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[posting]42622334[/posting]US-Steuerstreit zwingt Traditionsbank Wegelin zu Verkauf
Freitag, 27. Januar 2012, 19:09 Uhr
Die älteste Schweizer Bank hat im Steuerstreit mit den USA die Waffen gestreckt.
Die St. Galler Bank Wegelin, der das amerikanische Justizministerium Beihilfe zu Steuerhinterziehung vorwirft, verkauft den größten Teil ihres Geschäfts an die Schweizer Raiffeisen Banken. Einzig das US-Geschäft bleibt bei den bisherigen Teilhabern. Dem Namen nach bleibe die Bank "bis zur Abarbeitung noch bestehender US-Kunden" bestehen, teilte Wegelin am Freitag mit. Händler sprachen von einem Warnschuss vor den Bug der Schweizer Bankbranche.

Nach Ansicht der US-Justizbehörden haben Mitarbeiter der Bank reichen Amerikanern geholfen, mindestens 1,2 Milliarden Dollar vor der Steuer zu verstecken. Die Bank habe noch Steuersündern eine Zuflucht geboten, als in den USA in der gleichen Sache schon Ermittlungen gegen die Großbank UBS liefen - und Kunden übernommen, die die UBS nicht mehr haben wollte. Die Spitze der Bank war nach Ansicht der Amerikaner mit diesem Vorgehen einverstanden. Gegen die Bank selbst gibt es bisher keine Anzeige, im US-Justizministerium hieß es aber, rechtliche Schritte würden vorbereitet. Solche Klagen können die Existenz einer Bank bedrohen, da Geschäftspartner und Kunden abspringen. Bei Wegelin kommt hinzu, dass die Bank als Partnerschaft organisiert ist und die acht Partner mit dem Bankier Konrad Hummler an der Spitze mit ihrem gesamten Vermögen haften.

HUMMLER WILL KÄMPFEN

Hummler, der die einstige Mini-Bank in zwei Jahrzehnten zu einem Geldhaus mit 700 Mitarbeitern und knapp 25 Milliarden Franken Kundenvermögen machte, sieht nun sein Lebenswerk zerstört, wie er in einer Mitteilung erklärte. Die ungeheuer schwierige und existenzbedrohende Lage infolge der rechtlichen Auseinandersetzung mit den US-Behörden lasse aber keine andere Wahl als einen Verkauf unter höchstem Druck. In der Schweiz hat Hummler sich einen Namen als Verteidiger des Bankgeheimnisses gemacht. Es sei nicht Aufgabe einer Bank zu prüfen, ob ein Kunde seine Steuern bezahle, erklärte er einmal in einem Interview. Nun will er sich möglicherweise noch einmal für das Bankgeheimnis in die Bresche werfen. "Wir sind gewillt, die rechtlichen Auseinandersetzungen zu bestehen", erklärte er für sich und seinen Partner Otto Bruderer.

Auf Wegelin gekommen waren die amerikanischen Steuerbehörden durch einen geständigen amerikanischen Steuersünder. Der 81 Jahre alte Ex-Anwalt gab im letzten Sommer zu, 2008 Geld von der UBS zu Wegelin verschoben zu haben. Seitdem muss Hummler geahnt haben, was auf ihn zukommen kann. Auf die Frage, was er tue, wenn die Amerikaner seine Bank verklagen, sagte er dem "Tages-Anzeiger" im November: "Dann wird es vor allem richtig spannend. Wir sind gut vorbereitet".

Möglicherweise sind die Amerikaner damit zufrieden, dass der Name Wegelin von der Bildfläche verschwindet. "Wir sind in ständigem Kontakt mit allen Behörden", sagte der frühere Wegelin-Teilhaber Adrian Künzi, der das an Raiffeisen verkaufte Geschäft leiten wird. "Wir hoffen, dass wir in den nächsten Monaten eine Lösung finden in dem Steuerstreit. Aus meiner Sicht liegen dafür Indizien vor", sagte er weiter.

Auch Analysten gehen davon aus, dass die Auseinandersetzungen mit den USA bald zu einem Abschluss kommen könnten. Darauf deuteten auch die Ausführungen der Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hin, die nach einen Gespräch mit ihrem US-Kollegen Timothy Geithner von Fortschritten sprach. "Wegelin könnte dabei die bedauerliche Rolle des Bauernopfers spielen", sagte ein Analyst. "Für die anderen zehn betroffenen Banken wären das grundsätzlich erfreuliche Nachrichten."

Neben Wegelin stehen zehn weitere Banken im Visier der US-Justiz, darunter Credit Suisse und Bank Bär. Die Amerikaner wollen Namen von mutmaßlichen Steuersündern. Die Schweizer Banken können die Informationen nicht ohne weiteres herausgeben, da dies gegen Schweizer Recht und das Schweizer Bankgeheimnis verstoßen würde. Aus diesem Grund wurde der Steuerstreit auf eine zwischenstaatliche Ebene gehoben, um die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu überbrücken.

Raiffeisen kann sich mit der Übernahme den lange gehegten Traum einer eigenen Privatbank erfüllen. Im vergangenen Herbst hatte Raiffeisen auch ein Angebot für die Übernahme der Bank Sarasin vorgelegt, gegen die brasilianische Safra aber das Nachsehen gehabt. Raiffeisen wollte nicht sagen, wieviel sie für Wegelin bezahlt, es handle sich aber um einen marktüblichen Preis. Üblicherweise werden zur Zeit rund ein bis zwei Prozent der verwalteten Vermögen bezahlt. Die Wegelin-Vermögen, die nun zu Raiffeisen gehen, belaufen sich auf 21 Milliarden Franken.
http://de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE80Q085201…
 
aus der Diskussion: Jagd auf Bankkundendaten und Steuergelder
Autor (Datum des Eintrages): selectrix  (27.01.12 20:21:36)
Beitrag: 100 von 609 (ID:42660506)
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