Fenster schließen  |  Fenster drucken

Nur zur Erinnerung. Das Interview ist vom 29.6.2001.


Auch die Aktien von Macropore waren in den vergangenen Tagen unter Druck geraten. Das in San Diego ansässige Unternehmen gilt auf dem Gebiet resorbierbarer Implantate schon jetzt als Technologieführer. Die Beteiligung an der Biotechschmiede StemSource, zur Einbeziehung von adulten Stammzellen in die Knochenheilung, könnte die Medizintechnik revolutionieren. Macropore-Finanzvorstand Air Bisimis stand unserer Redaktion in einem Interview Rede und Antwort.

Herr Bisimis, welche entscheidenden Vorteile bringen Ihre Produkte im Vergleich zu konkurrierenden?

Ari Bisimis: Im Gegensatz zu herkömmlichen Metallimplantaten, lösen sich alle MacroPore Implantate restlos im Körper auf und bieten damit lebenserleichternde Vorteile für den Patienten. Das Material, auf dem MacroPore Im-plantate basieren, ist einzigartig: Milchsäure, eine natürliche Substanz, die der menschliche Körper zum Beispiel bei Muskelbeanspruchung produziert und anschließend in Wasser und Kohlendioxid abbaut. In festem Zustand ist Milchsäure sehr stabil, kann aber durch einfaches Erhitzen in sterilem Wasser während der Operation formbar gemacht und somit jedem Patienten sehr schnell individuell angepasst werden. Dadurch, um auf die Vorteile zu sprechen zu kommen, entfällt sowohl ein zweiter chirurgischer Eingriff zur Entfernung von Metallteilen, als auch das Einbringen von körperfremden Substanzen und damit die Möglichkeit auf Abstoßreaktionen. Zudem wird eine
langfristige Behinderung im Kinderwachstum vermieden.

Welches Marktpotenzial haben diese Produkte?

Ari Bisimis: Die Produkte im Kraniofazial-Anwendungsgebiet haben ein Marktpotenzial von 250 Millionen US-Dollar, im Wirbelsäulen-Bereich 2,5 Milliarden US-Dollar und im Orthopädie-Bereich 3,5 Milliarden US-Dollar. Im Bereich der Stammzellen ist das Potenzial natürlich gewaltig, jedoch ist es heute etwas früh, darüber zu sprechen. Hier erwarten wir in den nächsten 12 bis 24 Monaten ein Produkt auf den Markt zu bringen.

Welche internationalen Unternehmen sehen Sie als direkte Konkurrenz zu Macropore?

Ari Bisimis: Hier sind alle grossen Orthopädieunterneh-men zu nennen. Johnson & Johnson, Stryker, Sulzer, Synthes Stratec – alle arbeiten sicherlich an resorbierbaren Produkten. Unser großer Vorteil ist unser Partner Medtronic und der Fakt, dass wir klar auf das größte Entwicklungs-und Produktions-Know-how zurückgreifen können. Wäre dies nicht so, wäre es auch sicherlich nicht zu der Kooperation mit Medtronic gekommen. Hier muss betont werden, dass wir mit über 150 Produk-ten und über 15.000 Operationen schon den klaren Erfolg dokumentiert haben. Das fehlende Element für unseren Durchbruch ist die Breite, und hier haben wir, um dies zu erreichen, die Nummer eins als Partner. Vor kurzem gaben Sie die Ergebnisse einer neuen Studie bekannt, die den Wert von MacroPore OS bei der Verminderung von Schmerzen an der Entnahmestelle bei Knochen-transplantationen demonstrierte.

Was war das genaue Ergebnis dieser Studie?

Ari Bisimis: Das Hauptziel dieser Studie bestand darin, die postoperativen Schmerzen an der Entnahmestelle bei Knochentransplantationen im Hüftbereich und die Lebensqualität
der Patienten einzustufen, die mit dem MacroPore Protective Sheet (OS) behandelt wurden. Dazu wurde das OS-Abdeckungsmaterial zur Wiederherstellung der Konturen und des Knochens über dem Defekt angebracht; innerhalb dessen wurden allerdings keine weiteren Materialien verwendet. Um einen Vergleich anstellen zu können, bediente man sich einer Kontrollgruppe, bei der keine Rekonstruktions-maßnahmen am Hüftknochen vorgenommen wurden. Die Studie zeigte, dass die mit MacroPore Protective Sheet be-handelten Patienten durchschnittlich 18 Tage lang, die Kontrollgruppe dagegen 64 Tage lang Schmerzen hatten. Das Spannende hierbei ist, dass weltweit über 1.000.000 dieser Knochenentnahmen pro Jahr durchgeführt werden. Da neben MacroPore OS keine andere Therapie existiert, ist die Frage berechtigt, ob ein Chirurg es sich erlauben kann bei solchen Ergebnissen MacroPore nicht anzuwenden. Schön für unsere Aktionäre ist, dass Macropore mit dem OS Produkt einen Markt von über 1 Milliarde US-Dollar neu kreiert hat.

Anfang dieses Monats haben Sie eine 12-prozentige Beteiligung an dem Biotechunternehmen StemSource bekannt gegeben. Welche Synergieeffekte erwarten Sie sich als Medizintechnikunternehmen von diesem Schritt?

