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Amöneburg/Kostheim/Kastel

Noch immer herrscht Angst
08.08.2009 - KASTEL

EISDIELEN-MORDE Pfarrer wirbt für Miteinander

(zel). Der Jahrestag der Eisdielen-Morde in Rüsselsheim geht auch an den Kastelern nicht spurlos vorbei. Pfarrer Ralf Schmidt von der evangelischen Erlösergemeinde warb dafür, den Familien und Eltern der beiden Angeklagten, die im Rinkerviertel wohnen, ein von Normalität bestimmtes Miteinander zu ermöglichen. "Für sie ist es schwierig, weil ihr Name mit der Tat immer verbunden bleiben wird", sagte der Geistliche.

Bei der Schießerei und Messerstecherei waren Angehörige zweier türkischer Clans, von denen eine aus Kastel stammt, aus Rache aufeinander losgegangen. Die Brüder Erdal und Serdal E. müssen sich wegen Mordes vor dem Darmstädter Landgericht verantworten. Der dritte Bruder Deniz wurde bei dem Verbrechen in der Rüsselsheimer City umgebracht. Seine Witwe und sein Kind wohnen weiterhin in Kastel, ebenso die an dem Verbrechen zerbrochenen Eltern.

Aufgabe der Kasteler sei es, den Hinterbliebenen die Tür zu einem Miteinander zu öffnen. Dies solle in dem Bewusstsein geschehen, dass der Tod unbescholtene Menschen selbst an den schönsten und heitersten Orten ereilen könne, wie die Anschläge auf der Ferieninsel Mallorca vor wenigen Tagen gezeigt hätten. "Für die Tat können die Familienangehörigen nichts", sagte Pfarrer Schmidt, der die Bluttat von Rüsselsheim in seiner Sonntagspredigt vor einem Jahr aufgegriffen hatte. Die Erlösergemeinde gehört dem evangelischen Dekanat Rüsselsheim an, dessen Gemeinden in den ersten Tagen nach dem verbrechen vielen verstörten Menschen Orientierung boten.

In Kastel, besonders im Rinker-Viertel, ist die Bluttat etwas aus dem Fokus geraten. Viel geredet wird über das Verbrechen nicht, doch unterschwellig spielt noch immer Furcht eine Rolle. Einige Anwohner haben die Brüder E. als bodygestylte Muskelmänner in wenig guter Erinnerung, die in dicken Wagen vorfuhren und damit die kleine Wohnstraße blockierten. "Wir hatten schon ein bisschen Angst vor den Burschen, die einen immer so provokativ anblickten", hieß es.

Man habe sich gefragt, woher die Brüder die Mittel für die neuesten und größten Automodelle gehabt hätten, wo einer doch nur Döner-Gastronom gewesen sei: "Vielleicht aus krummen Geschäften", hieß es. Der gutnachbarschaftliche Dialog mit den Eltern der Beschuldigten sei nie abgerissen. Es seien rechtschaffene Leute, die so lebten wie andere Rentner auch. Manchmal, berichteten Anwohner, träfen sich zwei ältere Männer in der Wiesbadener Straße am Straßenrand und blickten einander traurig ins Gesicht. Vieles spräche dafür, dass dies die beiden Familienväter seien, deren Söhne das Blutbad angerichtet hatten.

In dem Haus, in dem der ermordete Deniz lebte, ist die Atmosphäre noch immer beklommen. "Ich traue mich nicht, seine Witwe einfach so anzusprechen", sagte eine Mitbewohnerin.

Dort war es vor einem Jahr zu einem spektakulären Einsatz gekommen, als ein Sonderkommando der Polizei auf der Suche nach dem flüchtigen Bruder Serdal E. das Haus stürmte und die Wohnung mit einem Rammbock öffnete. Es sei klar, dass im Viertel weder über den Einsatz noch über das Verbrechen nicht mehr geredet werde: "Wenn es um Gewalt geht, dann wird das totgeschwiegen, weil jeder Angst hat", sagte ein Hausbewohner.

BLICKPUNKT
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aus der Diskussion: Neues aus Multikultistan
Autor (Datum des Eintrages): redbulll  (09.08.09 09:22:55)
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