Und noch eine drauf! Aus dem Spiegel Internet trifft Fernsehen: Nokia setzt eine(n) drauf --------------------------------------------------------------------- Videos on Demand, Internet, Fernsehen - alles in einem Gerät. Mit dem Mediaterminal glaubt Nokia, die eierlegende Wollmilchbox erfunden zu haben. Doch einige Fragen bleiben offen. Von Alexander Stirn Es sind Zahlen, die das finnische Unternehmen gerne anführt: Drei Stunden am Tag sitzt der durchschnittliche Deutsche laut Nokia vor dem Fernseher, im Internet surft er dagegen gerade einmal 17 Minuten. Zu wenig. Was also liegt näher, als die Couch Potatoes nicht nur zum Zappen, sondern auch zum Klicken zu animieren. Der Fernseher mit Internetanschluss, die augenblickliche Krönung der viel beschworenen Konvergenz, soll auf der Internationalen Funkausstellung (Ifa) endgültig den Durchbruch feiern. Kaum ein Fernsehhersteller, der zu seinen Topprodukten nicht auch noch eine Tastatur mitliefert. Der faule Fernsehfan, so die Idealvorstellung, schaut abends in die Glotze und wechselt, sobald er sich langweilt, zu digitalen Informationen - ins altbekannte Internet. Hans-Christoph Quelle glaubt nicht an derartige Visionen. "Die Leute wollen keine Tastatur im Wohnzimmer", sagt der Nokia-Verkaufschef im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Mehr noch: Die Leute wollten eigentlich gar keinen Computer, kein Internet im Wohnzimmer - zumindest keines, das an die derzeitige Ausprägung des World Wide Web oder an die PC-Welt erinnere. "Das Wohnzimmer gehört der Familie, der Unterhaltung", sagt Quelle. "Dort will niemand eine Powerpoint-Präsentation erstellen." Ein neues "Look and Feel" muss also her. Im Wohnzimmer der Zukunft soll ein Computer digitales Fernsehen, Festplattentechnologie und Internet (am besten über DSL) bündeln, er darf sich allerdings nicht wie ein PC anfühlen und darf nicht derart kompliziert sein - zumindest nicht in der Logik von Nokia. Folgerichtig hat Hans-Christoph Quelle den Begriff "Internet-TV" aus seinem Wortschatz gestrichen, spricht viel lieber von "TV and more". Die eher unscheinbare Set-Top-Box, die Nokia bereits auf der Cebit angekündigt und nun einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt hat, soll neben herkömmlichem Fernsehen Webseiten anzeigen, Videos aus dem Netz oder von der Festplatte liefern und Netzwerkspiele ermöglichen. Die eierlegende Wollmilchbox eben. Technikvorstand Helmut Stein verspricht zudem keine Wartezeit beim Booten, keine Sanduhren, nichts, was den gemeinen Fernsehzuschauer abschrecken könnte. Stein: "Den Benutzer braucht auch nicht zu interessieren, wo der Content herkommt." Der Traum vom T-Commerce Möglich macht das eine übersichtlich gehaltene Navigation, die auf einer horizontalen Liste verschiedene Themengebiete anbietet. Wählt der Zuschauer beispielsweise "Musik" erscheint ein vertikales Menü, das unter anderem den Fernsehsender Viva, Internetradio, MP3-Files auf der Festplatte und passende Internetshops anbietet - Stein träumt vom "T-Commerce", dem TV-Kommerz. Ob der überzeugen kann, nachdem klassischer E-Commerce und mobiler M-Commerce in der Krise stecken, muss sich erst zeigen. Gesteuert wird die Oberfläche mit einer auf den ersten Blick normalen Fernbedienung, die auch so zu handhaben ist. Wer dennoch Buchstaben braucht, kann die Fernbedienung aufklappen und findet eine kleine Tastatur. Normale Internetseiten - Nokia präsentiert auf der Ifa unter anderem ein Angebot des Bertelsmann-Buchhändlers BOL - sehen auf dem Fernsehschirm unbrauchbar aus. Die Schrift ist klein, die geringe Pixelzahl der Bildröhre zwingt zum horizontalen Scrollen. Die