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[posting]42673118[/posting]Trotz allem Ungemach:

Michel Guignard: «Nach wie vor fliessen Gelder aus den USA in die Schweiz»

Hände weg von amerikanischen Kunden? Im Gegenteil. Der Zürcher Vermögensverwalter Bellecapital setzt auf Kunden aus den USA. Michel Guignard, Managing Partner von Bellecapital International, über die Chancen im grössten Wealth-Management-Markt der Welt.

Herr Guignard, die Bank Wegelin ging wegen ihrer US-Kunden unter – Sie dagegen bemühen sich um amerikanische Kunden. Wie gehen Sie da mit der Steuerproblematik um?

Im Gespräch mit den Kunden sollte man dieses Thema offen diskutieren und danach dokumentieren. Finanzinstitute haben Dokumentationspflichten in dieser Hinsicht zu erfüllen. Dazu gehört bei US-Kunden die Einreichung eines W9-Formulars. Es ist allerdings nicht die Pflicht eines Finanzinstituts, sicherzustellen, dass die Kunden ihr Einkommen auch versteuern.

Wo lag Ihrer Ansicht nach der heikelste Punkt bei der Politik von Wegelin?

Ich möchte andere Unternehmen nicht kommentieren.

Warum hat sich Bellecapital entschieden, ausgerechnet auf amerikanischen Kunden zu setzen?

Die USA sind der grösste Wealth-Management-Markt der Welt und werden es noch eine ganze Weile bleiben. Amerikanische Anleger sind im Quervergleich mit anderen Ländern sehr aufgeklärt und fordernd.

Die letzten Jahre waren für die Investoren generell schwierige Jahre. Entsprechend haben sich die Anlageziele vieler Kunden entwickelt – von Kapitalzuwachs hin zu Kapitalerhalt. Der breiten Diversifikation der Anlagen kommt dabei eine tragende Rolle zu. Für US-Anleger bedeutet dies, vermehrt Anlagen in ausländischen Märkte und Währungen zu tätigen, also auch in der Schweiz.

Aber ist die Schweiz bei den ständigen Verdächtigungen – etwa in der amerikanischen Politik und Öffentlichkeit – noch ein attraktiver Anlage-Platz für US-Kunden?

Die Schweiz hat sich über Jahrzehnte hinweg zu einem führenden Finanzplatz entwickelt: Fach-Know-how, Technologie, Servicequalität sind im internationalen Vergleich auf absolutem Top-Niveau. Nach wie vor fliessen Gelder aus den USA in die Schweiz, insbesondere von sehr vermögenden Privatkunden, die ihre Gelder international anlegen und aus Sicherheitsgründen ausserhalb der USA deponieren wollen.

Welche Ziele setzen Sie sich in diesem Geschäft konkret?

Als Unternehmer wollen wir das Geschäft mit US-Kunden markant ausbauen. Dabei stellen wir hohe Ansprüche an die Servicequalität zu Gunsten unserer Kunden und entsprechend an die Qualität der Mitarbeiter. Amerikanische Kunden zu betreuen, bedeutet, die gesamten Vermögensverhältnisse dieser Menschen zu verstehen, die Vermögensziele zu besprechen und regelmässig zu hinterfragen; ferner Vermögensplanungs-Strategien zu initiieren und mit einem Netzwerk von ausgewiesenen Spezialisten zu implementieren.

Als Vermögensverwalter wollen wir eine nachhaltige und überdurchschnittliche Rendite im Rahmen des Risikoprofils und der Anlageziele der Kunden erzielen. Bellecapital unterscheidet sich durch einen fokussierten Anlageansatz von den meisten Mitbewerbern in der Schweiz. Bei der Performance wird auf die Rendite nach Steuern und Kosten geachtet.

Fürchten Sie auch manchmal, mit der US-Justiz in den Clinch zu kommen?

Wer die Gesetze und Regeln befolgt, hat nichts zu befürchten. Aber dies ist harte Arbeit, da sich das Umfeld dynamisch verändert und man so organisiert sein muss, dass man die Entwicklungen laufend mitkriegt und Anpassungen im Geschäftsmodell schnell vornehmen kann.

Dieses Geschäft lässt sich heute nicht mehr nebenbei betreiben. Deshalb hat Bellecapital mit Bellecapital International eine separate Vermögensverwaltungsgesellschaft nur für US-Kunden aufgebaut. Das Unternehmen ist bei der amerikanischen Wertpapierbehörde SEC registriert. Die Mitarbeiter blicken auf mehrere Jahre Erfahrung in der Betreuung dieser anspruchsvollen Klientel zurück.

