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Warnzeichen durch die «Dow-Theorie»

Drohendes Signal für primären Abwärtstrend am US-Aktienmarkt

Investoren sind derzeit besorgt über die Signale der sogenannten Dow-Theorie. Laut dem Modell stehen die Aktienmärkte in den USA kurz vor dem Ende der seit dem Jahr 2003 laufenden Hausse und vor einer Wende zu einem langfristigen Abwärtstrend. Obwohl Kritiker den Wert des Modells bezweifeln, funktionierte es im vergangenen Jahrzehnt gut.


ra. Charles H. Dow gehört zu den Legenden der Wall Street. Bereits fünf Jahre vor der ebenfalls auf ihn zurückgehenden Gründung der Finanzzeitung «The Wall Street Journal» anno 1889 kreierte er Aktienindizes, aus denen später die Dow Jones Averages hervorgingen. Noch heute ist der Dow Jones Industrial Average das meistbeachtete Börsenbarometer der Welt. Auf Dow geht auch eines der ältesten Prognose-Instrumente für Aktien-Trends zurück, die «Dow Theory». Dieses Modell gilt als der erste systematische Versuch, das allgemeine Niveau des Aktienmarktes darzustellen und den Kursverlauf vorherzusagen. Es steht derzeit ganz dicht vor einem starken Signal für den Wechsel zu einem primären, also langfristigen Abwärtstrend für das US-Leitbarometer.

Drei Arten von Trends


Dow beobachtete, dass sich die Kurse von Aktien und Indizes in Trends bewegen. Je nach Dauer der Kursbewegung in eine Richtung werden Primär-, Sekundär- und Tertiär-Trends unterschieden. Ein Primär-Trend ist ein wichtiger langfristiger Trend, der mindestens ein Jahr dauert und eine Kursveränderung von zumindest 20% bringt. Ein Sekundär-Trend hält dagegen drei Wochen bis drei Monate, selten länger und stellt eine Korrektur des Primär-Trends dar. Bei dem tertiären Trend handelt es sich um einen kurzfristigen Trend von bis zu sechs Tagen, der eher unbedeutend und leicht manipulierbar ist.

Damit ein Börsenaufschwung bestätigt wird, verlangt die Dow-Theorie, dass jeder neue Wellengipfel höher sein muss als der vorausgegangene Wellenberg. Zugleich darf ein Wellental nicht niedriger sein als das vorausgegangene. Bei der Analyse berücksichtigt werden nur Tagesschlusskurse. Für Dow war es ein Warnsignal, wenn der Markt ein altes Wellenhoch nicht mehr übertreffen konnte, weil dies eine nachlassende Dynamik anzeigt. Bedeutend bei der Dow-Theorie ist aber nicht nur der Dow Jones Industrial Average, sondern auch der Dow Jones Transportation Average. Eine Trendwende wird nämlich erst dann als gegeben angesehen, wenn sowohl die Industrieaktien als auch die Transportaktien ihre Höhe- beziehungsweise Tiefpunkte nicht mehr bestätigen, wobei die Transportaktien einen vorauslaufenden Charakter haben.

Noch 331 Punkte

Dahinter steckt die Idee, dass bei einer nachlassenden Konjunktur die Transportfirmen von den Industrieunternehmen weniger Aufträge bekommen. Bei den im Transport-Index enthaltenen Firmen, etwa bei Eisenbahn-, Flug- und Schifffahrtsgesellschaften sowie Spediteuren, machen sich die Auswirkungen einer wirtschaftlichen Abschwächung aber schneller bemerkbar, da sie häufiger und mehr Zahlen veröffentlichen, beispielsweise Daten zum Güterverkehr oder Passagierzahlen für einzelne Monate. Ein Kursrückgang bei den Transport-Titeln kann somit ein Warnsignal für den breiten Markt beziehungsweise die Industriewerte sein.

Kritiker zweifeln am Wert des Modells

Derzeit stellt sich die Lage am amerikanischen Aktienmarkt folgendermassen dar: Der DJ-Transport-Index vermochte sein Hoch von Mitte Juli bereits im Oktober nicht mehr zu bestätigen und hat jüngst das Tief von Mitte August klar unterboten. Der DJ-Industrie-Index übertraf zwar im Oktober noch einmal das Hoch vom Juli, schaffte es aber Anfang November nicht mehr, das Oktober-Hoch zu übertreffen (s. Grafik). Am Freitag hat der Dow Jones Industrial bei 13 177 Punkten geschlossen. Sollte dieser nun ebenso wie der Transport-Index klar unter sein August-Tief (12 846 Punkte) fallen, wäre die wenig erfreulich Botschaft der Dow-Theorie: primärer Abwärtstrend am amerikanischen Aktienmarkt.

Wie die gesamte technische Analyse ist auch die Dow-Theorie umstritten. Sie hat aber vor allem in den USA noch Anhänger. Kritisiert wird oft, dass das Modell keine eindeutigen Signale liefere und diese dann vielfach zu spät kämen. Zudem generiere die Theorie nur Hinweise für den Gesamtmarkt, nicht aber für einzelne Titel und schenke nur dem Primär-Trend Beachtung, während die für kurzfristige Spekulanten wichtigen Sekundär-Trends aussen vor blieben.

An einem kritischen Punkt

Im vergangenen Jahrzehnt funktionierte das Modell aber recht gut. So sank der Transport-Index von Mai 1999 bis März 2000 um rund 40%. Der Industrie-Index verzeichnete sein Hoch erst im März 2000 und brach dann stark ein. Einen neuen «Bullenmarkt» zeigte die Dow-Theorie schliesslich im Juni 2003 an, als die beiden Indizes ihre Höchststände aus dem Jahr 2002 überschritten. Die damals begonnene Hausse entwickelt sich prächtig und liess den Industrie-Index um rund 45% und den Transport-Index um etwa 90% steigen. Der Aufwärtstrend dauert bis dato an, steht aber derzeit an einem kritischen Punkt und möglicherweise vor einer wichtigen Wende.

19. November 2007, Neue Zürcher Zeitung
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/boersen_und_maerkte…





 
aus der Diskussion: Einflussfaktoren auf Aktienkurse/Börsenkurse
Autor (Datum des Eintrages): knuspelhuber  (30.08.08 17:37:26)
Beitrag: 4 von 99 (ID:34919469)
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