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Verschleißen für die Sicherheit

Materialforscher untersuchen Technik für das Wasserstoff-Zeitalter

gih

Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft - doch auf dem Weg dort hin sind noch eine ganze Reihe von technischen und wissenschaftlichen Problemen zu lösen. Um speziellen Fragen des Umgangs mit dem kleinsten Element des Periodensystems besser nachgehen zu können, hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) nun ein neues Labor eingerichtet. Hier arbeiten Tribologen, also Experten für Reibungs- und Verschleißvorgänge.

So kann man Pumpen, Wellen und Lager bei Temperaturen von minus 253 Grad Celsius und bei einem Druck von 20 Bar nicht einfach mit einem Schlag Maschinenfett aus dem Vorratseimer schmieren - wie man`s beim Rad einer alten Schubkarre täte. Andere Lösungen sind gefragt, wenn aufeinander gleitende Teile unter so extremen Bedingungen lange halten sollen.

Da auch die Raumfahrt auf Wasserstoff als Energieträger angewiesen ist, wird schon länger auf dem Gebiet geforscht. Gemeinsam mit ukrainischen Kollegen hatten die Fachleute der Bundesanstalt für Materialprüfung Edelstahl unterschiedlicher Legierung geprüft. Nun ist der mit Chrom und Nickel legierte Stahl bei einfacher Nutzung etwa als Behälter weitgehend unempfindlich gegen Kälte, Druck und Wasserstoff. Sobald jedoch - eben durch Reibung - mechanisch Energie zugeführt wird, kann sich die Struktur des Stahls ändern, er kann spröde werden, erläutert Laborleiter Thomas Gradt. Welche Schmierung die richtige ist und wie sich unterschiedliche Materialien generell unter den harten Bedingungen verhalten, soll in den beiden neuen Versuchskammern näher erforscht werden.

Zu den aussichtsreichsten Schmierstoff-Kandidaten gehören Molybdändisulfid (diesen Wirkstoff gibt`s seit Jahrzehnten auch als Ölzusatz etwa für Automotoren). Aber auch Kohlenstoff bietet sich als Oberflächenbeschichtung an, und zwar in einer Kristallstruktur, die ziemlich dicht am Diamanten liegt.

Zur Eröffnung der neuen Einrichtung veranstaltete die BAM ein Kolloquium, auf dem die aktuelle Situation sowie die Aussichten für die Wasserstoff-Technik zusammengefasst wurden. Und wie Renate Lemke vom Beraterbüro MVV Consultants sagte, wird die BVG im Dezember einen ersten Brennstoffzellenbus in den 15-monatigen Probebetrieb übernehmen. Das Fahrzeug soll auf der Linie 109 zwischen dem Flughafen Tegel und dem Bahnhof Zoo eingesetzt werden.

Drei Zellenblocks werden insgesamt 120 Kilowatt Leistung (etwa 160 PS) entwickeln, installiert ist überdies ein Speicher für eine Bremsenergie-Rückgewinnung.

Die Reichweite pro Gasfüllung soll 400 Kilometer nicht unterschreiten - eine Forderung der BVG. Hersteller des Busses ist MAN, für die Systemintegration sorgt Air Liquide, ein Produzent technischer Gase. Gefördert wird das Projekt von der EU, der Bus soll anschließend auch in Kopenhagen und Lissabon eingesetzt werden.
(Tagesspiegel)
 
aus der Diskussion: Ballard, Sofa
Autor (Datum des Eintrages): Barbara  (20.10.01 10:01:54)
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