Besonders negativ ist jedoch dieses Eingeständnis: Die Gewinnmarge soll dieses Jahr zurückgehen, sie werde aber nicht unter das Niveau von 2006 fallen. 2007 war sie vor Zinsen und Steuern noch von 16,2 auf 17,3 Prozent gestiegen. Das bedeutet ein Margenminus von womöglich mehr als einem Prozentpunkt in diesem Jahr. Mit einem absoluten Rückgang des Ebit selbst rechnet Schroeder-Wildberg immerhin nicht. „Wir wollen ja auch beim Umsatz weiter steigen. Insofern sollten wir auch ein solides Ergebnis abliefern.


Seit mehr als einem Jahr geht es wieder abwärts mit MLP. Der steile Abwärtstrend seit 2007 ist zwar gebrochen, doch der Negativtrend seit 2006 ist voll intakt. Kursziele über 14 Euro dürften damit 2008 Utopie sein.
Den Grund für den Margendruck sieht MLP in mehr Bürokratie. Das Jahr 2008 stehe im Zeichen der Reform des Vermögensverwaltungsgesetzes, sagte Schroeder-Wildberg. Doch wolle MLP „schnell und flexibel“ auf diese Veränderungen reagieren. Zusätzliche Aufgaben entstünden unter anderem durch die konzernweite Einführung eines Customer-Relationship-Management-Systems und die Ausweitung der Anzahl von speziell geschulten Trainern. Ab dem Jahr 2009 werde die Marge dann wieder steigen.

Im dominierenden Maklergeschäft trat MLP 2007 trotz des anziehenden Geschäfts im vierten Quartal auf der Stelle. Die Erträge aus der Vermittlung von Lebensversicherungen und Fonds stagnierten bei 476,3 Millionen Euro. Auch die Vermittlung von privaten Krankenversicherungen verlief schleppend. Dafür machte MLP wieder nicht seine Berater verantwortlich oder die Kunden, sondern diesmal die Unsicherheit über die Gesundheitspolitik.


Mittelfristig tendiert die Aktie seit Jahren seitwärts. Zuletzt fiel sie sogar unter die kritische Marke von 10 Euro, erholte sich aber wieder. Sollte sie wieder nachhaltig darunter fallen, wäre dies ein weiteres Verkaufssignal.
Die Zahl der Berater steigt minimal

Zulegen konnten dagegen die noch kleinen Sparten Bank und Vermögensmanagement. Kein Wunder, dass sich MLP davon nun kräftig steigende Erträge verspricht. Denn eine gute Nachricht brauchen sie. Doch ob dies in so einem derart überbesetzten Markt wie der Vermögensverwaltung realistisch ist? Daran ist mit Recht zu zweifeln.

Immerhin: Die Kundenbasis baute MLP 2007 um fünf Prozent auf 721.000 ausbauen. Mit 6,9 vermittelten Verträgen pro Kunde habe man sogar einen Spitzenwert in der Branche erreicht. Die Zahl der Berater wuchs aber nur leicht um zwei Prozent auf 2613. Das ist in mehrfacher Hinsicht verheerend. Denn erstens verfehlte MLP damit sein eigenes Ziel 2750 Beratern bei weiterm. Zweitens werden die Wachstumschancen des Konzerns um so schlechter, je weniger neue Berater in das Unternehmen kommen.


Der langfristige Abwärtstrend verläuft derzeit bei 20 Euro. Davon ist die Aktie derzeit meilenwert entfernt. Wenn 2008 schlecht läuft, könnte dies auch so bleiben. Was die Vorzeichen noch einmal verschlechterte.
Offenbar ist es derzeit wenig attraktiv, als Berater zu MLP zu gehen. Die Konkurrenz ist groß: Um die als freie Handelsvertreter tätigen Berater buhlen derzeit viele Finanzdienstleister, unter anderem auch der Marktneuling Formaxx, der von ehemaligen Managern von MLP und AWD gegründet wurde. Drittens schließlich ist es bezeichnend, dass für 2008 noch nicht einmal ein Berater-Ziel vorgegeben wird. „Wir werden kein konkretes Ziel für 2008 geben, wir wollen aber weiter wachsen bei den Beratern“, sagte Schroeder-Wildberg.

