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Politisch gewollte Inszenierung, Oettinger hats nicht geschnallt und wurde von Wulff/Merkel über den Tisch gezogen:
Christian Wulff
Herr Harmlos triumphiert bei Porsche


von David Böcking (Berlin)

Der Abgang von Wendelin Wiedeking ist ein Sieg für Niedersachsens Ministerpräsidenten. Wie sein unterlegener CDU-Kollege Oettinger lobt Christian Wulff nun den Porsche-Chef - mit einer eigenwilligen Interpretation der Ereignisse.

Hinterher fällt Großmut leicht: Der scheidende Porsche-Chef Wendelin Wiedeking habe "bei dem Versuch, Volkswagen zu übernehmen, die richtige industrielle Logik erkannt", sagte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) am Donnerstag. Wiedeking habe erkannt, dass Porsche einen industriellen Partner brauche. "Insofern kann er sich auch als Vater des künftigen integrierten Automobilkonzerns sehen."
Das klingt fast so, als führe Wulff nun einfach für Wiedeking aus, was der wegen misslicher Umstände nicht mehr selbst erledigen kann. Tatsächlich aber wollte Wulff einen integrierten Konzern immer nur in einer Version: Mit VW am Steuer. Und Wiedeking unterschätzte, wie hart der sich oft harmlos gebende Christdemokrat ("Kanzler traue ich mir nicht zu") für dieses Ziel kämpfen würde.

Zwar hatte auch Niedersachsen 2005 zunächst den Einstieg von Porsche bei VW begrüßt - nicht nur der Sportwagenbauer, sondern auch die Wolfsburger konnten einen Partner brauchen, um langfristig feindliche Übernahmen zu verhindern. Doch sobald klar wurde, dass Porsche nach der Mehrheit von VW greifen würde, fuhr Wulff die Krallen aus.

Auf allen Ebenen kämpft der Politiker dafür, den Einfluss seines Landes in Wolfsburg zu erhalten und den von Porsche zu beschränken. Im Aufsichrat verhindert er erfolgreich Versuche von Porsche, die Sperrminorität zu erhöhen. Gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte er in der Großen Koalition durch, dass das VW-Gesetz zwar auf Druck der EU geändert wird, Niedersachsen mit seinem 20-Prozent-Anteil aber ein Vetorecht behält. Zwar droht im Herbst eine neue Klage aus Brüssel, doch Wulff hat sein Ziel erreicht: Wiedeking fehlt bereits ein entscheidender Baustein für die Übernahme, bevor sein Vorhaben durch die Finanzkrise endgültig ins Wanken kommt.

Am Ende erlaubt er sich Häme
Als bereits klar ist, dass Porsche gescheitert ist, erlaubt sich der sonst so seriöse Wulff ein wenig Häme. Er kenne keine Tiere, bei denen "der Schwanz mit dem Hund wedelt", sagt Wulff. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück reagiert empört und wirft Wulff vor, Porsches Suche nach Krediten bewusst hintertrieben zu haben. Man werde "galaktisch" um die Eigenständigkeit kämpfen.

Porsches Unbhängigkeit war auch das große Ziel von Wulffs Amts- und Parteikollegen Günther Oettinger, der um 11.000 Arbeitsplätze im von ihm regierten Baden-Württemberg fürchtet. Nach Wiedekings Abgang bleibt ihm nichts übrig, als dem Manager ebenfalls für seinen "einmaligen Einsatz" für den Automobilstandort Baden-Württemberg zu danken.

Wulff dagegen kann nun auch gegenüber Oettinger Großmut zeigen: Porsche werde "selbstverständlich autonom mit Sitz in Stuttgart-Zuffenhausen bleiben", sagte er. Die von Oettinger verteidigten Porsche-Standorte seien nun sogar "sicherer als zuvor".
 
aus der Diskussion: Wiedeking tritt zurück - Kapitalerhöhung bei Porsche
Autor (Datum des Eintrages): lump60  (24.07.09 09:12:58)
Beitrag: 68 von 112 (ID:37637928)
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