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Die gewagten Geschäfte des Herrn Jagdfeld
Er hat das Hotel Adlon wieder aufgebaut und Heiligendamm. Damit wurde Anno August Jagdfeld reich. Nur seine
Anleger nicht. Die warten auf ihr Geld und machen jetzt Ärger.
Von Nadine Oberhuber
Er verkauft Träume. Ganz große. Den Traum vom Luxus und von der Noblesse vergangener Zeit. Er ließ ein Stück
Tradition auferstehen und Anleger daran teilhaben, das war der Reiz. Anno August Jagdfeld hat das Berliner Hotel
Adlon am Brandenburger Tor wieder aufgebaut, das vielleicht das luxuriöseste Hotel Deutschlands ist, zumindest
das bekannteste. Das älteste deutsche Seebad Heiligendamm hat er wieder zur weißen Stadt am Meer gemacht,
die es mal war. Schicke Einkaufszentren in Hamburg und Berlin hat er gebaut. So erarbeitete sich Jagdfeld einen
Namen als Immobilienmogul, bekam sogar das Bundesverdienstkreuz - und machte ein Vermögen. Viele seiner
Anleger dagegen verloren ihr Geld.
Die großen Hotelnamen haben auch sie gereizt, denn sie sollten ja daran mitverdienen. So zeichneten 56 000
Käufer Anteile an den geschlossenen Immobilienfonds und steckten rund drei Milliarden Euro in die Fundus
Fondsgruppe. Nur ging die Rechnung für viele nicht auf. Selbst die Vorzeigehäuser Adlon und Heiligendamm
werfen derzeit für die Anleger kein Geld ab. Der Fondsgründer und seine Familie aber wurden reich. Deshalb
droht nun der Aufstand im Luxusland.
Es begann Anfang März im Adlon. Jagdfelds Fundus Fonds hatte zur Gesellschafterversammlung geladen, um den
Anlegern vor allem eines mitzuteilen: Die Pächter der Restaurants und der Wellnesszone auf der Südseite des
Hotels Adlon können ihre Miete nicht zahlen und bekommen daher die Pacht erstmal erlassen, für dieses und das
nächste Jahr. Es sind mehr als drei Millionen Euro, auf die Anleger verzichten sollen.
Das Pikante: Es geht nicht um den Hauptmieter des Hotels, den Hotelkonzern Kempinski, denn der zahlt treu
seine Miete, 12 Millionen Euro im Jahr. Dass die Anleger kein Geld sehen, liegt am zweiten Pächter: der Adlon
Holding. Das ist eine familieneigene Firma, ihr Chef ist Julius, Jagdfelds Sohn.
Die Zeiten seien schlecht, deshalb "hat man sich sachlich konstruktiv darauf verständigt, dass die Adlon Holding
keine Miete zahlen muss", sagt Fundus-Sprecher Christian Plöger. "Das werden Ihnen auch diejenigen sagen, die
bei der Versammlung waren."
Die sehen es allerdings anders. Vom Anlegeraufstand sprechen die einen, von einer Welle, die langsam ins Rollen
kommt, andere. "Bei Fundus passieren Sachen, da zieht's Ihnen die Schuhe aus", sagt Anlegeranwalt Peter Mattil.
Der hat schon viele Anleger von Fundus Fonds vertreten, denn die "Nummer 31", der Adlonfonds, ist nicht der
einzige, der Probleme hat: "Ich kenne keinen einzigen Fundus Fonds, der in irgendeiner Weise normal verlaufen
wäre."
Die jüngste Bilanz sieht so aus: FF19, Einkaufscenter Steilshoop - pleite, abgewickelt. FF27, das Bürohaus
Pyramide in Berlin - verkauft, für Anleger ein Totalverlust, sagt Mattil. FF29, die Gutenberg Galerie in Leipzig -
zwangsversteigert. In Heiligendamm warten die Anleger seit Anbeginn auf Ausschüttungen. "Wenn es Totalverlust
heißt, sprechen wir von drei Objekten von vielen", entgegnet der Fundus-Sprecher, "insgesamt kann sich unsere
Bilanz sehen lassen." Von den 36 Fonds, die Jagdfeld seit 1982 aufgelegt hat, so stellte der Branchendienst
Fondstelegramm 2006 fest, brachten bis 2002 lediglich sechs die prognostizierten Ausschüttungen. Neuere Zahlen
gebe es nicht - bis heute. Die erste und einzige Leistungsbilanz stammt von 2002, sagt Analyst Stefan Loipfinger,
"und die war eine Komplettkatastrophe."
