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New Economy: Analysten bestimmen die Umsätze

Immer mehr Unternehmen verschwinden von den Portfolios der Finanz-Experten

Die Macht der Analysten im Aktiengeschäft ist beachtlich. Die Abwertung eines
Titels durch ein großes Investmenthaus hat schnell einen zweitstelligen
Kursverlust zur Folge. Dieser Einfluss liegt zum großen Teil an der Seriosität, die
den Finanzexperten anhaftet. Während viele Anleger den Empfehlungen der
Analysten fast blind vertrauen, wird dabei vergessen, dass auch Analystenhäuser
Geld verdienen müssen und den Gesetzen des Marktes gehorchen.

Ein Zeichen für diese Abhängigkeit sind die Fluktuationen in den Portfolios der
einzelnen Analysten. Unternehmen werden von den Experten nicht mehr
abgedeckt, wenn sich deren Kurse als zu unattraktiv herausstellen. Auch simple
Personalveränderungen innerhalb der Investmentbanken haben häufig
Veränderungen unter der Zahl der beobachteten Unternehmen zur Folge. Nach
den Angaben des Finanzdienstleisters Marketperform.com sind angesichts der
Kursverluste in den Wachstums-Sektoren vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2001
insgesamt 106 Titel von den Listen der Finanz-Fachleute verschwunden. Im
Vergleich dazu wurden im gesamten Jahr 2000 nur 75 entsprechende
Streichungen vorgenommen.

Die Masse der Unternehmen, die von Analysten ignoriert werden, steigt mit den
Verlusten der Aktienwerte. Dies führt dazu, dass immer mehr Firmen vom Markt
und damit auch von der Öffentlichkeit nicht mehr wahrgenommen werden. Erst in
eine solche Situation gekommen, ist es für die betroffenen Unternehmen äußerst
schwer, den eigenen Anteilskursen auf die Sprünge zu helfen. Denn ohne
Reaktionen und Bewertungen der Analysten fehlt der Zugang zu einem möglichst
breiten Forum für Unternehmens-Nachrichten.

Ein Teufelskreis ist vorprogrammiert: Eine negative Nachricht sorgt in Verbindung
mit den entsprechenden Analysten-Abstufungen für Kursverluste. Mit geringer
Marktkapitalisierung wird das jeweilige Unternehmen für Investment-Häuser
unattraktiv und wird nicht mehr beobachtet. Gerade bei kleineren
Aktiengesellschaften, wie sie in der New Economy häufig vorkommen, ist dieser
Fall schnell eingetreten. Für eine solche Firma ist es enorm schwierig ohne
„Analystenbetreuung“ das Kurstief wieder zu verlassen.

Um solchen Entwicklungen vorzubeugen, müsste es Reglementierungen geben,
die das Verhalten von Analysten in einem Rahmen ablaufen lassen, der für
kleinere Unternehmen weniger geschäftsschädigend ist. Andererseits wären
entsprechende Regeln ein Eingriff in den Markt und würden unter Umständen
Verzerrungen provozieren, die größere Kreise ziehen. Der Spagat muss vollzogen
werden, um die Macht der Analysten in Maßen zu halten, ohne die Gerechtigkeit
außer Acht zu lassen. Denn einige Unternehmen sind in der Tat kein Portfolio
eines Analysten-Hauses mehr wert.T.Lücking
 
aus der Diskussion: Mögliche Tradimhchancen Montag, 9.Juli 2001 - 2TR-Werte & WL
Autor (Datum des Eintrages): NoggerT  (06.07.01 19:48:27)
Beitrag: 70 von 626 (ID:3902254)
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