Gibt es überhaupt noch ein Schweizer Bankgeheimnis gegenüber dem USA?

Im aktuellen Umfeld ist die Situation tatsächlich sehr verworren. Beim Neugeschäft sind sich die Marktteilnehmer alle sicher. Das Problem liegt bei der Behandlung des historischen Geschäfts. Hier braucht es dringend und schnell Lösungen zwischen den beiden Staaten.

Sollte die Schweizer Regierung gegenüber den US-Behörden standhafter auftreten?

Wir fokussieren unsere Aktivitäten auf die Kunden. Dennoch verfolgen wir natürlich, was aktuell passiert. Entscheidend ist, dass die Hauptbetroffenen – Politik, Banken, der Regulator – das Problem mit oberster Priorität und mit dem notwendigen Ressourceneinsatz bearbeiten und jetzt schnell zu einer Einigung kommen, die mit den US-Behörden verhandelt werden kann.

Ohne Einigung muss letztendlich die Politik selbst entscheiden und verhandeln. Solange dies nicht passiert, sind einzelne Institute wehrlos ausgeliefert. Je länger diese Situation bestehen bleibt, desto mehr wird dies als Zeichen der Schwäche unseres Finanzplatzes interpretiert.

Wird FATCA dem US-Geschäft von Schweizer Banken den Todesstoss versetzen? Wie richten Sie sich darauf ein?

Mit der Einführung von FATCA werden die Reporting-Pflichten für die betroffenen Finanzinstitute komplexer. US-Konten gemäss Definition FATCA werden dann transparent an die USA gemeldet. Die Einhaltung der entsprechenden Richtlinien werden strikte geprüft, und einzelne Mitarbeiter werden sogar persönlich haftbar gemacht werden.

Klar ist, dass bis zur Einführung von FATCA ein sehr grosser Anpassungsprozess vollzogen werden muss und entsprechend eine grosse Bereinigung bei der Betreuung von US-Kunden notwendig sein wird. Für US-Kunden, deren Identifikation geheim bleiben soll, gibt es bei Finanzinstituten, die das Agreement unterschreiben werden, keinen Platz mehr.

Wie unterscheiden sich die Anforderungen an einen Vermögensverwalter, der SEC-registriert ist?

Die Regeln, wie ein SEC-registrierter Vermögensverwalter seine Geschäfte führt, sind sehr klar beschrieben. Aufbauorganisation und Arbeitsprozesse müssen strikt und detailliert gestaltet und dokumentiert werden.

Der Überwachung von Mitarbeitern und der Kontrolle von Arbeitsabläufen kommt eine sehr grosse Bedeutung zu. Letztlich ist dies mit einem grösseren administrativen Aufwand verbunden. Zugute kommt dies der Kundschaft, die von einem grossen Schutz vor Regelmissbräuchen profitiert.

Was sollten Finanzinstitute mit US-Geschäft jetzt tun?

Auf politische Lösungen zu warten, wäre ein schlechter Rat. Das proaktive Anpacken der eigenen Situation bezüglich US-Geschäfts mit dezidierten Ressourcen ist entscheidend. Dazu gehören eine saubere Risikoanalyse des rechtlichen und regulatorischen Umfeldes für dieses Marktsegment, eine detaillierte Analyse des Kundenportfolios, die Hinterfragung des aktuellen Geschäftsmodells sowie ein Abgleich mit den rechtlichen und regulatorischen Auflagen.
Schliesslich gehört auch die Entscheidung dazu, allfällige Divergenzen zu bereinigen, damit das neue Geschäftsmodell vollständig den rechtlichen Auflagen der USA entspricht. Entscheidend ist dann, mit der Implementierung des angepassten Geschäftsmodells zu beginnen. Die Einführung von FATCA im Jahr 2014 macht diese Arbeiten absolut zwingend.

Und was heisst das konkret fürs Geschäft?

Das kann bedeuten, dass man sich von Teilen oder sogar vom ganzen Geschäft trennen wird. Ein wichtiges Ziel von Bellecapital International ist es, Finanzinstitute sowohl während der Projektphase als auch bei der Umsetzung der Strategie zu unterstützen. Beispiele zeigen, dass durch die frühzeitige Einbindung eine sehr hohe Erfolgsquote erreicht werden kann: Viele Kunden bleiben.
http://www.finews.ch/news/finanzplatz/7603-michel-guignard-l…
 
aus der Diskussion: Jagd auf Bankkundendaten und Steuergelder
Autor (Datum des Eintrages): selectrix  (01.02.12 11:14:11)
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