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Zitat von Inspectore: Ich habe mal zwei Fragen, da ich selbst nicht wirklich durchsehe. Im 3.Quartalsbericht stand doch drin, dass die Core-Tier-1-Quote zum 30. September 2011 bei 9,4 % lag. Damit ist doch die EBA-Forderung erfüllt, wenn heute Mitte 2012 wäre. Wie kann denn schon jetzt klar sein, dass der Bank in einem halben Jahr plötzlich dazu knapp 3 Mrd fehlen sollen. Un die zweite Frage ist, stimmt es das der Verkaufserlös des Silberturms der Dresdner Bank erst im 4.Quartal zu Buche schlägt? Vielen Dank schon mal für die Meinungen.

Da Du bis heute noch keine konkrete Antwort auf Deine Frage erhalten hast (was mich bei den „Spezialisten“ hier nicht weiter wundert), versuche ich es mal, das dem Forum etwas näher zu bringen - obgleich ich bezweifle, dass es dem Gros der Nutzer hier etwas an Erkenntnis bringen wird.

Da das Thema "Kapitalbedarf" (bei allen Firmen, aber bei Banken noch viel mehr) sehr komplex und eigentlich ohne wirklich fundamentale Kenntnisse von BWL nicht zu beleuchten ist, sei es mir von den wenigen hier lesenden Fachleuten nachgesehen, dass ich die Erläuterungen auf ein "Sandkasten-Niveau" bringe - ansonsten wird das hier sowieso nicht verstanden. Wer (etwas) mehr dazu wissen möchte, schaue z.B. mal hier, hier oder suche selbst nach anderen als geeignet erscheinenden Quellen.


Stelle Dir also das folgende Szenario vor:
1. Du schaust in Deine Kasse/ Dein Portemonaie und findest dort 400,- € vor, auf Deinem Konto sind noch 1.600,- € - zusammen also 2.000,- € an sofort verfügbarem Geld.
2. In Deinem Depot hast Du Staatsanleihen/ Bundesschatzbriefe für 10.000,- € (Wert/ Valuta von gestern).
3. Du hast "Otto Meier" 8.000,- € geliehen.

Dann machst Du heute einen Kassensturz und rechnest aus, dass Du eigentlich 20.000,- € hast - das jedoch nur unter der Annahme, dass "Otto Meier" zahlungsfähig und der Wert der Staatsanleihen stabil bleibt. Dein sofort verfügbares Geld beläuft sich mit Stand von heute also auf 10% (Kasse + Konto) Deines Gesamtkapitals. Im übertragenen Sinn ist das der Kern der Forderung an die Banken: nämlich künftig für neun Prozent des Risikogeschäfts (von Krediten bis zu Staatsanleihen mit schlechten Ratings) Eigenkapital vorzuhalten.

Aber wie so oft im Leben: wenn's kommt, dann kommt alles auf einmal - nämlich dass (gleichgültig aus welchen Gründen) die Staatsanleihen heute plötzlich nur noch mit 90% des Nominalwertes gehandelt werden und zudem beichtet Dir "Otto Meier", dass er arbeitlos geworden ist und seine Rückzahlung an Dich nicht mehr fortsetzen kann. Aber er verspricht Dir, alles was er an zukünftigen Einnahmen 'über' hat, Dir zurück zu geben, um seine Schulden zu begleichen.
Was Dir jedoch erst jetzt zu Ohren kommt ist die Tatsache, dass "Otto Meier" sich nicht nur bei Dir Geld geliehen hat, sondern auch bei anderen Kumpels. Werthaltiges Vermögen wie eine Immobilie oder ein Kfz. besitzt er nicht - also: nichts zu pfänden und Du kannst Dir Deine 8.000,- € „in den Wind schreiben“.
Als Privatmann könntest Du Dir sagen: "Och, ich warte - vielleicht bekommt "Otto Meier" nächstes Jahr wieder ein Job ...". Als Bank darfst Du so aber nicht rechnen, sondern musst das als Verlust im Jahr des Ausfalls "abschreiben" (im besten Fall auch nur zu einem Teil).
Aber selbst als Privatmann ist das nicht so ganz einfach, weil Du Dir z.B. vorgestern erst ein neues Auto für 12.000,- € bestellt hast, da Du ja "wusstest", dass Du mehr Geld hast, als der PKW kostet. Nun bricht Dir aber - wie geschildert - Deine Kapitaldecke zusammen und Du musst zusehen, wie Du Deinen Vertrag aus dem Autokauf erfüllen kannst ...
Kasse + Konto = 2.000,- € bleiben und Deine Anleihen mit 90% haben jetzt nur noch 9.000,- € Wert; Summe also 11.000,- €). Hier kannst Du Deinen Kapitalbedarf bis zur Lieferung des Wagens im halben Jahr mit 1.000,- € leicht "schätzen". Was aber ist, wenn Deine Anleihen zum Liefertermin Deines bestellten Autos nur noch 80% oder 70% Wert haben? Also jetzt mit einem Verlust von „nur“ 10% verkaufen? Die auch hier im Forum gängige/ vorrangige Meinung ist doch die: „weshalb verkauft 'der Blessing' den Mist jetzt mit Verlust??? Der spinnt doch!“ oder auch die hier schon häufiger gelesene Aussage: „was fällt, steigt auch wieder – also jetzt bloß nicht verkaufen ...“. Naja ...

