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Strom aus der U-Bahn

13.09.10 – Kevin Bullis


Schlagwörter: Smart Grid, Akku, Energiespeicher, Nahverkehr
U-Bahn der Market-Frankford-Linie in Philadelphia.

Der städtische Verkehrsbetrieb in Philadelphia will mit Hilfe der Bremsenergie seiner Züge Strom sparen und zugleich eine halbe Million Dollar im Jahr verdienen.

Die zuweilen hektische Suche nach neuen Energiequellen macht erfinderisch: Die Southeasten Pennsylvania Transportation Authority (SEPTA) will die gute alte U-Bahn anzapfen. In einem Pilotversuch installiert die SEPTA in ihrem U-Bahn-Netz eine intelligente Netztechnologie, die ihre Stromkosten um bis zu 40 Prozent senken könnte. Der Clou daran ist ein leistungsfähiger Akku in einem der Bahnhöfe, der die in Elektrizität umgewandelte Bremsenergie der Züge speichert. Die wird dann beim Anfahren wieder an die Züge zurückübertragen, um die Beschleunigung zu unterstützen.

Das verringert nicht nur die Stromproduktion für das U-Bahn-Netz andernorts – überschüssige Energie könnte sogar ins Stromnetz der Stadt eingespeist werden. Sollte die Technologie in allen 38 Bahnhöfen in Philadelphia installiert werden, könnte die SEPTA pro Jahr zusätzliche Einnahmen von einer halben Million Dollar verbuchen. Das Projekt zeigt, wie finanziell klamme öffentliche Verkehrsbetriebe vom Aufbau intelligenter Stromnetze profitieren könnten.

Ähnlich wie in den Antrieben von Hybridautos wird beim Bremsen die kinetische Energie von U-Bahnen mittels Generatoren an den Rädern in Elektrizität verwandelt. Ohne den Stationsakku könne sie aber nur an einen anderen Zug übertragen werden, wenn der zur selben Zeit anfahre, sagt Laurie Actman von der IT-Firma Viridity Energy, die für die SEPTA die Steuersoftware entwickelt. Ansonsten gehe die Energiemenge verloren. Mit der Batterie kann diese Effizienzlücke geschlossen werden.

Die Unterstützung des städtischen Stromnetzes könnte sich aber als die wichtigere Anwendung des Systems erweisen. Netzbetreiber müssen die Stromproduktion kontinuierlich der schwankenden Nachfrage anpassen. Gewöhnlich lösen sie das Problem, in dem einige Kraftwerke mit gedrosselter Leistung laufen, um bei anziehender Nachfrage – auf ein kurzfristiges Signal hin – die Leistung und damit die Strommenge hochzufahren. Nachfragespitzen können aber mitunter innerhalb von wenigen Sekunden auftreten – zu schnell für die Steuerung von herkömmlichen Kraftwerken.

Große Akkus könnten hingegen Strompulse „fast ohne jede Verzögerung“ abgeben, sagt Kevin Morelock, IT-Direktor bei Viridity Energy. Mehrere Energieversorger experimentieren bereits selbst mit Riesenakkus, um Schwankungen in der Stromversorgung auszugleichen und so Stromausfällen vorzubeugen.

Die Dienstleistung, solche kurzen Strompulse bereitzustellen, wird in der Branche als „Frequenzregulierung“ bezeichnet. Sind die Strompreise hoch – zum Beispiel an heißen Sommertagen, wenn Klimaanlagen viel Strom ziehen – ist es jedoch lukrativer, den Überschussstrom einfach selbst zu verkaufen statt ihn als Frequenzregulierung anzubieten.

In dem von der Pennsylvania Energy Development Authority mit 900.000 Dollar geförderten Pilotprojekt müssen die Ingenieure von SEPTA und Viridity nun die passende Batterietechnologie finden und eine leistungsfähige Software entwickeln. Der Akku müsse sehr schnell laden und entladen, und das einige hunderttausend Mal, sagt Morelock. Blei-Säure-Akkus sind zwar billig, halten aber nicht lange. Viridity evaluiert derzeit die leistungsfähigen Lithium-Ionen-Akkus, wie sie von AltairNano oder A123 Systems[/b] angeboten werden.

Die Software wiederum muss sowohl Daten aus dem SEPTA-Netz als auch von verschiedenen Strombörsen blitzschnell analysieren. Dann muss sie sofort entscheiden, was mit der überschüssigen Elektrizität geschieht: Soll sie in andere Züge, in die Frequenzregulierung des SEPTA-Netzes oder ins städtische Stromnetz eingespeist werden?

Viridity hat hierfür bereits Erfahrungen mit Software für das Gebäudemanagement gesammelt. Hier geht es darum, ob Strom aus Solarzellen ins Gebäude eingespeist oder der Verbrauch von Klimaanlagen und anderen Verbrauchsgeräten kurzfristig gedrosselt werden muss.

Mark Duvall vom Electric Power Research Institute in Palo Alto findet das Energiesparziel des SEPTA-Projekts „ehrgeizig“. Der Erfolg hänge von der gesamten Bremsenergie im U-Bahn-Netz und den Kosten für die Akkus ab, die in den kommenden Jahren noch billiger werden dürften. „Dass sie das angehen, ist aber eine gute Sache“, lobt Duvall die SEPTA. „Davon können andere Verkehrsbetriebe nur lernen.“
 
aus der Diskussion: A123 - Die Zukunft fährt elektrisch!
Autor (Datum des Eintrages): Moffit  (13.09.10 09:34:08)
Beitrag: 118 von 458 (ID:40139478)
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