Fenster schließen  |  Fenster drucken

:cry::cry: USA u. Europa waren gestern :cry::D

Querdenker Dylan Grice über die USA:
„Amerika ist eine Nation im Niedergang“


Dylan Grice ist Global Strategist bei Société Generale in London. Im Gespräch mit dem Handelsblatt erklärt er, warum die meisten Industrieländer streng genommen insolvent sind, die Aufholjagd der Schwellenländer nicht zu bremsen ist und welche Geschäftsmodelle lebensfähig sind.

Herr Grice, wie bedrohlich sind die explodierenden Staatsschulden?

Der Virus des Kreditrisikos ist von den Unternehmen auf die Märkte gesprungen. Sorgen macht mir nicht unbedingt die explodierenden Defizite vieler Staaten. Das größte Problem sind die enormen Schuldenlasten. Die meisten Industrieländer sind faktisch insolvent – im Gegensatz zu vielen Schwellenländern. Die größte Last sind nicht die offiziell ausgewiesenen Schuldenlasten, sondern die Positionen außerhalb der Bilanz, wie man bei einem Unternehmen sagen würde. Hier geht es um die absehbaren Zahlungen für das Gesundheitssystem und die Pensionssysteme für die Staatsbediensteten. Dann kommt man bei der Relation von Schuldenlast zu Wirtschaftsleistung in der Spitze auf 400 bis 500 Prozent. Das kann nie beglichen werden. Die wahrscheinlichste Lösung für dieses Problem ist: Die Politiker werden diese Last durch Inflation entschärfen.

Wer ist am stärksten gefährdet?

Aus der Länderperspektive ist Japan am stärksten und unmittelbarsten gefährdet. Dort kann sich die Lage schnell zuspitzen, und es kann schnell unangenehm werden. Überraschenderweise sind die Investoren sehr phlegmatisch, sie scheinen nach der Devise zu handeln: Japan hat schon so lange Probleme und es ist doch immer weiter gegangen, da wird schon nichts passieren. Aber auch in den anderen Industriestaaten sieht es schlimm aus. Griechenland ist ein einziger Abgrund. Die Probleme dort werden uns noch einige Jahre beschäftigen. In Großbritannien stellt sich das Bild anders dar: Ohne den Ernst der langfristigen britischen fiskalischen Probleme herunterspielen zu wollen, muss man feststellen, dass die Volatilität des britischen Pfunds zuletzt an Hysterie grenzte. In der Vergangenheit war das häufig ein Zeichen für eine bevorstehende Trendwende. Vielleicht sind die Schwierigkeiten dort also weniger groß, als sie jetzt häufig dargestellt werden. Zu den wenigen positiven Ausnahmen unter den Industrieländern zählen Norwegen und Kanada.


Wie entwickeln sich die Währungen?

Aus der Währungsperspektive sind der Euro und der Yen am unattraktivsten, aber auch der US-Dollar – obwohl er kurzfristig ganz gut abschneiden sollte. Das wäre aber eine gute Performance getreu der Devise: Unter den Blinden ist der Einäugige König. Die US-Fiskalprobleme sind nämlich gravierender als jene in Europa, wieder wegen der außerbilanziellen Belastungen. Amerika ist eine Nation im Niedergang. Dieser Niedergang wird sich über die nächsten Jahrzehnte erstrecken. Spiegelbildlich sind die großen Schwellenländer im Kommen, damit der chinesische Renmimbi, der brasilianische Real und die indische Rupie. Und wie auf Länderebene gibt es Ausnahmen unter den Industriestaaten aus der Währungsbrille. Attraktiv sind hier die Norwegen-Krone und der kanadische Dollar.

Der Euro ist absolut überbewertet. Man muss nur auf das Griechenlandproblem schauen. Vor der Krise rentierten die Bonds nur minimal über denen der Bundesanleihen. Heute sind es drei bis vier Prozentpunkte mehr. Der Euro könnte auseinanderbrechen die Gefahr ist da. Und um auf das Pfund zu kommen: Es ist jetzt vielleicht zu billig.

Wohin steuern die Märkte?

Die Renditeniveaus an den wichtigen Anleihemärkten sind zu tief. Auf längere Sicht müssen sie um einige Prozentpunkte steigen. Die schlechtesten Perspektiven hat hier Japan. Bisher habe die Japaner ihre Probleme intern gelöst, weil die Haushalte über ihre hohe Sparquote die wachsenden Staatsschulden finanzieren. Aber die Bevölkerung altert und wird dann eher entsparen. Es gibt niemanden, der diese Finanzierungsquelle ersetzen kann.

Nebenbei: Die Japaner sind die größten Besitzer von US-Staatsanleihen. Das wird das Problem der USA verschärfen. Kaufchancen bieten dagegen, ähnlich wie bei den Währungen, die solventen und wenig risikoreichen Emerging Markets. Das wären Anleihen aus China, Indien, Brasilien. Ansonsten noch Norwegen und Kanada – auch diese Länder sind von der Schuldenkrise kaum getroffen.

Welche Anlagen können Sie empfehlen?

Beim Kauf von Anleihen und Aktien aus der Eurozone tut Vorsicht not. Bei einem Bruch des Euros würde der verbleibende Stark-Euro aufwerten, die ausscherenden Währungen würden abwerten. Ich rate wegen aller dieser Unsicherheiten zu Aktien von Firmen mit lebensfähigen Geschäftsmodellen: Getränke, Brauereien, Tabak. Im Depot sollten neben Anleihen aus den genannten Ländern auch bis zu zehn Prozent an physischem Gold sein. Es kommt darauf an, Bilanzen auszusuchen, die ein Auseinanderbrechen des Euro überstehen würden. Finanzdienstleister können deshalb ein Problem darstellen, ebenso wie hochverschuldete Länder, die sich über Nacht mit Schulden in einer harten Währung konfrontiert sehen würden, die sie nicht bedienen könnten.

Dylan Grice ist globaler Anlagestratege bei der Société Générale. Er kam für den renommierten Analysten James Montier, der zu GMO in den USA wechselte. Seine Reports stoßen auf große Resonanz, weil er im Team mit Albert Edwards – trotz Bankenzugehörigkeit – keine Scheu vor unkonventionellen Meinungen zeigt.
http://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/querden…

http://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/querden…
 
aus der Diskussion: Das Abendland am Ende--der Baum brennt --Flächenbrand im alten Europa
Autor (Datum des Eintrages): GueldnerG45S  (16.03.10 14:21:27)
Beitrag: 35 von 54 (ID:39149503)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE