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Banken räumen Mitschuld am Börsen-Desaster ein

Deutsche-Bank-Chef Breuer kritisiert Banken und Berater wegen oft "mangelnder Sorgfalt" bei der Auswahl der Börsengänger. Der Neue Markt stürzt weiter ab


Deutsche-Bank-Chef Breuer gesteht Mitschuld


Frankfurt/Main - Dem Neuen Markt steht offenbar auch in den nächsten Wochen nichts Gutes bevor. Nachdem das Wachstumssegment mit kräftigen Kursverlusten in den September startete, rechnen einige Experten für dieses Jahr kaum noch mit einer grundlegenden Besserung. Da half auch nicht, dass Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer am Montag eine Mitschuld der Banken für den Dauerkurseinbruch des Neuen Marktes einräumte. Banken und Berater hätten bei der Auswahl der Börsengänger oft "mangelnde Sorgfalt" walten lassen, kritisierte Breuer auf dem Finanzplatzforum am Montag in Frankfurt die eigene Branche. Die meist von Banken beschäftigten Analysten hätten zudem den Markt künstlich hochgeschrieben. Dabei hätten sie sich nicht nur an Fakten und Zahlen orientiert, sondern oft auch an Stimmungen, sagte er.
Breuer forderte die Bundesregierung auf, sie solle darüber nachdenken, die bislang als privates Unternehmen organisierten Marktsegmente der Börse auf eine öffentlich-rechtliche Basis zu stellen. Breuer verspricht sich davon schnellere Reaktionen auf Fehlverhalten und eine größere Durchschlagskraft der Sanktionen. Ein gutes Beispiel dafür sei die US-Börsenaufsicht SEC. Untermauert wird Breuers Forderung von einer Studie der renommierten Kanzlei Shearman & Sterling. Die Finanzmarktexperten kritisieren, dass Verstöße gegen Emittentenpflichten von staatlichen Behörden kaum konsequent verfolgt würden. Zudem sei das Strafmaß im Vergleich zur US-Technologiebörse Nasdaq zu niedrig. Dort würden Verstöße gegen die Zulassungspflichten rigoros gesetzlich verfolgt.

Gleichzeitig verlangte Breuer von der Bundesregierung, das Vertrauen in den Neuen Markt durch größere Transparenz zu stärken. Dafür brauche Deutschland keine strengeren Gesetze, die bestehenden Regeln müssten nur besser umgesetzt werden. Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsministerium, Margareta Wolf (Die Grünen), kündigte an, dass das vierte Finanzmarktförderungsgesetz möglicherweise schon im Oktober vom Gesetzgeber verabschiedet werden könnte. Dieses Gesetz soll das Vertrauen der Anleger in die deutsche Börsenlandschaft stärken. Es sieht vor, Kursmanipulation schärfer zu verfolgen. Zudem sollten die Kompetenzen der Behörden neu verteilt werden. Wolf warnte aber auch vor einer Überregulierung als Folge der aktuellen Krise.

Breuer und Wolf waren sich einig, dass der Neue Markt trotz des seit Wochen dauernden Kurseinbruchs seine Berechtigung nicht verloren habe. "Ich bin trotz der aktuellen Krise überzeugt, dass der Neue Markt einen wesentlichen Beitrag zur Aktienkultur in Deutschland leisten wird", sagte die Politikerin. Breuer erklärte: "Die Lage des Neuen Marktes ist ernst. Sie ist aber nicht hoffnungslos."

Der Börse selbst konnten diese Bekenntnisse am Montag nicht helfen. Nach dramatischen Kursverlusten bei den Aktien von Lambda Physik, Kinowelt und Broadvision fiel der Nemax-50-Index des Neuen Marktes auf ein neues Tief. "Die Welle negativer Meldungen reißt nicht mehr ab", sagte ein Frankfurter Händler. "Kein Profi interessiert sich mehr für diesen Markt." Seit März 2000 hat der Neue Markt 80 Prozent seiner Marktkapitalisierung auf zuletzt weniger als 50 Mrd. Euro verloren. Beschleunigt wurde der Abwärtstrend am Montag durch die schlechte Entwicklung einiger Dax-Technologiewerte . SAP und die Telekom fielen um jeweils mehr als fünf Prozent.

Angesichts dieser Entwicklung fällt vielen Beobachtern der Optimismus schwer. Der Markt sei krank, Besserung sei nicht in Sicht. Es dürfte sogar noch etwas schlechter werden, bevor es wieder aufwärts gehen könne. Sollte der Nemax-50 auf Schlusskursbasis nachhaltig unter die 1000 Punkte gefallen sein, dürfte das für weiteres Abwärtspotenzial sorgen, hieß es. Kapitalmarktexperten raten Börsenaspiranten derzeit daher von einer Notierung am Neuen Markt ab. Ohne eine deutliche Stimmungsbesserung an den Aktienmärkten seien Unternehmen mit Börsenplänen gut beraten, bis zum nächsten Jahr zu warten, sagten Banker und Fondsmanager. Innerhalb des nächsten halben Jahres gebe es kaum Hoffnungen auf ein besseres Klima für Börsengänge.

mfg derda50
 
aus der Diskussion: *************** De´ja´ vu am Neuen Markt !!!!!! ***************
Autor (Datum des Eintrages): derda50  (03.09.01 23:12:17)
Beitrag: 3 von 5 (ID:4347166)
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