Seiten sind einfach nicht für das TV gemacht. Eigens für das Mediaterminal programmierte Seiten kommen dagegen sehr gefällig daher. Real-Videos können problemlos integriert werden, auch handelsübliche Plug-ins sind kein Problem. Nokia gibt Programmmierern einen Styleguide mit Vorschlägen zu Schriftgröße und Ähnlichem zur Hand. Mehr nicht. "Wir machen da keine Vorgaben", so Quelle zu SPIEGEL ONLINE. Ob Webmaster allerdings große Lust haben, ihre Seiten - nach HTML, dem Handy-Standard Wap und einer möglichen Version für Handhelds - auch noch für eine kleine Minderheit von TV-Box-Besitzer zu programmieren, ist mehr als fraglich. Hier soll das Geschäftsmodell, das sich Nokia für das Mediaterminal ausgedacht hat, Abhilfe schaffen. Wer seinen Content dort mit einem festen Eintrag präsentieren will, muss zahlen. "Wir setzen nicht auf eine, sondern auf viele kleine Subventionierungen", sagt Stein. Und wer auf dem Terminal vertreten sein will, muss selbstredend auch entsprechenden Seiten programmieren. Reich mit Boxen? Ohnehin ist der Markt für Set-Top-Boxen (benannt nach ihrem Platz auf dem Fernsehgerät) hart. Kirchs D-Box, ebenfalls von Nokia gebaut, konnte nie den wirklichen Durchbruch feiern. Und der ehemalige Börsenstar Metabox war zwar gut im Ankündigen, steht jetzt allerdings vor der Insolvenz. Hans-Christoph Quelle ("Einer allein ist mit Set-Top-Boxen in Deutschland noch nie reich geworden") gibt sich dennoch optimistisch: Die vielen Partner und die Menüführung werden zum Erfolg beitragen Und die so genannte Open Source: Das Mediaterminal, das Anfang 2002 in Deutschland auf den Markt kommen soll, läuft unter dem Betriebssystem Linux und unterstützt andere offene Standards wie HTML, die Websprache Javascript oder die neue interaktive Fernsehplattform MHP. Unter der schwarzen Abdeckung soll ein Celeron-Prozessor mit mindestens 500 Megahertz arbeiten. Mittels mehrerer Schnittstellen (USB, Firewire) können zum Beispiel externe Festplatten, CD- oder DVD-Brenner angeschlossen werden. Der Speicherplatz, der zum Teil an die Partner abgetreten werden muss, scheint mit 40 Gigabyte allerdings etwas knapp bemessen - besonders für Videos. Immerhin: Die Partner sind in Sicht. Eine Absichtserklärung wurde, wie Nokia auf der Ifa bekannt gab, unter anderem mit der HypoVereinsbank, mit dem Otto-Versand und dem Reiseveranstalter TUI abgeschlossen. Mehrere Millionen, so ist zu hören, müssen die Partner auf den Tisch legen, um ihren Eintrag auf der Benutzeroberfläche (prominent und unveränderbar) zu bekommen. Auf diese Weise soll der Preis von ursprünglich 2300 Mark auf unter 1000 Mark gedrückt werden. Denn, da ist Quelle Realist, die wenigsten Käufer würden in den Laden gehen und gezielt ein Mediaterminal verlangen. Wenn die Box aber nur wenig teurer ist als herkömmliche Satellitenreceiver, zusätzlich aber neue Empfangskanäle eröffne, könnte die Entscheidung zu Gunsten Nokias ausfallen. 300.000 Stück wollen die Finnen im ersten Jahr verkaufen, doch man sieht Quelle an, dass das ein ehrgeiziges Ziel ist. Noch eine Gefahr lauert: Spätestens beim Blick auf die Telefonrechnung werden die Käufer merken, dass die Set-Top-Box am Internet hängt. Ob allerdings Netzneulinge, die mit dem Mediaterminal angesprochen werden sollen, gleich zu Beginn ihrer Internetkarriere eine Flatrate wählen, erscheint doch eher unwahrscheinlich |
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aus der Diskussion: | Schade Met@box! Was Andere können und Ihr nicht! |
Autor (Datum des Eintrages): | schrottc (01.09.01 18:17:45) |
Beitrag: | 17 von 20 (ID:4336590) |
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