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Todesschuss aus kurzer Distanz
Wildwest in Deutschlands Osten: Am Silvesterabend 2008 erschoss ein Zivilfahnder in Brandenburg den Kleinkriminellen Dennis J. - acht Mal feuerte der Kommissar auf den 26-Jährigen. Jetzt will die Justiz den skandalösen Polizeieinsatz aufarbeiten, doch die beteiligten Beamten schweigen.

Berlin - Eigentlich scheint es vor Gericht doch nur noch um diese eine Frage zu gehen, um ein Wort vielleicht bloß.

Warum?

Warum musste der Berliner Kleinkriminelle Dennis J. am Silvesterabend 2008 in einem Wohngebiet im brandenburgischen Schönfließ sterben? Warum feuerte der Polizeikommissar Reinhard R., 34, acht Kugeln auf den 26-Jährigen ab, teilweise sogar aus kurzer Distanz? Und warum schweigt der Zivilfahnder seither beharrlich zu den Gründen seines fatalen Schusswaffengebrauchs? ...

... Die Polizisten haben einen Tipp bekommen, darum sind sie nun so kurz vor dem Jahreswechsel noch unterwegs in die brandenburgische Pampa, obwohl sie eigentlich frei haben: Dennis J. soll am Abend seine Freundin Patricia "Ticy" M., 19, abholen, Stieftochter eines Bundespolizisten. Wahrscheinlich wollen sie zusammen in der Hauptstadt feiern. Für die drei Berliner Fahnder ist es die Chance, J. endlich zu erwischen.

Dann sehen sie den Jaguar in einer Parkbucht. Der silbergraue XJ Executive 3.2 ist gestohlen, am Steuer sitzt Dennis J., mal wieder völlig zugekokst, wie sich später herausstellen wird. Doch als sich die Beamten heranpirschen, braust der Gesuchte davon und entkommt dem Opel Astra der Fahnder. Zunächst. Wenig später ist J. zurück. Er parkt wieder am Straßenrand, an derselben Stelle wie zuvor.

Die Beamten blockieren die Limousine mit ihrem Opel. Reinhard R. und Heinz Werner S. stürzen auf den Jaguar zu. Sie brüllen: "Polizei". R. zieht seine Dienstwaffe, eine Sig Sauer P 6. Die Fahnder reißen an den verriegelten Türen, sie schreien: "Mach auf!" Doch J., unbeeindruckt vom neuerlichen Ansturm der Staatsmacht, greift stattdessen zum Zündschlüssel, wie die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt hat: Da drückt Reinhard R. ab. ...

... Der wegen Totschlags angeklagte Kommissar R. ließ den Ermittlern über seinen Anwalt mitteilen, dass er abgedrückt habe, um den angefahrenen Kollegen S. zu schützen. Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Neuruppin sowie des Landeskriminalamts (LKA) Brandenburg zufolge muss der tödliche Schuss jedoch schon vorher gefallen sein. Außerdem sei ganz klar auch in Momenten geschossen worden, in denen keiner der Beamten gefährdet gewesen sei. ...

... Die Polizisten Olaf B. und Heinz Werner S., deren Aussagen vielleicht Aufschluss über die Motive des Schützen hätten geben können, behaupteten in ihren Vernehmungen, sie hätten gar keinen oder nur einen Schuss wahrnehmen können. Die Ermittler - sie haben den misslungen Zugriff vom LKA nachstellen lassen - gehen jedoch inzwischen davon aus, dass die beiden Beamten aus falsch verstandener Kameradschaft lügen.

B. und S. müssen sich daher auch vor Gericht verantworten - wegen Strafvereitelung im Amt. http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,692343,00.html
 
aus der Diskussion: Deutschland - ein Rechtsstaat ...?
Autor (Datum des Eintrages): HeWhoEnjoysGravity  (04.05.10 08:26:06)
Beitrag: 98 von 298 (ID:39449365)
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