Ari Bisimis: Wir glauben, dass dem Knochendefekt hin-zugefügte adulte Stammzellen aktive Unterstützung beim Knochenwachstum leisten und somit kontrolliert werden kann, wie lange der Knochenheilungsprozess dauert. Um die Aktivität der Stammzellen im Knochenheilungsprozess zu erforschen, haben MacroPore und StemSource bereits präklinische Studien begonnen. Darüber hinaus passt die von StemSource entwickelte und patentierte Stammzellen-Technologie ideal zur MacroPore Technologie, da das gewonnene Gewebe vom selben Patienten stammt und daher keine Abstossungsrisiken hervorgerufen werden. Als typische Anwendung kann hier das Beispiel eines älteren Patienten mit einer Knochenfraktur angebracht werden. Bei älteren Patienten heilen Brüche oft schlecht oder gar nicht. Wir glauben, dass der Grund hierfür eine zu ge-ringe
Menge an vorhandenen Stammzellen ist (bei Neugegeborenen ist 1 von 10.000 Zellen eine Stammzelle, bei älteren Menschen ist es lediglich 1 in 2.000.000 Zellen). Mit Hilfe der StemSource Technologie kann in der gleichen Operation aus einer unproblematischen Fettabsaugung innerhalb einer Stunde eine grosse Menge Stammzellen isoliert und an der Fraktur plaziert werden. Sollten wir zeigen können, dass unsere Technologie funktioniert –und davon sind wir sehr überzeugt – kann es sich kein Arzt erlauben diese Technologie nicht anzuwenden.

Wie steht es um die Kriegskasse der Macropore Inc.?
Bislang haben Sie sich ja in Sachen Beteiligungen und Akquisitionen eher zurück gehalten …

Ari Bisimis: Unsere Kriegskasse ist mit über 40 Millionen US-Dollar sehr gut ausgestattet. Wir haben uns diverse potenzielle Beteiligungen und Partnerschaften angeschaut und werden dies auch weiterhin tun. Es ist jedoch so, dass wir nur dann investieren, wenn wir absolut überzeugt sind, dass wir hier einen Mehrwert generieren. So wie zum Beispiel bei StemSource – diese Partnerschaft wird uns zu einem führenden Player in Tissue Engineering machen und passt 100-prozentig zu unserem Geschäftsfeld. StemSource bringt die Stammzellen, MacroPore bringt das Knochen-Knowhow und den Vertriebspartner.

Kritiker warfen Ihnen in der Vergangenheit eine gewisse Abhängigkeit von Ihrem Vertriebspartner Medtronic vor. Auf der anderen Seite kursieren am Markt Gerüchte, Sie hätten schon zwei weitere Asse im Ärmel …

Ari Bisimis: Eine gewisse Abhängigkeit kann man nicht bestreiten. Auf der anderen Seite steht natürlich das Potenzial. Den Marktführer mit der größten Salesforce, 600 Millionen US-Dollar Umsatz allein mit Wirbelsäulenimplantaten und 20-prozentigem Wachstum habe ich lieber als Partner anstatt als Konkurrenten. Hinzu kommt, dass wir diverse Strategien implementiert haben, um diese Abhängigkeit zu minimieren und es stimmt, dass wir mit global führenden Orthopädieunternehmen über potenzielle Partnerschaften sprechen. Wir werden unsere Aktionäre zeitnah über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

Kommen wir auf die Planzahlen zu sprechen: Während Sie für dieses Geschäftsjahr noch mit einem Verlust je Aktie von circa 0,82 Euro rechnen, wollen Sie mit einem Gewinn je Aktie von circa 0,75 Euro im nächsten Jahr schon den Break-even schaffen. Ist dieses Ziel nicht recht ambitioniert?

Ari Bisimis: Ehrlich gesagt nicht. Wir arbeiten zur Zeit an vier konkreten Projekten, die jeweils isoliert betrachtet für die Planzahlen der nächsten Jahre verantwortlich sein können. Stammzellen mit ihrem gewaltigen Potenzial sind hier nicht berücksichtigt! Insofern betrachte ich unsere Planzahlen als gesichert. Es muss natürlich ganz klar gesehen werden, dass wir im Timing ein Risiko haben. Neu eingeführte Produkte müssen erst einmal am Patienten eine gewisse Historie beweisen, bevor die breite Masse der Ärzte ein Produkt akzeptiert. Dies kann 3 bis 12 Monate dauern, je nachdem, wie die Resultate aussehen und wieviele Studien benötigt werden.

Wo sehen Sie den fairen Wert Ihrer Aktie?

Ari Bisimis: Wir wollen im nächsten Jahr circa 10 Millionen US-Dollar und in 2003 circa 20 Millionen US-Dollar verdienen. Ich wäre mit einem KGV zwischen 25 und 50 – bei einem geplanten Wachstum von über 100 Prozent – sicherlich
nicht unangemessen zufrieden. Dies würde über die Fantasie der Zukunftstechnologien wie Stammzellen immer noch einen Einstieg rechtfertigen.
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen weiterhin viel Erfolg!

Fazit: Wir sehen Macropore noch am Anfang einer erfolgreichen Entwicklung. Gerade die Forschungen mit StemSource verleihen dem Unternehmen große Kursfantasie. Aktuell befand beziehungsweise befindet sich das Unternehmen
auf RoadShow. Einige institutionelle Investoren sollen bereits Interesse gezeigt haben. Auch Merrill Lynch soll in “Lauerstellung” liegen, und über eine Engagement in den Wert nachdenken.
 
aus der Diskussion: Macropore: Stammzellen für die Knochenheilung
Autor (Datum des Eintrages): Tandil  (03.08.01 13:36:34)
Beitrag: 14 von 66 (ID:4121339)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE