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Das kann ja heiter werden...


Fatih Birol Interview in „Le Monde“
ASPO, Blandow, 10. Juli 2007: Der Chefökonom der Internationalen Energieagentur (IEA) Fatih Birol hat einer der größten französischen Tageszeitungen „Le Monde“ am 27.06. 2007 ein Interview zum Thema „Ölversorgung“ gegeben. Eigentlich vertritt die IEA eine eher konservative Denkweise, welche die Zukunft der Ölversorgung als nicht sonderlich problematisch beschreibt. Nicht nur vor diesem Hintergrund müssen die folgende Aussagen von Fatih Birol als außerordentlich bemerkenswert angesehen werden: (Um der Bedeutung der Worte Rechnung zu tragen, haben wir versucht möglichst wortgenau zu übersetzen und haben zusätzlich den französischen Originaltext hinterlegt - blauer Pfeil)

„Wenn die Ölproduktion im Irak bis 2015 nicht exponentiell steigt, haben wir ein sehr großes Problem. Und dies selbst wenn Saudi Arabien alle seine Zusagen einhält. Die Zahlen sind sehr einfach, dazu muss man kein Experte sein“ go

Wie realistisch eine exponentielle Förderausweitung im Irak ist sei dahingestellt. Ob Saudi Arabien bis dahin seine Förderung von heute etwa 8 Millionen Barrel/Tag auf die versprochenen 12 Millionen Barrel/Tag (oder sogar darüber hinaus) ausgeweitet haben wird muss die Zeit zeigen. Birol spricht damit Eine Warnung aus, die kaum deutlicher formuliert werden kann.

„Innerhalb von 5-10 Jahren wird die Nicht-OPEC Produktion den Gipfel erreichen und beginnen zurück zu gehen wegen nicht ausreichender Reserven. Für diese Tatsache gibt es täglich neue Beweise. Zeitgleich werden wir den Gipfel des chinesischen Wirtschaftswachstums sehen. Beide Ereignisse werden also zusammentreffen: Die Explosion des Wachstums der chinesischen Nachfrage und der Rückgang der Ölproduktion der Nicht-Opec Staaten. Wird unser Ölsystem in der Lage sein, dieser Herausforderung zu begegnen, das ist die Frage" go

Auf die Frage, ob er glaubt, dass die Regierungen dieser Welt diesem Problem die nötige Aufmerksamkeit schenken, antwortet Birol:

„Unglücklicherweise gibt es viele Worte und wenig Handlungen. Ich hoffe wirklich, dass die Öl verbrauchenden Länder den Ernst der Situation verstehen und sehr starke und radikale politische Maßnahmen ergreifen werden, um das Nachfragewachstum zu verlangsamen.“ go

Auf die Frage, ob es Gründe für eine böse Überraschung bezüglich der Reservestatistiken von Saudi Arabien und Irak gibt, antwortet Birol:

„Ich verstehe, dass die saudische Regierung von Reserven in Höhe von 230 Milliarden Barrel spricht. Ich habe keinen offiziellen Grund daran nicht zu glauben. Dennoch, Saudi Arabien wie auch andere ölproduzierende Länder und internationale Firmen sollten transparenter sein bei der Veröffentlichung ihrer Zahlen. Öl ist ein sehr entscheidendes Gut für uns alle und wir haben das Recht zu erfahren, wie viel Öl nach internationalen Standards noch übrig ist.“ go

Auf die Frage, was aus den großen privaten Ölfirmen wie Exxon, Shell, Total und BP werden wird angesichts der zunehmenden Bedeutung der Kartelle der Ölproduzierenden Länder, antwortet Birol:

„Diese „Majors“ werden in Schwierigkeiten sein. Sie werden keinen Zugang mehr zu neuen Produktionskapazitäten haben. Sie müssen ihre Strategien neu definieren. Wenn sie auf Öl konzentriert bleiben, müssen sie sich mit Nischenmärkten begnügen.“ go

Auf die Rückfrage ob er damit sagt, dass diese Ölfirmen nicht mehr lange „Majors“ bleiben werden, fügt er hinzu:

