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Preisblasen beunruhigen Notenbanker

Als eine Konsequenz der aktuellen Finanzkrise sollten Notenbanken nach Ansicht von Griechenlands Zentralbankchef Nicholas Garganas künftig stärker auf Risiken durch Vermögenspreisblasen und die übermäßige Verschuldung von Privathaushalten und Unternehmen achten.


"Die Zentralbanken könnten sich ein wenig stärker gegen den Wind lehnen", sagte Garganas, der im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) sitzt, der FTD in Athen. Gleichwohl sprach er sich deutlich gegen Versuche aus, Vermögenspreise direkt zu steuern.

Garganas räumte zudem indirekt eine Mitschuld einiger Notenbanken an der jüngsten Entwicklung ein: "Eine der Lehren aus den anhaltenden Turbulenzen an den internationalen Kreditmärkten ist, dass die Geldpolitik mit zu niedrigen Leitzinsen - wie es sie in einigen Teilen der Welt gegeben hat - womöglich Anreize schafft, die die Finanzstabilität gefährden."

Die Aussagen dürften die Debatte über den Beitrag der Notenbanken zu der Krise und die Lehren daraus anheizen. Speziell Phasen sehr niedriger Leitzinsen in den USA und die lange Zeit große globale Liquidität gelten vielen Beobachtern als mitursächlich für den nun umgeschlagenen US-Häuserboom und das massive weltweite Kreditwachstum vergangener Jahre.

In den USA erwägt die Notenbank Federal Reserve offenbar, stärker gegen das Entstehen von Blasen vorzugehen. Das wäre eine radikale Kehrtwende: Die Fed hatte stets noch mehr als andere Notenbanken argumentiert, sie könne Blasen nicht besser erkennen als der Markt, und Zinsschritte träfen stets die ganze Wirtschaft. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte jüngst für ein stärkeres "Gegen-den-Wind-Lehnen" plädiert.



Garganas betonte nun, dass Notenbanken monetäre und finanzielle Indikatoren wie Vermögenspreise beachten sollten - wie es die EZB in ihrer Strategie bereits tue. "Hauptzweck" sei, mittelfristige Risiken für die Inflation zu identifizieren. "Aber wenn man solche Indikatoren beobachtet, kann man auch Risiken möglicher Blasen in Vermögenspreisen identifizieren, und unter Umständen kann man das Entstehen von Blasen verhindern."

Zudem sollten die Währungshüter "eine Einschätzung treffen, ob die Wirtschaft auf einem nicht nachhaltigen Verschuldungskurs ist", sagte Garganas, der nach 33 Jahren im Dienste der Notenbank im Juni geht. Er ließ offen, was die Notenbanken konkret tun sollten, wenn sie Probleme erkannt haben. In den USA dreht sich die Diskussion derzeit um regulatorische Schritte. Der IWF hatte aber auch einen strafferen Zinskurs in Aufschwungphasen ins Spiel gebracht.



Mit Blick auf die aktuelle Lage der EZB widersprach Garganas dem Eindruck, sie stecke in einer Zwickmühle zwischen hoher Inflation und schwächerem Wachstum: "Ich akzeptiere das Argument nicht, dass wir einem Dilemma gegenüberstehen. Es gibt kein Dilemma, und es kann kein Dilemma geben, weil wir nur eine einzige Aufgabe haben, und die lautet, Preisstabilität zu sichern - Punkt."

Die Euro-Inflation liegt seit November über 3,0 Prozent. Die EZB strebt "unter, aber nahe 2,0 Prozent" an. Sie hält den Zins jedoch bei 4,0 Prozent, weil sie davon ausgeht, binnen 18 Monaten ihr Ziel zu erreichen. Garganas sagte aber: "Sicher ist eine Sorge, dass der Einfluss der wirtschaftlichen Abschwächung nicht stark genug ist, um die Inflation 2009 unter 2,0 Prozent zu drücken." Er ließ keinen Zweifel, was zu tun ist: "Um es klar zu sagen: Wenn wir einen straffen geldpolitischen Kurs einzuschlagen haben, um unser Ziel zu erreichen, sei es so - das ist unsere Verpflichtung."

Zugleich betonte er aber, "die aktuelle Phase sehr hoher Inflation ist vorübergehend". Zudem sagte er, dass die Preiserwartungen "eine wichtige Rolle" spielen, um Zweitrundeneffekte zu vermeiden. Dabei profitiere die EZB davon, dass sie die Teuerung 1998 bis 2007 im Schnitt bei 2,1 Prozent gehalten habe. "Der EZB ist es gelungen, Glaubwürdigkeit aufzubauen. Die Vorteile zahlen sich aktuell zu einer Zeit aus, in der exogene Schocks vorherrschend sind - die Inflationserwartungen sind immer noch im Großen und Ganzen gut verankert."

Entschieden sprach er sich deshalb auch dagegen aus, dass die EZB nun ihr Preisziel lockert, wie es einige Volkswirte angesichts hoher globaler Rohstoffpreise fordern, gegen die die EZB ohnehin nichts ausrichten könne: "Die Glaubwürdigkeit, die die EZB sich bislang aufgebaut hat, sollte sie nicht durch eine Ausweitung der tolerierten Inflationsspanne aufs Spiel setzen."


Von Mark Schrörs (Athen)



Quelle: Financial Times Deutschland
 
aus der Diskussion: Finanzmarktkrise - folgt nun die Inflation? (Der Geldabwurf)
Autor (Datum des Eintrages): T.Hecht  (15.05.08 11:26:48)
Beitrag: 14 von 268 (ID:34098861)
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