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Aus der FTD vom 27.9.2001
US-Kongress debattiert Konjunkturstützung
Von Hubert Wetzel, Washington

Im US-Kongress zeichnet sich ein heftiger Streit um Art und Umfang des geplanten Stützungspakets ab, das der amerikanischen Wirtschaft nach den Terrorangriffen wieder auf die Beine helfen und eine Rezession mildern soll.


Vor allem zwei von den Republikanern favorisierte Schritte stoßen bei den Demokraten auf Widerstand: die Senkung der Kapitalertragssteuer und Steuerentlastungen für Unternehmen. Rückendeckung bekommt die Oppositionspartei von Alan Greenspan. Der US-Notenbankchef warnte am Dienstag bei einem Treffen mit dem Finanzausschuss des US-Senats vor übereilten Entscheidungen, solange die genauen Auswirkungen der Terrorkrise auf die Konjunktur nicht bekannt seien. Hastige Maßnahmen könnten langfristig negative Folgen für die Wirtschaft und den US-Haushalt haben, wurde Greenspan zitiert. Sollte der Kongress Steuersenkungen beschließen, so sollten diese zeitlich begrenzt sein und vor allem den Konsum fördern.

Für Unternehmen könnten einige Steueranreize hinzukommen, wenn sie in neue Fabriken oder Anlagen investieren, hieß es aus dem Kongress. "Wir sollten den Nettoeffekt eines Stützungspakets im Auge behalten, also, inwieweit die positiven Folgen durch ein Ansteigen der langfristigen Zinsen zunichte gemacht werden könnten", sagte Max Baucus, der demokratische Vorsitzende des Ausschusses, nach dem Treffen. "Die Stimmung war, dass alles, was wir auf der Konsum- oder Investitionsseite machen - wenn wir überhaupt etwas tun -, kurzfristig sein sollte."


Auch der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds, Kenneth Rogoff, warnte am Mittwoch vor hastigen Steuersenkungen. Sie seien ein "sehr stumpfes Instrument", um eine Rezession abzuwenden, sagte er. Spielraum sieht er hingegen bei der Geldpolitik.



Traditionelle Linie


Derzeit werden im Kongress eine ganze Reihe von Maßnahmen diskutiert, um die Wirtschaft anzukurbeln. Und bisher folgen dabei beide großen Parteien ihren traditionellen Linien: Die Republikaner fordern Steuersenkungen für Unternehmen und Anleger - zwei alte Ziele der Partei. Greenspans Mahnung hat ihre Erfolgschancen aber gemindert.


Im Gegensatz dazu plädieren die Demokraten für eine Entlastung der Bürger durch weitere Abschläge bei der Einkommensteuer. Auf diese Weise soll der Konsum angekurbelt werden. Um das schnell zu erreichen - so ein Szenario -, könnte die Regierung ein zweites Mal Rückzahlungsschecks an die Bürger versenden. Profitieren sollen von den Entlastungen nach Vorstellung der Demokraten in erster Linie Niedrigverdiener.


Das Weiße Haus spielt in der Debatte bisher eine erstaunliche Doppelrolle. Einerseits scheint Präsident George W. Bush angesichts der Krise allen ideologischen Ballast über Bord geworfen und sich zu einem Staatsinterventionisten gewandelt zu haben. Von Ausgabendisziplin ist derzeit keine Rede mehr, die Regierung befürwortete das 15-Mrd.-$-Hilfspaket für die Fluglinien ebenso wie höhere Staatsausgaben und die Übernahme der Sicherheitskontrollen an Flughäfen durch Bundesbehörden.



Gutes Heilmittel


Andererseits bleibt Bush seinem Konzept treu, wonach Steuersenkungen in jeder Krise ein gutes Heilmittel sind. Das Weiße Haus hat sich hinter die Forderung nach Entlastungen für Unternehmen gestellt und bearbeitet derzeit den Kongress.


Einige Beobachter halten die stille Lobbyarbeit für den Versuch, die Krisensituation auszunutzen, um die seit langem ins Auge gefasste Senkung der Unternehmenssteuern durchzudrücken. Die Gelegenheit ist günstig - muss doch die Opposition zurzeit den Ruch der Illoyalität in Kriegszeiten fürchten.


Ebenso strittig wie die Zusammensetzung des Stützungspakets ist dessen Umfang. Senator Baucus verwies am Dienstag darauf, dass der Kongress seit den Terroranschlägen vom 11. September bereits Mehrausgaben in Höhe von über 55 Mrd. $ gebilligt hat - für den Wiederaufbau, das Militär, die Fluglinien. Hinzu kämen die Folgen der aggressiven Zinssenkungen der Notenbank in diesem Jahr sowie jene Milliarden, die das im Frühjahr beschlossene Steuersenkungspaket den Bürgern im kommenden Jahr bescheren wird. "Es ist bereits heute enorm viel in der Pipeline", sagte Baucus. "Weil die Menschen das vergessen haben oder nicht wissen, könnte es aber psychologisch nötig sein, mehr zu tun."



Greenspan rät zu Hilfspaket


Ähnlich sieht offenbar Greenspan die Lage. Nach US-Medienberichten hat er dem Kongress zu einem Hilfspaket in einem Umfang bis zu 100 Mrd. $ geraten - das wäre rund ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts -, sollte die Wirtschaft der Vereinigten Staaten tatsächlich nur durch staatliche Hilfe vor einer tiefen Rezession gerettet werden können.


Sicher ist, dass die Terroranschläge dramatische Folgen für den Haushalt haben werden: Das einflussreiche Etat-Büro des Kongresses geht in einer ersten Bilanz davon aus, dass das Plus in der Kasse im nächsten Jahr wegen geringerer Steuereinnahmen und höherer Ausgaben um mindestens 120 Mrd. $ fallen wird.
 
aus der Diskussion: 26.09.01: Schreit bei der kommenden Konsolidierung die Masse BLUT, ist die Rallye nah
Autor (Datum des Eintrages): igor1  (26.09.01 23:04:52)
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