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[posting]42697646[/posting]SdK-Prozess: Erpressen, Verwirren, Verschweigen
01.02.2012, 09:00 Uhr

Im Münchener Großverfahren um Marktmanipulation und Insiderhandel bekleckert sich keiner der Beteiligten mit Ruhm.

Und dann will Markus Straub noch etwas loswerden. Das gesamte Verfahren sei eine schwere Belastung für seine Familie, die Ehefrau sei mittlerweile in einer Nervenklinik, seit 16 Monaten sitze er nun in Untersuchungshaft, und das, obwohl er stets kooperiert habe, selbst als diese Erpresserbriefe kamen.
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Einen liest er vor an diesem Prozesstag vergangene Woche. Er stammt von einer "wohlgesonnenen Freundin", die ihm Mitte 2010 rät, sich sofort an eine Frankfurter Anwaltskanzlei zu wenden, sonst drohe Ungemach. Später wird die Briefschreiberin deutlicher: 250000 Euro möchte sie für Informationen. Damit meint sie offenbar einen Tipp, dass Straubs Verhaftung unmittelbar bevorsteht.

Straub geht nicht auf das Angebot ein, sondern wendet sich an die Staatsanwaltschaft - und wird eine Woche später inhaftiert. Das alles belege doch, dass er nie habe flüchten wollen, sagt Straubs Anwältin Simone Kämpfer. Deshalb beantrage sie jetzt Haftverschonung.

Womöglich heute schon wird das Landgericht München in Gestalt der Vorsitzenden Richterin Jutta Zeilinger verkünden, ob es mit Straub einen der Hauptverdächtigen in einem der größten Anlagebetrugsprozesse der letzten Jahre vorläufig auf freien Fuß setzt. Straub, bis 2008 Vize-Chef der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), soll zusammen mit dem Aktienhändler Tobias Bosler sowie diversen Börsenjournalisten Aktienkurse manipuliert sowie Insiderwissen dazu genutzt haben, Millionengewinne zu ergaunern. Etwa im Fall des Bezahldienstleisters Wirecard. Straub und Bosler bestreiten die Taten.

Mit dem von Straub präsentierten Erpresserschreiben hat der Prozess jedoch zugleich eine bizarre Note hinzugewonnen. Denn tatsächlich fahndet die Staatsanwaltschaft München seit eineinhalb Jahren vergeblich nach einem "Maulwurf". Nur ein Insider kann von der bevorstehenden Verhaftung gewusst haben. Auf Nachfrage heißt es, man ermittle weiter gegen unbekannt. Völlig ausschließen kann die Staatsanwaltschaft nicht, dass das angebotene Wissen auch aus ihrem Umfeld stammen kann. "Es laufen noch kriminaltechnische Untersuchungen", heißt es recht vage.

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Viele merkwürdige Punkte

Es ist nicht der einzige merkwürdige Punkt in diesem Verfahren. Ein anderer betrifft Harald Petersen, Straubs Verteidiger. Gegen ihn, bis vor wenigen Tagen noch Vorstand bei der SdK, ermittelt die Staatsanwaltschaft mittlerweile ebenfalls. Sie wirft ihm vor, Straubs Machenschaften im Wirecard-Fall unterstützt zu haben. Sein Ausschluss aus diesem Verfahrensteil ist beantragt.

Petersen hat mit CNC Communications eine auf Krisenintervention spezialisierte PR-Agentur beauftragt, um den Anschuldigungen gegen ihn auch in der Öffentlichkeit entgegenzutreten. Und in der Tat hat es CNC geschafft, die Frage des Zeitpunkts für die Ermittlungen gegen Petersen fragwürdig erscheinen zu lassen. So hat die Staatsanwaltschaft schon vor einem Jahr eine E-Mail zur Kenntnis genommen, die sie nun als Grund für die kürzlich aufgenommenen Ermittlungen heranzieht.

Auf diverse andere Punkte hat CNC allerdings keine befriedigende Antwort. So versucht das PR-Unternehmen, die Ermittlungen damit zu begründen, die Staatsanwälte wollten Petersen aus dem Verfahren "herausschießen". Doch Straub hat noch zwei weitere Verteidiger - und mit der früheren Staatsanwältin Kämpfer bleibt die weitaus bekanntere Gegnerin im Verfahren. Ebenfalls bleibt Petersen eine nachvollziehbare Antwort schuldig, warum er, wenn er sich doch unschuldig fühlte, die SdK nicht über das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren unterrichtete - obwohl er schon Mitte November davon wusste. Petersen begründet dies mit seiner Schweigepflicht: "Im Hinblick auf die Verteidigung von Herrn Straub, bei dessen Tat ich nach Meinung der Staatsanwaltschaft Mittäter sein soll, durfte ich im Interesse meines Mandanten nicht über das Verfahren gegen mich berichten." Doch dass er Straub verteidigt, war hinlänglich bekannt. Und in seiner eigenen Angelegenheit ist er nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet.

http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/anleger-u…
 
aus der Diskussion: Staatsanwaltschaft geht gegen organisierten Aktienbetrug vor
Autor (Datum des Eintrages): kingkongtrader  (03.02.12 20:43:05)
Beitrag: 114 von 116 (ID:42697676)
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