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Das Kapital: Gratulation zur Preisstabilität

Dass in den USA angeblich selbst die Spritpreise mit einer Jahresrate von 10,4 Prozent fallen, lässt sich vielleicht noch mit dem Saisonbereinigungsverfahren der Verbraucherpreisstatistik erklären. Aber ansonsten kann man nur noch mit den Ohren schlackern.


Die Fondsmanager sorgen sich langsam um die Inflation, wie Merrill Lynch in seiner jüngsten Umfrage unter den globalen Vermögensverwaltern festgestellt hat. Nicht doch, zumindest was die US-Inflation betrifft, haben sie nichts zu befürchten. Die Preiskomponente des Industrie-Einkaufsmanagerindizes mag nahe an seinen historischen Höchstständen stehen, und die Verbraucher mögen laut Conference Board inzwischen eine Inflation von 6,8 Prozent wähnen. Doch ohne Witz: Laut offizieller Lesart sind die US-Verbraucherpreise über die vergangenen drei Monate gerade noch mit einer aufs Jahr hochgerechneten Rate von 2,3 Prozent gestiegen. Angesichts des bärenstarken Dollar sind die Preise für Bekleidung demnach sogar mit einer Jahresrate von 4,6 Prozent geplumpst, jene für Neuwagen um 2,4 Prozent. Selbst die Spritkosten sind mit einer annualisierten Rate von 10,4 Prozent gesunken, während die Gesundheitspflege plötzlich nur noch um 1,6 Prozent teurer wird.



So hat die Kerninflation - jene ohne Nahrungsmittel und Energie - über die vergangenen drei Monate bloß noch mit einer Jahresrate von 1,2 Prozent zugenommen. Und jede Wette: Sie wird zahm bleiben. Dafür sorgen schon die geschätzten kalkulatorischen Mieten für selbst genutztes Wohneigentum, die fast ein Drittel des Kernindizes bestimmen.

Als die Häuserpreise vor vier Jahren fast um ein Fünftel stiegen und die kalkulatorischen Mieten - konterintuitiv - dennoch bloß um 2,3 Prozent zunahmen, hieß es zwar noch, dass deren Schätzung auf einem Opportunitätskostenansatz beruhe. Je höher die Hauspreissteigerungsraten und je niedriger die Zinsen, desto geringer seien demgemäß die Alternativkosten des Wohneigentums - und desto weniger Miete müsse ein Hausbesitzer sich folglich selbst berechnen. Aber nun, da die Häuserpreise mit einer Rate von mehr als zehn Prozent fallen und die Hypothekenzinsen der Vorgabe der Fed partout nicht folgen wollen - die Alternativkosten des Hauseigentums also ungemütlich hoch geworden sind -, muss die Statistik eben flexibel sein. So liegen die kalkulatorischen Mieten gerade noch um 2,6 Prozent über dem Vorjahr, und die annualisierte Veränderungsrate über die vergangenen drei Monate beträgt 2,3 Prozent. Die USA können, kurzum, so viel Geld drucken, Schulden machen und abwerten, wie sie wollen: Die Preisstabilität ist gewährleistet. Gratulation.



Quelle: Financial Times Deutschland
 
aus der Diskussion: Finanzmarktkrise - folgt nun die Inflation? (Der Geldabwurf)
Autor (Datum des Eintrages): T.Hecht  (15.05.08 11:27:08)
Beitrag: 15 von 268 (ID:34098866)
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