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31.03.08

Wo besteht die höchste Konzentration von Technologie-Start-ups? – Einfache Antwort: im Silicon Valley. Was folgt knapp dahinter? – Israel. Der Staat im Nahen Osten ist gemessen an der Verfügbarkeit von Wissenschaftern und Ingenieuren weltweit die Nummer eins. In der Rangliste der Universitäten belegt Israel den zweiten Platz.
Dieses Umfeld hat eine Vielzahl von ausländischen Gesellschaften wie Microsoft, Cisco Systems, Motorola, Intel, Hewlett-Packard, Siemens, General Electric, Philips Medical, IBM, Advanced Micro Devices, Oracle und Ebay veranlasst, in Israel zu investieren und wichtige Teile von Forschung und Entwicklung in dieses Land auszulagern. So nehmen die Israeli denn auch für sich in Anspruch, die IP-Telefonie (Internet Protocol), die ZIP-Datenkomprimierungstechnologie, den Flash-Memory-Stick, Voice-Mail, AOL Instant Messenger, das tragbare Ultraschallgerät, den Centrino-Chip von Intel, die erste nichtinvasive Zerstörung von Tumoren und zahlreiche andere Technologien erfunden zu haben.
Der legendäre Substanzwertanleger Warren Buffett meinte vor einigen Monaten auf die Frage, wieso er sein Geld ausgerechnet nach Israel bringe (Buffett beteiligte sich mit 4 Mrd. $ am Maschinenbauer Iscar): «Viele Amerikaner kommen in den Nahen Osten auf der Suche nach Öl. Diese stoppen nicht in Israel. Wir waren auf der Suche nach Know-how.».
Geschäftsidee im Reservedienst
Die israelische Armee IDF (Israeli Defence Forces) ist die Klammer, die das Land zusammenhält – das trifft nicht nur aus Sicht der Landesverteidigung zu, sondern gilt auch für den sozialen Zusammenhalt. Aya Konovalov, die für das IEICI (Israel Export & International Cooperations Institut) arbeitet und vor wenigen Jahren aus Russland einwanderte, erklärt: «Als neu aufgenommene Bürgerin war ich in der Armee sofort integriert.» Zudem werde die patriotische Bindung durch Geschichtslektionen und Besuche an historischen Stätten gefestigt. Drei Jahre verbringen junge Israeli in Uniform, Staatsbürgerinnen dienen für zwei Jahre. David Furst, Direktor des IEICI und zuständig für Life Science, meint, dass vor allem die Dienstleistungen in der Reserve zu vielen neuen Geschäftsideen führen. Der Dienst in der Armeereserve beläuft sich auf jährlich einen Monat bei Unteroffizieren und Mannschaften bis zur Vollendung des 42. Lebensjahres beziehungsweise des 51. bei Offizieren und für Frauen bis zum 24. Lebensjahr.
Furst gibt ein Beispiel: «Angenommen, du sitzt im Reservedienst als Lader in einem Panzer, im Privatleben bis du Mathematiker, der Fahrer ist ein Doktor und der Schütze ist ein Marketingexperte. Nach mehreren Wochen entwickelt sich die Geschäftsidee wie von selbst.» Teilweise sind neue Produktinnovationen auch Spin-offs von Armeetechnologie. Der Kamerakopf von Given Imaging, der wie eine Pille verschluckt werden kann, liefert Kamerabilder aus dem menschlichen Körper. Die Technologie wurde ursprünglich als Kamera auf einem Raketenkopf der IDF entwickelt. Furst ist selbst ein gutes Beispiel für die Symbiose von Armee, Privatunternehmen und halbstaatlicher Förderung. In der Armee diente er bis zum Brigadier, seine Einheit war im Sechstagekrieg als Erste auf dem Tempelberg. Später war er als Venture-Kapitalgeber und Partner in Start-up-Unternehmen aktiv. Der Direktor der Wirtschaftsförderungsagentur hat noch eine Erklärung für den Erfolg der jungen israelischen Technologieunternehmen: «Wegen der zahlreichen Kriege haben wir in der Armee gelernt, mit Risiken umzugehen, dadurch kommen wir mit diesen auch im Geschäftsleben klar.»
Eigener Nasdaq-Index
Ein Erfolgsfaktor ist die enge, institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Universitäten und privaten Unternehmen. Halbstaatliche Fördergesellschaften für verschiedene Industriezweige fördern die Kooperation mit ausländischen Partnern und Kunden. Zudem gibt es weniger ethische, durch die Religion bedingte Einschränkungen, als der Schreiber vermutet hätte. So ist die Stammzellenforschung kaum umstritten. Denn im Talmud, einer der Säulen des Judentums, steht: Wer ein Menschenleben rettet, hat die Welt gerettet. Daraus leiten die Israeli ab, dass jede Art von sinnvoller Technologie im Gesundheitswesen berechtigt ist.
Mittlerweile sind zahlreiche israelische Unternehmen weltweit bekannt geworden. An der amerikanischen Technologie-börse Nasdaq sind 70 israelische Gesellschaften kotiert, mehr als aus jedem anderen Land ausserhalb der Vereinigten Staaten. Die Performance dieser Titel wird im Nasdaq-Israel-Index abgebildet, der im Moment auf rund 240 notiert. Ende November 2006, als der Index eingeführt wurde, betrug der Indexstand 250. An der Schweizer Börse SWX haben sich mit Card Guard und SHL Telemedicine zwei Unternehmen aus der Telemedizin kotieren lassen. Dank der Produkte dieser israelischen Gesellschaften lassen sich Herzpatienten aus der Ferne überwachen.
 
aus der Diskussion: Nobbele - Depotbesprechung
Autor (Datum des Eintrages): Nobbele_2010  (30.05.08 18:56:07)
Beitrag: 42 von 166 (ID:34207237)
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