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Hallo!

Zur Abwechslung mal wieder etwas Wichtiges unter dem Motto: "Die Geister, die ich rief..."

Existenzkampf: Lottogeschäft darbt unter Staatsvertrag

Eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspiel-Staatsvertrags werden die gravierenden Folgen für die Lotteriebranche sichtbar. Der NKL bricht wegen der Werberestriktionen die Hälfte des Umsatzes weg - ein Kampf ums Überleben..


"Wir gehen davon aus, dass sich unser Umsatz bis zum kommenden Jahr verglichen mit 2006 halbiert haben wird", sagte Günther Schneider, Sprecher des Vorstands der Norddeutschen Klassenlotterie (NKL). Während die NKL 2006, also im Jahr bevor die Vorbereitungen auf den Staatsvertrag begannen, noch 470 Mio. Euro erlöste, werden es eigenen Schätzungen zufolge 2010 nur noch 250 Mio. Euro sein. Deutschlands drittgrößter Lotterieanbieter versucht den Umsatzeinbruch durch eine neue Rentenlotterie abzumildern, die am Dienstag startete. Zudem war in den vergangenen Jahren ein Fünftel der Stellen gestrichen worden.




Der Anfang 2008 in Kraft getretene Glücksspiel-Staatsvertrag, der helfen soll, die Spielsucht einzudämmen, trifft die Klassenlotterien am härtesten. Zwar gelten das Verbot von Telefon- und Internetwerbung und die Restriktionen der Postwurfsendungen für alle Lotterieanbieter gleichermaßen, doch verkauften die beiden Klassenlotterien NKL und ihr etwas größeres süddeutsches Pendant SKL den überwiegenden Teil ihrer Lose über diese Kanäle. Auch der mit zuletzt 6,5 Mrd. Euro Umsatz größte Anbieter Lotto musste 2008 ein Umsatzminus von 12,5 Prozent verzeichnen, obwohl er seine Kunden direkt über die zahlreichen Annahmestellen ansprechen kann. Schon vor einem Jahr warnte Schneider, die NKL würde ihre Kunden nicht mehr erreichen. "Wir kämpfen ums Überleben."




Inzwischen übt sich der NKL-Chef in Optimismus. Neben den Einsparungen der jüngsten Zeit würde auch die neue Rentenlotterie dazu beitragen, dass sich der Umsatz 2010 stabilisiere. Das neue Spiel soll laut Schneider kurzfristig "etwa 15 Prozent" zum Umsatz beitragen. Mittelfristig wird das neue Produkt jedoch weit mehr einspielen müssen, um den Schwund im Stammgeschäft zu kompensieren.


Die traditionell wenig innovative Lotteriebranche steht unter Zugzwang. Zum einen schrumpfen durch die Restriktionen des Staatsvertrags branchenweit die Erlöse. Zum anderen wandern jüngere Spieler zu Internetanbietern und in Spielhallen ab; Letztere sind vom Staatsvertrag nicht betroffen. Der private Onlineanbieter Bwin steigerte seinen Umsatz von 2007 auf 2008 um fast ein Fünftel auf 420 Mio. Euro.




Bei der NKL geht man inzwischen von einem Durchschnittsalter der Kunden von 50 Jahren aus. Die neue Rentenlotterie sei auch ein Versuch, "jüngere Spieler zwischen 30 und 50" anzusprechen.


Erschwerend kommt hinzu, dass seit Einführung des Staatsvertrags ein Fachbeirat über die Zulassung neuer Glücksspiele wacht. Der bescheinigte der NKL-Rentenlotterie ein geringes Suchtpotenzial und ließ sie als erstes neues Spiel auf dem nationalen Markt zu. Die Einführung eines länderübergreifenden Eurojackpots hingegen lehnte er ab. Die Idee des deutschen Lottoblocks, des Zusammenschlusses der Lottogesellschaften der 16 Bundesländer, berge mit seinen spektakulär hohen Gewinnsummen ein zu hohes Suchtpotenzial.


Über den Erfolg scheint sich Schneider trotzdem nicht wirklich freuen zu können. Vor kaum einen Jahr hatte der Chef des Staatsunternehmens NKL in Interviews noch lautstark geschimpft, dass die Länder, denen der Staatsvertrag das Glücksspielmonopol samt den damit verbundenen Einnahmen sichert, "ohne jede Not und nur aus Taktiererei" die Existenz der NKL aufs Spiel setzten. Dagegen gibt er sich heute fast resigniert. "Unser Auftrag laut Staatsvertrag ist nicht die Profitmaximierung, sondern die Kanalisierung des Spieltriebs", so Schneider. Dem werde man gerecht. Ob dabei 500 oder 250 Mio. Euro umgesetzt werden, scheint ihn inzwischen nicht mehr sehr zu kümmern.






<table class="StandardTabelle" cellspacing="2" cellpadding="4" border="0">
<tr><td valign="top"><p>Die Wettbewerber</p></td></tr>
<tr><td valign="top"><p>Der Lotto-Toto-Block</p></td><td valign="top"><p> erlöst mit 6,53 Mrd. Euro den größten Teil des deutschen Lotteriemarkts. In allen Bundesländern bietet Lotto-Toto Spiele wie Lotto 6 aus 49, Super 6, Spiel 77, Oddset und Sportwetten an. Das Werbeverbot trifft Lotto-Toto weniger stark, weil die Kunden in vielen Kiosken direkt erreicht werden. Die TV-Ziehungen sorgen zusätzlich für Bekanntheit.</p></td></tr>
<tr><td valign="top"><p>Nordwestdeutsche Klassenlotterie</p></td><td valign="top"><p> Die NKL trifft der Glücksspiel-Staatsvertrag am schwersten. Weder im Fernsehen noch am Telefon noch im Internet darf sie werben. Und die Werbung, die per Post versandt wird, darf nicht anreizend sein. Deshalb halbierte sich der Umsatz der NKL in den vergangenen Jahren nahezu.</p></td></tr>
<tr><td valign="top"><p> Die Süddeutsche Klassenlotterie</p></td><td valign="top"><p> hatte durch die SKL-Fernsehshow mit Moderator Günther Jauch ein sehr publikumswirksames Format gefunden - bis der Staatsvertrag in Kraft trat und TV-Werbung verboten wurde. Inzwischen ist die Show abgesetzt. Auch deshalb sackte der Umsatz der SKL um mehr als 26 Prozent auf zuletzt nur noch 471 Mio. Euro ab.</p></td></tr>
<tr><td valign="top"><p>Fernsehlotterien</p></td><td valign="top"><p> Die beiden deutschen Fernsehlotterien Aktion Mensch und ARD-Fernsehlotterie dürfen weiterhin im Fernsehen werben. Mindestens 30 Prozent ihres Jahresumsatzes müssen sie nach dem Staatsvertrag in gute Zwecke stecken, mindestens 30 Prozent als Gewinne an die Spieler ausschütten. </p></td></tr>
 
aus der Diskussion: JAXX 2009 - Expansion in liberalisierte Glückspielmärkte
Autor (Datum des Eintrages): Wilmots04  (02.09.09 21:41:18)
Beitrag: 2,021 von 7,218 (ID:37906069)
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