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In der aufgeheizten Debatte um die Rettung der Griechen aus dem Schuldensumpf geht Bundeskanzlerin Merkel mit neuen Vorschlägen an die Öffentlichkeit. Bei einer CDU-Veranstaltung in Meschede fordert sie Griechenland, Spanien und Portugal dazu auf, die Lebensarbeitszeit ihrer Bürger an deutsche Maßstäbe anzupassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Ton gegenüber Euro-Schuldensündern wie Griechenland verschärft und längere Lebensarbeitszeiten gefordert. Auf einer Parteiveranstaltung im nordrhein-westfälischen Meschede kritisierte sie auch die Urlaubsregelungen in den betreffenden Ländern. "Wir können nicht eine Währung haben, und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig", sagte sie.

Es gehe nicht nur darum, keine Schulden zu machen. "Es geht auch darum, dass man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch ein wenig gleich anstrengen - das ist wichtig."
"Ja, Deutschland hilft, aber ..."

Bislang sei der Euro sehr stabil, sagte Merkel auf der Parteiveranstaltung. "Aber die Wahrheit ist auch: Wenn wir nicht aufpassen, wird das in der Zukunft anders und deshalb müssen sich alle Staaten daran halten, dass solides Wirtschaften die Grundlage unseres Handelns ist."

Einige Länder hätten sich nicht an die Regeln für den Euro gehalten. "Wir können nicht einfach solidarisch sein und sagen, diese Länder sollen mal einfach so weiter machen wie bisher, sondern alle müssen sich an die Regeln halten", sagte die Kanzlerin. "Ja, Deutschland hilft, aber Deutschland hilft nur dann, wenn sich die anderen wirklich anstrengen, und das muss nachgewiesen werden."

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) schickte eine Warnung an die Adresse der Regierung in Athen: Deren Programm zur Rettung der Finanzen könne "aus der Spur geraten", sollte das Land seine Sparbemühungen nicht verstärken.
Schäuble gegen Transferunion

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnte eine Transferunion zulasten starker Mitgliedstaaten ab. "Die Wirtschafts- und Währungsunion wurde nicht dafür geschaffen, ein Umverteilungssystem von reichen zu armen Mitgliedstaaten zu sein", sagte er in Brüssel bei einer Wirtschaftstagung der EU-Kommission.

Griechenland war vor einem Jahr das erste Euroland, das mit Milliardenkrediten vor der Pleite gerettet werden musste. Die Risikoprämien für langfristige Anleihen Athens liegen heute aber sogar deutlich höher als vor einem Jahr.

Vielen erscheint Griechenland zunehmend als ein "Fass ohne Boden". Vor diesem Hintergrund wächst in den Regierungszentralen der finanzstarken Euro-Länder die Sorge um ein Anwachsen antieuropäischer Tendenzen.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Tonfall gegenüber den europäischen Schuldenstaaten deutlich verschärft. Verschiedene Vertreter der Eurozone kritisieren mangelnde Fortschritte bei der Sanierung der Staatsfinanzen - Forderungen nach umfassenden Privatisierungen und einem strengeren Sparkurs werden immer lauter.
"Umschuldung light" reicht nicht

Auch unter Volkswirten wächst das Lager der Befürworter radikaler Schritte. Die sich abzeichnende "sanfte" Umschuldung Griechenlands, bei der die Laufzeiten für die bestehenden Hilfskredite gestreckt würden, reicht nach Ansicht des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Thomas Mayer, bei weitem nicht aus. "Laufzeitverlängerungen sind erst der Anfang, aber damit kommt man nicht hin", sagte Mayer bei der Wirtschaftstagung der EU-Kommission "Brussels Economic Forum" in Brüssel. "Wir brauchen einen Schuldenschnitt."

In der EU ist jedoch selbst der Weg einer "sanften" Umschuldung - wie längere Laufzeiten und Zinsermäßigung - umstritten. Beim Treffen der europäischen Finanzminister hatte zuvor lediglich Einigkeit bestanden, dass Athen mehr sparen und Staatseigentum verkaufen muss.

Ökonom Mayer geht davon aus, dass etwa die Hälfte aller Verbindlichkeiten Griechenlands gestrichen werden müssen, damit Athen wieder auf die Füße kommt. Auf diese Weise könnte das Land seine Schuldenlast von 330 Mrd. Euro auf einen Schlag reduzieren. Bereits im Mai 2010 war Griechenland mit einem Hilfspaket von 110 Mrd. Euro vor der Pleite gerettet worden, nun sind weitere Gelder im Gespräch.

"Hair Cut" vor 2013?

Nach Ansicht des Chefvolkswirtes drängt die Zeit. "Die Umschuldung dürfte schon vor 2013 passieren. Ich nehme an, dass Griechenland nicht der Houdini-Zaubertrick gelingt und es sich nicht unter Wasser von seinen Fesseln befreien kann. Dann reichen die Kredite nicht."

Die Folgen einer solchen Umschuldung sind laut Mayer verkraftbar - allerdings müsse man Vorkehrungen treffen, um keine neue Finanzkrise auszulösen. Denn bei einem Schuldenausfall verlieren Banken, Versicherungen, aber auch die Europäische Zentralbank (EZB) Milliarden. "Bei einem Schuldenschnitt müsste man eine Auffanglösung für die Banken in den betroffenen Ländern gleich mitkonzipieren."

Auch deutsche Banken halten griechische Anleihen, allein die Deutsche Bank 1,6 Mrd. Euro. "Für das deutsche Bankensystem insgesamt wäre eine Umschuldung verkraftbar", sagte Mayer. "Aber für die einzelnen Banken kann es problematisch sein, weil die Risiken nicht gleichmäßig verteilt sind." So könnte die angeschlagene Hypo Real Estate (HRE) erneut staatliche Hilfe benötigen.

Meyer: Der Euro hält

Von der Privatisierung griechischen Staatseigentums, wie die EU-Länder es fordern, erhofft sich der Chefvolkswirt wenig. "Der Privatisierungsdruck macht nicht viel Sinn, das wird haken." So könne man zum Beispiel in Griechenland keine Immobilien erwerben, weil es keine zuverlässigen Grundbücher gebe. Viele Einnahmen von Telekom- und Elektrizitätsunternehmen habe der Staat bereits im Voraus verkauft.

Eine lebensbedrohliche Krise für den Euro sieht Mayer wegen der Turbulenzen nicht. Bislang erhalten drei Länder - Griechenland, Irland und Portugal - internationale Hilfe von den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). "Keines der Länder ist so groß, dass sie den Euro umfallen lassen würden." Allerdings warnt der Ökonom vor den politischen Folgen. "Die Haftungsgemeinschaft für den Euro entfernt Europa noch weiter vom Bürger. Auf diese Weise macht man die EU herzkrank." Das gebe radikalen Parteien Vorschub.

Quelle:
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Suedeuropa-soll-laenger-arbeit…
 
aus der Diskussion: Neue Ideen zur Rettung des Euro / Südeuropa soll länger arbeiten
Autor (Datum des Eintrages): buchi1971  (18.05.11 14:47:59)
Beitrag: 1 von 32 (ID:41520602)
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