„Dies ist was ich sage“ go

OPEC: Biokraftstoffe lassen den Ölpreis steigen
ASPO Deutschland, Blandow, 10. Juli 2007: Kurz vor einem Treffen der acht wichtigsten Industriestaaten Anfang Juni zum Thema „Klimaschutz“ sprach die OPEC durch ihren Generalsekretär Abdalla El-Badri in der Financial Times (vom 6. Juni) die Warnung aus, dass der Ölpreis durch die Decke gehen könnte sollten die G8 Staaten weiter auf Biokraftstoffe als alternative Energiequelle setzen.

Demnach würden die Mitglieder des Kartells bereits darüber nachdenken, die Investitionen in die Erschließung neuer Produktionsstandorte zurück zu fahren. Vor dem Hintergrund der Ankündigungen der USA und Europas verstärkt auf Biokraftstoffe zu setzen, wies El-Badri darauf hin, dass diese Strategien mittelfristig nicht nachhaltig seien, weil es eine direkte Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion gebe. Biokraftstoffe seien die Ursache für den stärksten Anstieg der Nahrungsmittelpreise in 30 Jahren. El-Badri sieht die Gefahr, dass es weder genug Biokraftstoffe noch zusätzliche Produktionskapazitäten für Öl geben werde und dann der Ölpreis durch die Decke gehen werde und deshalb die Biokraftstoffstrategie nach hinten losgehen könnte.

Die OPEC plane bis 2012 Investitionen von 130 Milliarden Dollar, um die Förderkapazität von heute 35,7 Millionen Barrel/Tag auf 39,7 Millionen Barrel/Tag (ohne Irak) anzuheben. Die Pläne, weitere 500 Milliarden Dollar im Zeitraum 2013 bis 2020 zu investieren, könnten angesichts der Biokraftstoffstrategien geändert werden. „Wenn wir keine gesicherte Nachfrage erkennen können, könnten wir langfristig unsere Investitionspläne überdenken“ sagte El-Badri.

Stellt man die Äußerungen von El-Badri und die von Fatih Birol (siehe voriger Artikel) nebeneinander, mag man sich die Frage stellen, wie das zusammenpasst und warum die OPEC diesen Kommentar gerade jetzt abgibt. Auf jeden Fall ist es für die nächsten Jahre eine weitere „gute“ Begründung warum die Förderung nicht ausgeweitet werden konnte.

OPEC World Oil Outlook
ASPO Deutschland, Zittel, 16.07.2007: Ende Juni wurde der OPEC World Oil Outlook 2007 veröffentlicht (www.opec.org). Im Fazit des Berichts geht die OPEC davon aus, dass bis zum Jahr 2010 OPEC Öl um etwa eine Million Barrel pro Tag weniger nachgefragt wird. Als Grund sieht die OPEC die Ausweitung der Ölproduktion in den OECD Staaten vor allem aus "Natural Gas Liquids" (NGL) und Biokraftstoffen.

Zusammen mit steigender Ölproduktion außerhalb der OPEC-Staaten würde damit eine Zusätzliche Ölmenge von etwa 5 Millionen Barrel pro Tag auf den Markt kommen. "Dies läßt wenig Raum für zusätzliches OPEC-Öl" heisst es in der Executive Summary des OPEC Berichts. Somit bleibt es der eigenen Interpretation überlassen, ob dies der OPEC als Begründung dient die Förderung in den nächsten Jahren freiwillig zu reduzieren oder ob sie durch geologische Restriktionen dazu gezwungen wird. Auf jeden Fall widerspricht die Darstellung der OPEC den Äußerungen der IEA, wonach der Markt in den kommenden Jahren jedes verfügbare Barrel Öl benötigen wird.
 
aus der Diskussion: PETROSTAR PETROLEUM ---- Unentdeckter Ölexplorer
Autor (Datum des Eintrages): algenrepublik  (04.09.10 11:38:10)
Beitrag: 2,067 von 2,279 (ID:40100284)
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