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Können moderne Medikamente das Leben von Krebspatienten verlängern? Zwei Studien zu Avastin und Erbitux haben jetzt ergeben, dass die teuren Arzneimittel kaum nützen. Die Hersteller Merck und Roche erklärten, die Ergebnisse würden früheren Erkenntnissen widersprechen.

Mailand - Teuer und wirkungslos - diesen Vorwurf erheben Mediziner immer wieder gegen neue Medikamente. Jetzt haben zwei Studien den Nutzen der beiden Darmkrebs-Medikamente Erbitux von Merck und Avastin von Roche infrage gestellt. Die Ergebnisse sorgten am Sonntag in Mailand auf Europas größtem Krebskongress für Aufsehen unter Experten.



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Eine norwegische Studie zu Erbitux kommt zu dem Ergebnis, dass 566 Patienten, die mit dem Mittel plus einer Chemotherapie-Kur aus drei weiteren Medikamenten - der sogenannten Flox-Kur - behandelt wurden, weder länger lebten noch eine deutliche Besserung im Vergleich zu solchen Patienten zeigten, die allein mit Chemotherapie behandelt wurden. Der Nutzen von Erbitux war schon einmal infrage gestellt worden, als eine britische Studie mit Namen "COIN" 2009 ebenfalls keine positiven Effekte fand.

Eine Studie aus Griechenland mit 222 Patienten kam zum Ergebnis, dass es jenen Patienten, die mit Avastin und Chemotherapie behandelt wurden, sogar noch etwas schlechter ging als denen, die nur Chemotherapie erhielten. Allerdings war der Unterschied statistisch nicht signifikant. Zweifel an Avastin, das gegen Darm-, Brust-, Lungen- und Nierenkrebs eingesetzt wird, bestehen schon länger. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Baden-Württemberg bezeichnete das Krebsmittel im Mai als "ein marginal wirksames Medikament".

Komplexe Wirkmechanismen

Merck und Roche erklärten, die beiden neuen Studien stimmten nicht mit anderen klinischen Daten aus umfangreicheren Studien überein. Erbitux erzielte im Jahr 2009 weltweit einen Umsatz von 1,7 Milliarden Dollar. In Europa wird das Mittel von der Darmstädter Merck KGaA verkauft, auch für die US-Firmen Eli Lilly und Bristol-Meyers-Squibb ist es ein wichtiges Produkt. Mit Avastin, das zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt wird, setzte der Schweizer Roche-Konzern 2009 ungefähr sechs Milliarden Dollar um.

Experten auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für medizinische Onkologie (ESMO) erklärten, die jüngsten Ergebnisse zeigten, wie komplex neue Krebsmittel unter den jeweiligen Bedingungen vor Ort wirkten. In den beiden Studien können begleitende Faktoren einen Einfluss gehabt haben. So wurde in Norwegen die Flox-Kur angewandt, die außerhalb Skandinaviens unüblich ist.

Erbitux enthält monoklonale Antikörper, welche die Ausbreitung von Tumorzellen stoppen sollen. Avastin hemmt die Neubildung von Blutgefäßen (Angiogenese) - so verspricht es Hersteller Roche. Tumore benötigen für ihr schnelles Wachstum Sauerstoff und Nährstoffe. Um optimal damit versorgt zu werden, setzten sie einen Wachstumsfaktor frei, der die Bildung neuer Blutgefäßen hin zum Tumor hin anregt.
 
aus der Diskussion: Wo steht Medigene in einem Jahr??
Autor (Datum des Eintrages): Howkay  (14.10.10 14:19:04)
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