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NUR EINES DER DREI GESCHÄFTSFELDER LEIDET UNTER US-IMMOKRISE

Die Hypo Real Estate agiert in drei Geschäftsfeldern: Hypothekenkredite, Infrastrukturfinanzierungen und Pfandbriefe. Mit Hypothekenkrediten werden insbesondere große gewerbliche Objekte finanziert. Darunter fallen aber auch Beteiligungen an Immobilienderivaten, die sich auf mehrere kleine Objekte verteilen. Bei Infrastrukturfinanzierungen ist der Vertragspartner häufig die Öffentliche Hand, teilweise aber auch private Betreiber. Meist ist jedoch ein politisches Interesse gegeben und die Finanzierung gilt als relativ sicher. Pfandbriefe sind Finanzierungsmittel der Öffentlichen Hand.

Die von der US-Immobilienkrise betroffenen kritischen Bereiche befinden sich also im Geschäftsfeld der Hypothekenfinanzierungen. Die Hypo Real Estate kann sich glücklich schätzen, zwei weitere, gut laufende Geschäftsbereiche zu haben, denn andernfalls wäre der Kurs bereits auf Null gesackt. Das bisherige Vorgehen im Hypothekenbereich ist alles andere als vorbildlich: Zuerst wurden skrupellose Geschäfte abgeschlossen, anschließend wurden sie geleugnet und bis heute werden nur Teilinformationen an die Öffentlichkeit gegeben.


WIDERSPRÜCHLICHE UNTERNEHMENSDARSTELLUNG

Ende 2007 hat die Unternehmensleitung noch in einer Analystenkonferenz dargelegt, wie weitsichtig man agiert habe, als man frühzeitig das Engagement in US-Immobilienderivaten zurückgefahren habe. Abschreibungen aus diesem Bereich seien nicht zu befürchten. Das hat dem Aktienkurs, der zuvor von 50 auf 40 Euro gefallen war, zu einer Erholung bis auf 45 Euro geholfen.

Doch zum Jahreswechsel wurden die Karten dann auf den Tisch gelegt – teilweise zumindest: 380 Mio. Euro Abschreibung auf US-Immobilienderivate waren ein Schlag ins Gesicht für jeden Teilnehmer der Analystenkonferenz. Das Unternehmen hatte gelogen. Der Kurs fiel binnen weniger Wochen auf 13 Euro.

Seither ringt das Unternehmen um Glaubwürdigkeit. Doch die Informationen, die ich finden kann, sind noch immer widersprüchlich: So wurde auf der jüngsten Pressekonferenz Mitte August die Frage nach dem noch offenen US-Immobilienderivateengagement mit maximal 200 Mio. Euro beantwortet.

Gleichzeitig ist inzwischen jedoch bekannt geworden, dass ursprünglich insgesamt 1,8 Mrd. Euro an US-Immobilienderivaten im Bestand der Hypo Real Estate waren. Wenn davon zum Jahreswechsel 380 Mio. abgeschrieben wurden, und zum letzten Quartalsergebnis nochmals 145 Mio. Euro, dann würde ich gerne etwas über den Verbleib der übrigen 1,8-0,38-0,145=1,275 Mrd. Euro US-Immobilienderivate erfahren.



































































































































































































Investmentarm Collineo Asset Management GmbH mit 22 Mitarbeitern an Sal. Oppenheimer verkauft. Es wurde recht schwammig bekannt gegeben, dass der Unternehmensteil derzeit ein Vermögen von mehreren Milliarden Euro verwalte. Darin seien auch US-Immobilienderivate enthalten.

Nun, im optimalen Fall hat sich die Hypo Real Estate ihrer Schwarzen Schafe nun entledigt. Dazu passen auch die Aussagen der Unternehmensleitung, die immer wieder betonen, dass man 2009 ohne Altlasten im Rücken beschreiten werde.

Doch zu welchem Preis gehen die US-Immobilienderivate über den Tresen? Dazu gibt es keine Informationen und, wie ich den Markt kenne, die Derivate werden nicht zu 1,275 Mrd. Euro bewertet worden sein. Es stehen also noch weitere Abschreibungen bei Hypo Real Estate an.
BEWERTUNGSNIVEAU GÜNSTIG MIT FRAGEZEICHEN

Im Jahr 2008 haben die Abschreibungen das Ergebnis verhagelt. Aktuell notiert die Aktie auf einem KGV von 11,5. Die Dividendenrendite beträgt 3,1%. Doch wenn Sie sich das erwartete Geschäftsergebnis für das kommende Jahr anschauen, dann sehen die Zahlen schon ganz anders aus: Das KGV 09e beträgt 5,4, die erwartete Dividendenrendite steht bei 4,5%.