Keine Übernahmephantasie für MLP


Ob es in diesem Umfeld so eine gute Nachricht für Aktionäre ist, dass MLP weiterhin alleine als unabhängiger Finanzdienstleister bestehen will? „Wir verfügen über die notwendige Stärke“, betonte Schroeder-Wildberg vor kurzem noch in der „Welt am Sonntag“ (WamS). Es gebe ein klares Bekenntnis des MLP-Großaktionärs, der Familie Lautenschläger, ihre Anteile nicht zu verkaufen. Ein wenig Übernahmephantasie täte der Aktie derzeit wirklich gut. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Ob sich die Familie Lautenschläger mit so viel Beharrungsvermögen nicht ins eigene Fleisch schneidet?

Die Aktienkursentwicklung der letzten zehn Jahre legt dies nahe. Sowohl der langfristige als auch der kurzfristige Abwärtstrend sind intakt. Mittelfristig ist nur mit viel gutem Willen ein Seitwärtstrend zu erkennen. Auch wenn die Aktie theoretisch noch ein Erholungspotential von 30 Prozent hätte. Die vorsichtigen Aussagen des Management deuten eher auf weitere Probleme hin als auf einen Gewinnschub.

Überraschend ist angesichts dessen der Optimismus einiger Analysten. Equinet geht mit einem Kursziel von 12 Euro in den Markt. Die Kennziffern zum vierten Quartal seien besser als vom Markt erwartet ausgefallen, meinte Analyst Roland Pfänder. Positiv überrascht habe etwa der Gewinn vor Zinsen und Steuern.

UniCredit meint sogar Kaufen mit einem Kursziel von 14 Euro. Insgesamt seien die vorläufigen Zahlen für 2007 wie erwartet ausgefallen, urteilte Bernd Müller-Gerberding. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern habe sowohl seine Erwartungen als auch die Vorhersagen des Marktes übertroffen, hieß es. Die Zahl der Berater bleibe jedoch hinter seinen Prognosen zurück. Auch die Umsätze hätten sich etwas schwächer als vorhergesagt entwickelt. So sei das Maklergeschäft hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben.

Merck Finck rät zum Verkauf der Aktie

Marktteilnehmer zeigten sich vor allem von dem Ausblick enttäuscht, wohingegen die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr ein unterschiedliches Echo auslösten. Während die Gewinnkennziffern überwiegend im Rahmen der Erwartungen lagen, gab vor allem die Umsatzentwicklung Anlass zur Kritik. Negativ sei auch, dass der Finanzdienstleister 2008 mit einem Rückgang der Marge beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) rechnet, kommentierte ein Börsianer.

Konrad Becker von Merck Finck betonte, dass die Erlöse im vierten Quartal 2007 hinter seinen und den Erwartungen der Marktteilnehmer zurückgeblieben seien. Im wichtigen Maklergeschäft allerdings seien die Umsätze wie von ihm vorhergesagt ausgefallen. Er rät weiter zum Verkauf der Aktie.

Der von MLP im Geschäftsjahr 2007 erzielte Nettogewinn hat leicht unter den Erwartungen von Merrill Lynch (ML) gelegen. Die Analysten sehen hier angesichts der aktuell schwierigen Geschäftsbedingungen in Deutschland Raum für Enttäuschungen. Gegenüber dem Sektor habe sich die MLP-Aktie in den vergangenen Monaten zwar gut entwickelt, hinsichtlich einer kurzfristigen Outperformance zeigen sich die Experten jedoch skeptisch.

Nur die Dividende ist ein Lichtblick

Positiv ist da nur, dass MLP für 2007 rund 60 Prozent des Gewinns als Dividende ausschütten will. Ein endgültiger Dividendenvorschlag liege aber noch nicht vor. Mit einer Dividendenrendite von vier Prozent ist dies immerhin ein Lichtblick. Geld hat MLP offenbar auch für eigene Aktien. Das Anfang November gestartete Aktienrückkaufprogramm beendete MLP Ende Januar. Dabei wurden 1.957.656 Aktien zu einem Durchschnittskurs von 9,66 Euro zurückgekauft. Dies entspricht einem Anteil von 1,8 Prozent am Grundkapital.
 
aus der Diskussion: MLP: Kursprognose 31.12.2008
Autor (Datum des Eintrages): DonCaprisco  (20.02.08 13:51:14)
Beitrag: 108 von 641 (ID:33422803)
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