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Sport 1 - Hintergrund
Bayern München: Qualität und Quantität

Dortmund/München - Die Kräfteverhältnisse in der Bundesliga sind wieder zurecht gerückt.
Bayern gewinnt in Dortmund 2:0, der deutsche Meister ist wieder da.
Allen Unkenrufen zum Trotz haben die Münchner wieder einmal ihre hundertprozentige Konzentrationsfähigkeit in Schlüsselspielen unter Beweis gestellt.
Gleichzeitig zeigte der Rekordmeister seinem Erzrivalen die Grenzen auf. Dortmund ist nach dem furiosen Saisonstart wieder auf dem harten Boden der Tatsachen gelandet.
Sport1 zeigt fünf Punkte auf, die Dortmund noch zur Klasse des FC Bayern fehlen.

DIE TRAINER
Ottmar Hitzfeld blieb auch im dritten Duell mit seinem ehemaligen Schützling Matthias Sammer unbesiegt. Extraklasse, wie Hitzfeld seine Mannschaft taktisch einstellte. Fink und Santa Cruz neu im Team, da konnte Sammer nicht agieren, sondern nur reagieren. Half aber auch nichts, Bayern spulte cool sein Pensum herunter.
Nach dem Spiel das selbe Bild wie immer: Hitzfeld lobt sein Team wie nach jeder gewonnenen Partie. Auch wenn es mal nicht läuft, gibt es in der Öffentlichkeit nur dezente Kritik. Intern wird dann Tacheles geredet. Anders Sammer: Ob glanzvoller Sieg oder bittere Niederlage: Gelobt wird so gut wie nie. "Die Mannschaft ist noch nicht so weit", predigt Sammer immer wieder.
Der Reifeprozess der Mannschaft könnte allerdings beschleunigt werden, wenn Sammer die Balance zwischen Lob und Kritik findet. Doch Sammer weiß, dass er Hitzfelds Level noch nicht erreicht hat. "Ottmar ist ein Kopfmensch mit Bauchentscheidungen. Ich bin ein Bauchmensch mit Kopfentscheidungen. Ich bin aber auf dem Weg ein Kopfmensch zu werden."

DIE TORHÜTER
Kahn gegen Lehmann. Früher hieß das Nationaltorwart 1A gegen 1B. Heute wird nur noch von Kahn gesprochen. Die Maßstäbe werden völlig unterschiedlich angelegt. Lehmanns Serie von vier Spielen ohne Gegentor war kaum ein Thema. Dafür Kahns fünf Gegentreffer gegen England. Majestätsbeleidigung. Doch Kahn blieb von jeglicher Kritik verschont.
Lehmann dagegen hat nicht dieses Standing. Während Kahn im Westfalenstadion seinen Kasten souverän sauber hielt, sah Lehmann beim 0:1 durch Salihamidzic unglücklich aus. Zweifellos sind beides gute Torhüter, es gibt nur einen großen Unterschied und der heißt: Kahn, der Titan.

DER SIEGESWILLE
Anpfiff im Westfalenstadion. Was passiert? Nichts. Dortmund zeigt keinerlei Anzeichen von Angriffslust, nach Außen hin zumindest. Kein aggressives Forechecking, kein Pressing, keine Körpersprache die den Bayern zeigt: "Wir sind Herr im Haus, wir schlagen Euch!"
Attribute, die gegen einen FC Bayern unabdingbar sind. Die Borussia könnte sich diese Einstellung eigentlich leisten. Sie hat das Potenzial, um den Bayern mit breiter Brust entgegenzutreten. Doch der absolute Siegeswille hat gefehlt.
Den haben die Bayern, gerade wenn es gegen Mannschaften mit ähnlicher Qualität geht. "Wir sind zu stark, um auf fremden Plätzen auf Unentschieden zu spielen. Wir wollten unbedingt gewinnen. Ganz egal wo wir spielen, wir sind der Meister und Champions-League-Sieger und das wollen wir auch jedes Mal zeigen", sagte Thorsten Fink nach dem Spiel. Eine Aussage, der nichts mehr hinzuzufügen ist.

DIE ROUTINE
"Bayern war heute die glücklichere Mannschaft, mehr nicht", sagte BVB-Verteidiger Christian Wörns zu Sport1. Dieser Ausspruch ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn Glück, das bedeutet beim FC Bayern Routine und Cleverness. Trotz oder auch wegen allen Rotierens ist die Mannschaft in sich geschlossen. Die Neuzugänge sind allesamt Ergänzungen, die sich problemlos in die erste Riege einfügen lassen.
Dortmund kaufte vor der Saison für 100 Millionen Mark ein, spielt Zauberfußball gegen Teams wie Nürnberg oder Wolfsburg. Gegen Bayern aber bricht alles wie ein Kartenhaus zusammen. Zeigen ein Amoroso oder ein Rosicky für einmal keine Glanzleistung, fällt das gesamte Team ab. Auch "Haudegen" wie Kohler oder Reuter haben da keinen Einfluss auf das Mannschaftsgefüge.
Anders Bayern. "Wir haben ein gesundes Selbstvertrauen. Natürlich gewachsen durch die Erfolge in der langen Vergangenheit und dass wir uns grundsätzlich nirgendwo bange machen und auch gerade vor solchen Herausforderungen nicht verstecken. Das zeichnet Spieler, die vor allen Dingen auch länger bei Bayern sind, besonders aus," analysierte Co-Trainer Michael Henke gegenüber Sport1.

DIE BANK
Bayern München und Borussia Dortmund. Das sind zwei Kader der Luxusklasse. Nationalspieler aus aller Herren Länder tummeln sich in den beiden Starensembles. Qualität auf allen Seiten. Bei der Borussia aber keine Quantität. 13 oder 14 Spieler mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten stehen im BVB-Kader, der Rest genügt nichrt höchsten Ansprüchen. Das fällt in Spielen wie gegen Nürnberg nicht auf, dafür umso mehr in Duellen mit den Bayern.
In München lautet das Motto: Qualität UND Quantität. Effenberg, Jeremies und Scholl verletzt, Pizarro und Elber auf der Bank. Und trotzdem läuft gegen Dortmund eine Elf auf, die nationale Spitzenklasse darstellt - mindestens.
Außerdem besitzt der Bayern-Kader über genügend Spieler, die eine Führungsrolle übernehmen können. Fallen "Effe" oder Scholl aus, übernehmen Lizarazu oder Fink eben das Ruder. Dortmund dagegen fehlt der Kopf der Mannschaft. Reuter versucht sich zwar als verlängerter Arm Sammers auf dem Spielfeld, scheint aber von seinen Mitspielern nicht voll akzeptiert.

FAZIT
Dortmund spielt bisher eine tolle Saison, das 0:2 war der erste Patzer. Es werden auch wieder Mannschaften mit gesenktem Haupt das Westfalenstadion verlassen. Aber solange die Elf von Matthias Sammer die Big points nicht macht, wird sie die Bayern langfristig nicht hinter sich lassen können. Der Rekordmeister hat dagegen eindrucksvoll bewiesen, dass der vermeintliche Fehlstart nur eine Momentaufnahme war.
Gregory Straub
 
aus der Diskussion: MEISTER 2002 FC Bayern
Autor (Datum des Eintrages): bareda  (09.09.01 23:10:45)
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