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Spekulative Wetten
Rohstoffmärkte vor turbulenten Wochen
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Von Thomas Koch 24. Dezember 2009, 15:15 Uhr .

So paradox es auch klingt: Für Rohstoffe wird eine gute Wertentwicklung zum Jahreswechsel regelmäßig zur Gefahr. Denn Großanleger werden gezwungen, ihre Bestände zu reduzieren. Analysten rechnen deshalb gerade bei einigen in diesem Jahr überdurchschnittlich gut gelaufenen Sektoren in den kommenden Wochen mit einer Verkaufslawine.

Hintergrund dieser Zwangsverkäufe ist die Tatsache, dass bei zwei der bedeutendsten Rohstoff-Indizes immer zum Jahresanfang eine Anpassung der Gewichtung ansteht. Anders als bei den meisten Aktien-Indizes wird die Marktkapitalisierung, also das Kursniveau der einzelnen Werte, dabei nicht berücksichtigt. Entscheidend sind stattdessen Faktoren wie der Anteil an der weltweiten Produktion oder die Handelsaktivität.

Aus diesem Grund wird die ab dem neuen Jahr geltende Gewichtung ungefähr den Werten entsprechen, die auch schon Anfang 2009 galten. Unabhängig davon, wie sich die einzelnen Güter seitdem entwickelt haben. Was zwangsläufig dazu führt, dass die durch eine besonders gute Performance im Laufe des Jahres gestiegene Gewichtung bestimmter Rohstoffe wieder auf das Ursprungsniveau abgesenkt wird.

Und weil es mittlerweile zahlreiche Fonds gibt, die diese Indizes eins zu eins abbilden, müssen die Portfoliomanager diese zu hoch gewichteten Positionen reduzieren und im Gegenzug bei den schlecht gelaufenen Werten nachkaufen.

Negativ betroffen sind davon in diesem Jahr vor allem die Industriemetalle. Der Preis für Zink etwa hat sich seit Jahresbeginn verdoppelt, Blei und Kupfer konnten sogar zwischen 130 und 140 Prozent zulegen. Entsprechend stark ist zurzeit das "Übergewicht" dieser Metalle in den Indizes.

Beim Dow Jones UBS Commodity Index (DJUBS) zum Beispiel ist der Anteil von Kupfer seit Jahresbeginn von unter acht Prozent auf aktuell mehr als elf Prozent gestiegen. Bei Zink kletterte das Indexgewicht von drei auf über vier Prozent. Die Analysten der LBBW erwarten deshalb allein im Zuge der hier notwendigen Anpassungen Kupfer-Verkäufe zwischen 1,5 und 1,7 Mrd. Dollar. Das entspricht rund 220 000 Tonnen und damit ungefähr dem im Jahr 2008 erzielten Jahresüberschuss des roten Metalls.


Foto: DW GrafikTabelle: Rohstoffwetten mit Hebel
Im Gegensatz zu diesem Jahr, wo Kupfer und Co. nach einem schlechten Vorjahr noch von den Umschichtungen profitieren konnten, drohen nun also Rückschläge. Zumal sich die Preise nach Ansicht von Analysten ohnehin von ihrem fundamental gerechtfertigten Niveau entfernt haben. "Die im Zuge der Indexanpassungen notwendigen Verkäufe könnten der Impuls für den Abbau der aktuellen Überbewertung sein", sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Stratege bei der Commerzbank.

Deshalb nun bei allen in diesem Jahr gut gelaufenen Commodities auf fallende Kurse zu setzen, dürfte aber der falsche Ansatz sein. Beim Ölpreis zum Beispiel wird zwar ebenfalls mit einem Verkaufsvolumen von über 1,5 Mrd. Dollar gerechnet. Allerdings ist der Rohölmarkt so groß, dass sich das auf den Preis wahrscheinlich nicht signifikant auswirkt. "Bei Öl entspricht das einem Handelsvolumen von wenigen Stunden", sagt Weinberg.

Bei Zink hingegen dürfte es mehrere Tage dauern, bis der Markt die zum Verkauf stehenden Bestände aufgenommen hat. Entsprechend groß werden hier die Gefahren einer Korrektur eingeschätzt. Im Gegenzug sieht Weinberg aufgrund der zu Jahresbeginn wieder steigenden Gewichtung bei Erdgas und auch Mais "sehr viel Potenzial" nach oben.

Konkret erfolgt die Anpassung der Gewichtungen beim DJUBS zwischen dem 8. und dem 14. Januar. Einige Marktteilnehmer sind im Wissen um diesen Termin natürlich schon vorher aktiv, wie die vergangenen Wochen gezeigt haben. Trotzdem dürfte es zu Jahresbeginn noch zu stärkeren Kursausschlägen kommen.

"Viele Fondsmanager, die den Index abbilden, haben sich an so starre Regeln zu halten, dass sie den Großteil ihrer Transaktionen wirklich zeitgleich mit der Indexumstellung vornehmen müssen", sagt Frank Schallenberger, Analyst bei der LBBW. Das dürfte auch ein Grund dafür sein, weshalb sich etwa der Kupferpreis unverändert auf hohem Niveau bewegt.

Anleger, die vor diesem Hintergrund auf stärkere Kursbewegungen der entsprechenden Rohstoffe setzen wollen, sollten allerdings beachten, dass sie damit in der Regel gegen den aktuellen Trend spekulieren - was immer gefährlich ist - und dass Investments im Rohstoff-Sektor grundsätzlich mit besonderer Vorsicht zu genießen sind.

Bei den zumeist mit einem Hebeleffekt versehenen Produkten winken zudem zwar überproportional hohe Gewinne, wenn die Spekulation aufgeht. Auf der anderen Seite drohen aber auch immense Verluste, wenn die Sache schief geht.

Fazit: Das zu Jahresbeginn anstehende Rebalancing bei großen Rohstoff-Indizes wie dem DJUBS oder dem S&P GSCI führt dazu, dass zahlreiche Indexfonds ebenfalls ihre Positionen anpassen müssen. Und weil sich hier mittlerweile Milliarden schwere Volumen angehäuft haben, rechnen Analysten in den kommenden Wochen bei ausgewählten Rohstoffen mit starken Kursbewegungen.

Mutige Anleger können darauf mit entsprechenden Produkten gezielt spekulieren, sollten dabei immer die extremen Risiken im Auge behalten.



http://www.welt.de/finanzen/article5631654/Rohstoffmaerkte-v…
 
aus der Diskussion: Stehen wir vor einer neuen Rohstoff Hausse - speziell Uran
Autor (Datum des Eintrages): boersentrader02  (28.12.09 19:59:17)
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