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Zitat von Oligarch1986: was macht Prokon eigentlich, was ist das Geschäftsmodell?
Das Geschäftsmodell seit einigen Jahren ist, nachrangige Anlegergelder einzuwerben und damit ein äußerst aggressives Wachstum zu finanzieren. Dabei hat man sich anscheinend kräftig verhoben.

Auf der Homepage und in den Geschäftsberichten gutmenschelt es bedrohlich, Banken und große Konzerne sind ‚böse‘, und der Mensch an sich ist gut, so der Tenor.

War man ursprünglich nur Windparkentwickler, durch Banken fremdfinanziert, wollte man seit etwa 2005 die Finanzierung umstellen auf Anlegergelder von Kleinanlegern, da einem die (strengen, kleinkarierten) Auflagen der Banken und deren restriktive Kreditvergabepolitik auf den Nerv gingen.
Man stelle sich vor: die Banken haben darauf bestanden, dass sich Prokon gegen Betriebsrisiken, wie z.B. Ausfall einer Windmühle durch Sturm, Hagel, Blitzschlag usw. versichert, und die Versicherungsleistungen an die Banken als Sicherheit abtritt. Gierige Bänker sind das!

Mit Privatanlegern hoffte man, sich von solchen kleingeistigen Sicherheitsansprüchen freizustrampeln. Denen, so glaubte man, reicht es aus, wenn man ihnen was davon erzählt, dass ihre Einlagen durch Windkraftanlagen unterlegt sind, denen gemäß EEG garantierte Stromabnahme zu garantiertem Preis und damit sichere dauerhafte Einnahmen gewährt sind.
Ein Beispiel wie es ‚ohne Banken’ weitergehen soll: man will jetzt, für die mit Genussrechtekapital finanzierten Windmühlen, die Versicherungen kündigen, das spart Geld und erhöht die Rendite, und das Risiko, dass mal eine Windmühle ausfällt, muss man dann halt in Kauf nehmen (man hat ja genügend andere). So viel zu dieser Firmenphilosophie in einem kleinen Ausschnitt.

Was machte man nun mit dem eingeworbenen Privatgeldern? Man expandierte in folgende Geschäftsfelder:

* Biodiesel/Rapsölgewinnung (bisher eher mit Problemen behaftet, da das erhoffte Geschäft „Biodiesel“ in den letzten Jahren zusammenbrach, und nur die mengenmäßig geringere Beimischung zum klassischen Diesel geblieben ist)
* Holzindustrie (ähnlich wie das Rapsölgeschäft kein Zweig, in dem sich bisher gut Geld verdienen ließ)
* Neuprojektierung von WKA in Polen und Finnland (dort gibt es statt 9 Cent wie hier 11 Cent Einspeisevergütung, man baut also auf einen staatlich regulierten erhöhten Ertrag)

Probleme:

Der letzte testierte GB 2011 zeigt, dass es damals relativ knapp möglich war, die 8% für die Genussrechteinhaber zu bezahlen, großer Puffer bestand aber nicht. Wenn also 2012 nur ein wenig schlechter lief, wurde es knirsch. Ob das so ist kann man von aussen nicht beurteilen, denn ein geprüfter und testierter GB 2012 steht immer noch aus - das schafft Unsicherheit darüber, ob es 2012 überhaupt möglich war, die 8% für das (dynamisch ansteigende) Genussrechtekapital aus eigenen Überschüssen zu zahlen.
Es bestehen vorrangige Bankverbindlichkeiten in Höhe von 157,6 Mio, zudem gibt es Bürgschaften für die Tochtergesellschaften, 1 Mio für die Holzfirma und 6,5 Mio für die Rapsölfirma (an der Prokon zu 82% beteiligt ist).
Viele Anlagen befinden sich in der Projektierung und im Bau. Diese Projektstadien eignen sich in der Krise üblicherweise nicht zur Verwertung, jedenfalls nicht zu ökonomisch sinnvollen Preisen.
Im Fall einer Insolvenz sind diese ‚angearbeiteten’ Projekte (die Projektpipeline) also im Feuer.

Auch der Verkauf von Assets, um kündigenden Genussrechteinhabern ihr Geld zurückzuzahlen ist sehr krisch zu sehen, denn man verkauft damit a) Ertragsbringer und b) sind da genau die Bankkredite drauf, man wird also (gerade bei einem Notverkauf) kaum etwas für die Nachrangverbindlichkeiten hereinholen können.

Die Geschäftsführung (Herr Rodbertus&Co.) haben zwar behauptet, ihre Windparks ließen sich leicht am Markt zu guten Preisen verkaufen (Anlagealter ca. 7 Jahre im Schnitt), aber an dieser Prognose würde ich persönlich gewisse Zweifel anmelden. Denn wenn der Verkauf so vorteilhaft und einfach möglich ist, warum realisiert man ihn dann nicht?

Fazit: in dieses Geschäftsmodell würde ich persönlich keinen Pfennig neues Genussrechtskapital investieren, da abzusehen ist, dass ein teil dieses Geldes verloren sein wird.
Was man machen könnte, wäre ein Darlehen an die Gesellschaft zu vergeben, das vorrangig zum Genussrechtskapital steht. Bei diesem Darlehen hätte man die große Chance, es wiederzusehen. Voraussetzung dafür wäre, die aktuelle wirtschaftliche Lage der Gesellschaft einsehen zu können, um eine Fortführungsprognose stellen zu können.

Wenn die Uhr nicht so schnell ticken würde, würde man den ‚Freunden von Prokon“ raten, sich zusammenzutun und der Gesellschaft als GbR ein Rettungsdarlehen, niedrig verzinst (z.B. 2%) zur Verfügung zu stellen, um den Laden fortzuführen.
Ein Windhundrennen zu eröffnen um mehr Genussrechtskapital einzuzahlen als andere abziehen ist ein sinnfreies Unterfangen, und zudem müßte sich Prokon, schon aus Gründen des Anlegerschutzes, eigentlich weigern, in der derzeitigen Lage noch neues Genussrechtskapital anzunehmen oder gar einzuwerben.

Es kann natürlich sein, da man über eine Milliarde Genussrechtskapital eingeworben hat, dass die Quote trotz Nachrang relativ hoch ausfallen könnte (z.B. 50 oder 60%). Aber das ist sehr unsicher, denn wie gesagt, belastbare aktuelle Geschäftsberichte fehlen, und das wird seinen Grund haben.

Ich traue diesem Herrn Rodbertus und seinen Aussagen nicht über den Weg, zu nebulös und wolkig äußerte er sich bisher. Lauf Geschäftsverteilungsplan ist er im Unternehmen auch eher für das Einwerben von Anlegerkapital zuständig gewesen, vom operativen Geschäft oder gar von Krisenmanagement scheint er nicht ganz so viel Ahnung zu haben wie vom Geschäft der Aquise. Ein typischer Schönwetterkapitän eben.

Vor allem diese „bei uns ist alles in Ordnung, wir können nur eine Massenkündigung unseres Gesellschaftskapitals nicht abfangen“ ist widersprüchlich in sich. Wenn alles in Ordnung wäre, könnte man stehenden Fußes ein niedrig verzinsliches Darlehen hereinnehmen, um die nachrangigen Genussrechte abzulösen, bzw. hätte bereits im Vorfeld entsprechende Kreditlinien eingerichtet.
 
aus der Diskussion: Prokon Genussrechte
Autor (Datum des Eintrages): HelicopterBen  (16.01.14 05:18:21)
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