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BörsZ v. 16.5.2012
IM GESPRÄCH: THORSTEN KLAPPROTH; VORSTANDSCHEF: WMF in der Investorenküche

Konsumgüterhersteller zwischen Platzierung und Verkauf - Angestrebte Bewertung weit über Börsenkurs - Warten auf Österreicher
WMF steht vor dem Wechsel des Großaktionärs oder einer großen Börsenplatzierung. Die Bewertung soll jenseits von 700 Mill. Euro liegen. Rund eine Handvoll indikativer Übernahmeangebote für das Paket von Finanzinvestor Capvis sind eingegangen.

Von Walther Becker, Frankfurt
Börsen-Zeitung, 16.5.2012

Besser kochen, schöner essen, genussvoll trinken, heißt die Devise von WMF. Mit Braten, Schneiden, Dampfgaren und Kaffeekochen haben die Schwaben Erfolg. Und der lässt Finanzinvestor Capvis, der 2006 eingestiegen ist, nach einem sättigenden Abschluss der Mahlzeit verlangen: Die Beteiligungsgesellschaft will das erfolgreiche Investment bei dem 1853 gegründeten Unternehmen entsprechend ihren Fondslaufzeiten beenden. WMF ist einer der seltenen Fälle, wo Private Equity die Mehrheit in Public Equity hat. Das macht den Exit komplex.

Zahlen sollen die kulinarische Rechnung entweder institutionelle und private Aktionäre über eine Börsenplatzierung des Pakets von über 50 % oder strategische Investoren beziehungsweise erneut Private Equity. Mit dem Prozess betraut sind Commerzbank und Macquarie. Fraglich ist, wie groß der Preis ist, der serviert wird. Denn die Kurse geben bei den minimalen Umsätzen der Stämme und der im Streubesitz liegenden Vorzüge kaum Indikationen. WMF ist im General Standard.

Thorsten Klapproth, der Vorstandschef in Geisingen, der jüngst seinen Vertrag um fünf Jahre verlängerte, will sich zu Themen wie der Zukunft der Aktionärsstruktur gar nicht äußern. Seinen Beitrag sieht er, wie der Manager im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagte, in der Steigerung der operativen Performance, dem weiteren Wachstum und der Internationalisierung, bei der WMF schon große Fortschritte gemacht hat. Der gestern vorgelegte Quartalsbericht - erstmals nicht mehr nur eine Zwischenmitteilung - unterstreicht den Kurs: Das operative Ergebnis (Ebit) kletterte um fast ein Viertel auf 25,3 Mill. Euro, der Umsatz, zu dem Auslandskunden fast jeden zweiten Euro beisteuern, um 5 % auf 244 Mill. Euro.

Kein Korsett

"WMF ist auch in den vergangenen Jahren nicht in einem Korsett gewesen, wir haben den Umsatz binnen sechs Jahren nahezu verdoppelt und das Ergebnis kräftig gesteigert", sagt Klapproth. Das Umsatzwachstumsziel von mindestens 5 % soll, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht fundamental änderten, im Schnitt auch in den nächsten drei Jahren erreicht werden. Die Ebit-Marge soll in diesem Zeithorizont trotz zu erwartender Kostensteigerungen "mindestens auf dem hohen Niveau 2011 gehalten werden". Der Vorstand ist selbst über ein Vehikel mit Capvis an WMF beteiligt.

"Zum Zeitplan möchte ich nichts sagen, aber wir tun natürlich alles dafür, ein positives Ergebnis für die WMF zu erzielen", betont Klapproth. In Finanzkreisen heißt es, es liege rund eine Handvoll indikativer Angebote für WMF vor. Am Paketkauf sollen große Finanzinvestoren wie KKR, CVC oder Bain Interesse gezeigt haben, hinzu kommen Rivalen.

Die Investmentbanken agieren zweigleisig: Platzierung oder M & A. Unter Wert dürfte Capvis nicht verkaufen. Die Bewertung liegt offenbar auch bei den Kaufinteressenten über der Marktkapitalisierung von WMF (Stämme 370 Mill., Vorzüge 150 Mill. Euro). Capvis war mit einem Ergebnis-Vielfachen (auf Ebitda-Basis) von knapp 6 eingestiegen. Aus den damals 45 Mill. Euro Ebitda sind inzwischen für 2012 erwartete über 120 Mill. Euro geworden. Aufgrund der Performance - WMF ist ohne Blessuren durch die Krise gekommen - und mit einem inzwischen höheren Multiple erwarten Finanzkreise eine Bewertung von 700 Mill. bis 800 Mill. Euro. In beiden Varianten, also Platzierung oder Blockverkauf, könnte zusätzlich das Paket von Andreas Weißenbacher ins Angebot kommen. Er kontrolliert über die Fiba in Österreich 37 % und beliefert über seine BWT die WMF mit Wasseraufbereitungsgeräten. Ein früheres Übernahmeangebot von Capvis hatte dieser ausgeschlagen. Die Fiba agiere nach Art eines Finanzinvestors, heißt es in Frankfurt. So könnte sie mitverkaufen, was eine Komplettübernahme von WMF und den Börsenrückzug zur Folge haben könnte. Bei einer Platzierung des Capvis-Pakets und anschließender Zusammenlegung der beiden Aktiengattungen würde der Fiba-Anteil von 37 auf unter 30 %, nämlich 25 % verwässern, was Weißenbacher eines teuren Übernahmeangebots entheben würde.

Mit Börsenplatzierung und Umstellung auf Stammaktien rückten SDax- und MDax-Perspektiven ins Licht. Voraussetzung wäre aber auch dafür eine Transaktion über dem Börsenkurs, wie es einst mit dem Verkauf eines Permira-Pakets am Autozulieferer Grammer gelungen war.

Für WMF wäre Klarheit gut, zumal ein "Dual Track" Kapazitäten bindet. "Wir wollen Aktionäre, die unsere Wachstumsstrategie unterstützen", sagt Klapproth bloß, der eine gesunde Firma zu bieten hat

 
aus der Diskussion: WMF, die vergessene Perle
Autor (Datum des Eintrages): Shortguy  (16.05.12 19:14:29)
Beitrag: 698 von 827 (ID:43174584)
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