Nun kann es bei jedem Unternehmer mal schlecht laufen, doch was Kritiker bei Fundus anprangern, ist das
"System Jagdfeld": "Er ist phänomenal im Geldverdienen", sagt Loipfinger, "nicht nur bei den Fondsgebühren,
sondern vor allem im Nachfeld hat er eine Phantasie, dass einem schwindlig wird."
Erst wenn ein Fonds läuft, geht es richtig los. "Es gibt eine abgestufte Kette von Beteiligungen, die kaum zu
durchschauen ist", sagt Rechtsanwalt Thomas Fritsch, der 248 Gesellschafter gegen Fundus vertritt und die
"Schutzgemeinschaft Adlon Anleger" gründete, "und am Ende der Kette taucht immer ein Name auf: Anno
August." Zuerst verdient Jagdfeld am Bau der Häuser. Den erledigt das Bauunternehmen Bredero, das auch zum
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Jagdfeld-Imperium gehört. Bredero kassiert enorme Summen für den Bau, oft ein Vielfaches dessen, was die
Immobilien später beim Verkauf bringen. Beispiel Gutenberg Galerie: Laut Fondsprospekt kassierte Bredero für
das Gebäude 50 Millionen Euro vom Fonds. Für 12,25 Millionen Euro ist es laut Presseberichten zwangsversteigert
worden.
Die Innenausstattung der Häuser besorgt wie beim Adlon und in Heiligendamm die Firma AMJ Design. Dass deren
Chefin Anne Maria Jagdfeld ist, seine Frau, ist kein Geheimnis. Wie viel sie dafür bekommt, dagegen schon. Das
zeige kein Prospekt, klagen Analysten, "da ist geprasst worden". Aus dem Fondsvermögen werden auch noch
Gebühren für Steuerberatung und Verwaltung bezahlt. All das erledigen Jagdfeld-Gesellschaften selbst, schließlich
ist er Steuerberater.
"Richtig lukrativ" aber sei das System durch das Treuhandmodell, sagt Anwalt Fritsch: Wer einem Fundus Fonds
beitrete, unterzeichne einen Vertrag, mit dem er seine Stimmrechte einem Treuhänder übertrage, wenn er selbst
nicht zur Gesellschafterversammlung reise - was die allerwenigsten tun. Und der Treuhänder ist, man ahnt es,
eine Jagdfeld-Gesellschaft.
Die winkt auf der Gesellschafterversammlung die Beschlüsse durch, die der Fundus-Chef gefasst hat - selbst
Kapitalerhöhungen und Mietverzicht, sagt Fritsch. "Ich bin alle Protokolle seit 1995 durchgegangen: Jagdfeld hatte
durch die Treuhand noch nie unter 60 Prozent der Stimmen. Er hat ein System geschaffen, mit dem er sich
absolut unangreifbar fühlt."
Noch. Denn der Gesetzgeber hat erkannt, dass so etwas passieren kann, wenn man geschlossene Fonds nicht
reguliert. Er will daher jetzt nachbessern. Fritschs Mandanten warten darauf nicht. Sie klagen, denn die
Gutsherrenart, mit der Jagdfeld Millionen verdient, aber die überschuldeten Immobilien verkauft und den
Anlegern lapidar mitteilt: "Nach Auszahlung des Kaufpreises ist die Gesellschaft vermögenslos", geht vielen gegen
den Strich. Bis vor den Bundesgerichtshof könnte es gehen, aber drei Milliardäre wollen sich das leisten. Es könnte
der Anfang vom Ende des Systems Jagdfeld sein.
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 04.04.2010, Nr. 13 / Seite 41
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aus der Diskussion: ADLON FF31 - Anno August Jagdfeld - 2009 Mietrückstände der ADLON Holding
Autor (Datum des Eintrages): alexmay  (05.11.10 18:11:38)
Beitrag: 117 von 132 (ID:40465469)
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