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D R E S D N E R B A N K

Knatsch um Crash-Prognose

Hat ein Analyst des Finanzkonzerns wirklich eine Crash-Warnung
ausgesprochen? Die Bank dementiert.

Hamburg - Ein Zeitungsartikel sorgt für Wirbel an der Börse. Am
Dienstag-Morgen hatte "Die Welt" berichtet, der globale Chefstratege bei
Dresdner Kleinwort Wasserstein, Albert Edwards, habe für die kommende
Woche einen Crash an der Wall Street prophezeit. Die Meldung sorgte für
erhebliche Unruhe. Nachdem die Prognose den ganzen Tag über heftig
diskutiert worden war, sah sich die Bank am Abend zu einer Stellungnahme
veranlasst. Tenor: Edwards sei falsch zitiert worden.
Wörtlich heißt es in der Mitteilung des Investmenthauses: "Unsere Bank
sagt ihren Kunden nicht, dass wir einen Crash von 20 Prozent in der
nächsten Woche vorhersagen. Wir haben keinen 20-prozentigen Einbruch
an den Märkten vorher gesagt. Es gab kein Statement von uns, dass wir
einen Crash prognostizieren." Insofern sei die Aussage des Artikels falsch.

Diesen Vorwurf allerdings weist der Verfasser des inkriminierten Berichtes
entschieden zurück. "Welt"-Redakteur Holger Zschäpitz gegenüber
manager-magazin.de: "Dieses Dementi geht völlig an der Sache vorbei. Ich
habe nie behauptet, die Bank habe ihren Kunden gesagt, dass sie einen
`Crash von 20 Prozent` vorhersagt. Daher erübrigt sich diese
Richtigstellung. Ich habe lediglich die Äusserungen Albert Edwards`
widergegeben , und diese Zitate sind absolut korrekt."

Nach Darstellung des Redakteurs stützt sich sein Artikel im wesentlichen
auf ein Begleitschreiben, das Edwards einer Studie beigefügt hatte. Sie
befasst sich mit den am 7. August zur Veröffentlichung anstehenden
US-Produktivitätskennziffern ex agrar.

Eine neue Berechnungsmethode, so die Kernaussage des Textes, werde zu
dem erschreckenden Resultat führen, dass es doch nicht so weit her ist mit
dem amerikanischen Produktivitätswunder. Das Potenzialwachstum, in dem
die Wirtschaft zulegen könne, ohne eine Inflation zu produzieren, werde
nicht wie bisher angenommen bei 3,5 Prozent liegen, sagte Edwards. "Es
dürfte nur 2,5 Prozent ausmachen."

Die zu erwartende Revision bestehenden Zeitreihe kommentierte Edwards
mit den Worten: "Das `Neue Paradigma` der USA wird an diesem Tag
offiziell wegrevidiert. Das Risiko eines Wertpapiercrashs ist hoch."

Zschäpitz dazu: "Das Entscheidende war das interne Begleitschreiben, das
der Studie beilag. In diesem Brief, der unserer Redaktion schwarz auf
weiss vorliegt, bringt Edwards klar zum Ausdruck, dass seiner Meinung
nach ein Crash zu erwarten ist." Dafür spricht die Schlussfloskel, mit der
das Schreiben endete. Edwards, so Holger Zschäpitz, verabschiedete sich
nach seiner düsteren Prognose mit den Worten: "Good Night".

Fachleute schliessen inzwischen nicht mehr aus, dass es sich bei der
Angelegenheit um ein Missverständnis ganz besonderer Art handelt. Albert
Edwards ist für seinen eigenwilligen Humor bekannt. 1996 taufte er in einer
Länderstudie die Wirtschaftspolitik des malaysischen Ministerpräsidenten
Mohamad Mahathir in "Noddy-nomics" um - in Anspielung auf eine
britische Cartoon-Figur der prä-Tele-Tubby-Ära.

Dieser Scherz kam bei den Betroffenen gar nicht gut an. Die Malaysier
waren außerordentlich ungehalten und drohten hinter den Kulissen mit
Konsequenzen. Dresdner Kleinwort Benson musste schließlich sämtliche
Kopien der Studie aus dem Verkehr ziehen und vernichten.

Clemens von Frentz

Quelle: http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,148457,00.…

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aus der Diskussion: Knatsch um die Crash-Prognose
Autor (Datum des Eintrages): cyberkai99  (03.08.01 22:12:32)
Beitrag: 1 von 2 (ID:4127303)
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