Das ist natürlich ein sensationell günstiges Bewertungsniveau und eine sehr attraktive Dividendenrendite. Wer würde nicht gerne ein solches Juwel, so günstig bewertet, und dazu noch ein DAX 30 Mitglied in seinem Depot liegen sehen? Doch wie Sie im vorigen Kapitel gesehen haben steht weiteres Ungemach an: Es wird weitere Abschreibungen geben und diese sind in den aktuellen Zahlen noch nicht enthalten.

Werden die US-Immobilienderivate im Jahr 2008 noch vollständig auf Null abgeschrieben, dann ist es fraglich, ob das Unternehmen überhaupt die liquiden Mittel dazu hat. Geschweige denn, dann noch eine Dividende auszuzahlen. Bei einem EBIT von 514 Mio. Euro im laufenden Jahr ist nicht mehr viel Spielraum nach den Abschreibungen der vergangenen Quartale.

Also vermute ich, dass weitere Abschreibungen Anfang 2009 folgen werden. Dahingehend kann ich auch Hinweise bei dem Verkauf der oben erwähnten Collineo Asset Management GmbH finden, denn es wird ein Abschluss der Transaktion für Anfang 2009 erwartet. Die in de Collineo verwalteten Derivate können also bis ins nächste Jahr durchgeschleppt werden, bevor dann im neuen Jahr eine entsprechende Abschreibung vorgenommen werden kann.

Wie hoch die Abschreibung letztlich ausfallen wird, hängt maßgeblich von den Entwicklungen auf dem US-Immobilienmarkt ab. Dort gab es in den vergangenen Wochen einige interessante Entwicklungen.
STATUS DER US-IMMOBILIENKRISE

Natürlich hängt ein deutsches Unternehmen wie die Hypo Real Estate nicht nur an der US-Immobilienkrise. Aber für die Stimmung sind die Entwicklungen dort drüben sehr wichtig, und an der Börse sind es eben oftmals Stimmungen, die für Kursbewegungen verantwortlich sind.

Und die Stimmung an der Börse dreht meistens 6-9 Monate früher als die Realwirtschaft. Wenn wir also absehen könnten, dass die Immobilienkrise in 6-9 Monaten zu Ende ist, dann würden wir heute in die Hypo Real Estate investieren.

Doch lassen Sie uns zunächst noch einen Blick auf die beiden anderen Geschäftsbereiche werfen: Das Pfandbriefgeschäft zur Finanzierung der Öffentlichen Investitionen sowie die Infrastrukturprojekte. Zur Zeit steuern wir in Deutschland und in Euroland auf eine Konjunkturflaute zu. Der Leitzins in Europa ist deutlich höher als in den USA oder in Japan. Das hat eine bremsende Wirkung, diese Wirkung wird schon bald einsetzen.

Bislang traten die Chinesen starker Nachfrager auf sämtlichen Märkte auf, doch seit der Olympiade haben sich die Chinesen von den Weltmärkten abgekehrt, sie müssen nun erst einmal die im Inland aufgebrochenen Wunden verarzten: Ein besseres Gesundheitssystem wird gefordert, viele Alte haben keine Rente, das Sozialsystem steckt in den Kinderschuhen. Solange die Chinesen nun mit eigenen Problemen beschäftigt sind kann unsere Wirtschaft nicht von dem Wachstum im Land der aufgehenden Sonne profitieren.

Und in dieser Phase werden auch die Rohstoffpreise weiter einbrechen. Doch es waren die Rohstoffpreise, die für Inflationsdruck in Euroland sorgten und dadurch zu dem letztlich hohen Zinsniveau führten. Die fallenden Rohstoffpreise nehmen nun den Inflationsdruck, ich bin gespannt, wie lange die EZB braucht, um den europäischen Leitzins diesen veränderten Gegebenheiten anzupassen, also zu senken. Bislang ist eine Zinssenkung nicht einmal im Bereich der Möglichen für die Währungshüter.

Also werden wir auf absehbare Zeit schwerere wirtschaftliche Bedingungen in Deutschland vorfinden, so dass das solide Geschäft mit den Pfandbriefen und den Infrastrukturfinanzierungen zwar einen guten Grundstock für die Hypo Real Estate liefert, aber keine sonderlich positiven Überraschungen zu erwarten sind.

Bleibt das Hypothekengeschäft, das nicht nur in den USA, sondern auch in Spanien und England zusammen gebrochen ist. Hier gab es zuletzt am vergangenen Wochenende eine wichtige Maßnahme zur Stabilisierung des US-Immobilienmarktes: Die Verstaatlichung von Fannie Mae und Freddie Mac.