Doch zurück zum eigentlichen Beispiel: den "System relevanten" Banken wird vorgeschrieben, 9% des Kapitals vorzuhalten. Im Falle der CoBa waren es zum Zeitpunkt des Q3-Berichtes sogar mehr, als die vorgeschriebene Quote (ähnlich dem Beispiel von oben mit 10%) - also alles im grünen Bereich? Bei weitem nicht!
Im Falle der CoBa sind einige der gehaltenen Anleihen heute zwar noch mit den aus dem Beispiel von 90% (als Mischkalkulation) bewertet, aber es gilt als sicher, dass (Staats-) Anleihen weiter an Wert verlieren. Ebenso ist fraglich, ob Griechenland (im Beispiel von oben der "Otto Meier") denn die restlichen ~50% wird bedienen können - und ob die Raten regelmäßig kommen.
Also ist die Deckungsquote mit "heute noch >9%“ für die Zukunft keinesfalls gesichert – oder wie hier schon mehrfach gelesen (so auch von Dir): „Was wollt Ihr denn ... die CoBa hat die Quote doch bereits“ ist nichts als Unsinn, da nicht das Heute zählt, sondern der Stichtag in der Zukunft liegt.
Und da bei der CoBa - und nur darüber reden wir ja hier - noch weitere Baustellen im Argen liegen, die nicht nur kein neues Kapital in die Kassen spülen (Tochter Eurohypo weitet Verluste aus, Conergy geht baden, neue Kredite, die Zinseinnahmen bringen würden, werden nicht mehr vergeben, der Rest der stillen Einlage des SoFFin muss bedient werden, und vieles andere mehr), sondern im Gegenteil noch weiteres Kapital verbrannt wird, schmilzt diese aktuelle "Deckung" zusammen und von den im Beispiel genannten 2.000,- € (als frei verfügbares Geld) wird die geforderte Sicherung in Höhe von mindestens 9% eben im halben Jahr nicht mehr ausreichen.
Die EBA hatte diesen zusätzlichen Bedarf im September/ Oktober mit 2,9 Mrd. € angenommen (oder nur verlautbaren lassen und in Wirklichkeit viel höher eingeschätzt?). Die CoBa hatte diesen Betrag – leider ohne eigene Recherchen!?!? – in ihren letzten Quartalsbericht stumpf übernommen. Wie ich am 17.10.2011 im Beitrag # 49715 (Link zum Beitrag) oder auch am 08.11.2011 im Beitrag # 53574 (Link zum Beitrag) schon schrieb, erscheint mir der Betrag als viel zu gering und ich erwarte bei einer der nächsten Veröffentlichungen der EBA oder der CoBa, dass sich deren Höhe meiner Schätzung deutlich annähern wird.

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aus der Diskussion: Commerzbank ---> Ziel 40 € !!!!!!
Autor (Datum des Eintrages): Semmel_1  (21.11.11 08:33:56)
Beitrag: 55,868 von 177,511 (ID:42376606)
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