Fannie und Freddie waren nach der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 von den Demokraten ins Leben gerufen worden, um den US-Immobilienmarkt mit günstigen Krediten zu versorgen. Es galt als sicher, dass der Staat diese beiden Unternehmen nicht werde pleite gehen lassen, komme da, was wolle. Doch eine Verpflichtung seitens des Staates gab es nicht.

Jahrzehntelang hat man sich an die verlässliche Arbeit von Fannie und Freddie gewöhnt, zuletzt gab es eigentlich niemanden mehr, der die Frage aufwarf, ob diese beiden „quasi-staatlichen“ Unternehmen einmal Zahlungsschwierigkeiten haben könnten. Fannie und Freddie konnten sich fast genauso günstig am Markt refinanzieren, wie der Staat. Und somit haben Fannie und Freddie extrem günstiges Hypothekenkapital in den Markt geschoben, der Spread, also Zinsaufschlag, von Hypotheken zum Leitzins war dadurch in den USA stets sehr gering. Zusätzlich haben Fannie und Freddie kaum Kapitaldeckungsvorschriften besessen, sie konnten ein Vielfaches des Eigenkapitals ausleihen. Während bei Privatinstitutionen ein solcher Hebel von 10 bereits als sehr groß gilt, ein Hebel von 30 als halsbrecherisch, spricht man davon, dass Fannie und Freddie zuletzt mit einem Hebel von 130 agiert haben.

Im Rahmen der Immobilienkrise kam in diesem Frühjahr nun doch die Frage auf, ob denn der Staat zu seiner implizierten Garantie stehen würde. Präsident Bush, Finanzminister Paulson und auch Notenbankchef Bernanke sprachen offen über dieses Thema, doch keiner bestätigte die Garantie.

Und ohne diese Garantie waren Fannie und Freddie von heute auf morgen nichts mehr wert. Denn den Hebel von 130 kann kein Unternehmen durchhalten, das nicht die uneingeschränkte Unterstützung des Staates genießt. Dennoch dauerte es von dieser Ankündigung über einige Gesetzesverabschiedungen Anfang August noch bis Anfang September, bis der Staat nun Fannie und Freddie verstaatlicht.

Aktionäre haben alles verloren, die Eigner von Fannie und Freddie Immobilienderivaten, über die sich die beiden Unternehmen so günstig refinanziert haben, können jubeln. Denn nun steht der Staat für die Rückzahlung gerade.

Für die Immobilienbranche war dieser Schritt Gold wert. Der Spread, der seit den Gerüchten um die Zuverlässigkeit von Fannie und Freddie angestiegen war, dürfte in den nächsten Wochen wieder kleiner werden. Hypothekenkredite werden dadurch also wieder günstiger, Häuser werden also wieder finanzierbar.

Das ist nun nicht gleich die Rettung des Immobilienmarktes, doch es ist ein wichtiger Mosaikstein auf dem Weg zu einer gesunden Bodenbildung auf dem Immobilienmarkt. Gleichzeitig werden derzeit nur noch 60% so viele Neubauten begonnen, wie noch vor zwei Jahren. Doch die USA ist ein Einwanderungsland und in diesen zwei Jahren haben die USA 4 Mio. neue Einwohner bekommen. Es werden also kontinuierlich neue Häuser benötigt.

Die Immobilienkrise ist noch voll im Gange. Doch seit Anfang des Jahres sind eine Reihe von Schritten unternommen worden, die eine Katastrophe verhindern: Der Leitzins ist von 5,25% auf 2% gesenkt worden. Bear Stearns ist nicht pleite gegangen, sondern die Anlegergelder wurden durch die Zwangs-Übernahme durch J.P. Morgan gerettet. Die Schwemme von Hausverkäufen nimmt ab, weil weniger neue Häuser gebaut werden. Schnäppchenjäger kreuzen durch Florida und kaufen die Zwangsversteigerungsobjekte, die noch vor zwei Monaten als unverkäuflich galten, weg. Und durch die Verstaatlichung von Fannie und Freddie wird der Hypothekenmarkt liquide bleiben.

Nun brauchen wir nur auf eine Bodenbildung zu warten. Doch wann wird diese erfolgen?

Ich weiß es nicht, aber ich gehe davon aus, dass es nicht mehr sehr lange dauern wird. Doch wenn die Bodenbildung, das Ende der Immobilienkrise durch die Medien geistert, wird die Hypo Real Estate schon einen Kurssprung vollzogen haben.
 
aus der Diskussion: CG90MZ - Short HRE bis 7,00 EUR
Autor (Datum des Eintrages): Red_Eileen  (19.09.08 18:21:53)
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