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Vorsicht bei der Siemens–Aktie! Bund erwägt Beteiligung an Alstom!

Mike Rückert in Investors Daily zum Thema Siemens Aktie
vom 04. Juni 2014, 18:00 Uhr

Eine wichtige Information für Besitzer der Siemens Aktie: Siemens könnte laut Agenturmeldungen gewissermaßen „Begleitschutz" von der Bundesregierung im Zuge der möglichen Übernahme des französischen Allstrom-Konzerns erhalten. Dies will Bloomberg aus informierten Kreisen erfahren haben. Dies dürfte auch für die Perspektiven der Siemens-Aktie eine nicht unwichtige Rolle spielen. Dazu gleich mehr.

Im Zuge des möglichen Deals würde wieder einmal die staatliche KfW-Bank als Käufer von Alstom - Aktien auftreten. Dies hat Tradition, denn die KfW fungiert(e) bereits bei vielen Beteiligungen des Bundes von Deutscher Telekom über die Post bis hin zu EADS bzw. neuerdings Airbus - Aktien als Verwahrstelle. Agieren würde die Bundesregierung wohl nur in dem Fall, dass Frankreich sich ebenfalls über eine Beteiligung einen dauerhaften Einfluss verschaffen würde.

Ich sehe den staatlichen Einfluss kritisch. Denn wie unter anderem das Beispiel EADS gezeigt hat, führt eine solche Konstellation, insbesondere bei der Beteiligung zweier Regierungen, fast immer zu einer Verschleppung oder Verhinderung wichtiger und betriebswirtschaftlich notwendiger Entscheidungen. Dabei stehen genau diese Entscheidungen bei dem profitabilitätsschwachen Alstom-Konzern bereits jetzt fast unausweichlich an. Wie wird es nun weiter gehen?


Siemens - Offerte in den nächsten zwei Wochen



Erstens: Siemens will nach eigenen Angaben bis Mitte Juni eine Gegenofferte für Alstom vorlegen. Vorstandschef Joe Kaeser plant, als Tauschgeschäft die Bahnaktivitäten des Konzerns mehrheitlich an Alstom abzugeben. Alstom stellt den Schnellzug TGV her, der dem ICE von Siemens im Exportgeschäft starke Konkurrenz macht. Das Nukleargeschäft der Franzosen tasten sowohl GE als auch Siemens nicht an.

Ursprünglich wollte die Alstom-Führung Anfang Juni über die Offerte von GE entscheiden. Auf Druck der französischen Politik verschoben sie diesen Zeitplan nach hinten. Nun soll am 23. Juni die Entscheidung fallen. Auf diese Weise erhielt Siemens etwas mehr Zeit, die Bücher zu prüfen. Für Siemens kommt die Schlacht um Alstom eigentlich zur Unzeit, ist der Konzern doch derzeit mit einem von Kaeser verordneten Umbau beschäftigt. Das bindet Kräfte, die für die Integration eines Wettbewerbers fehlen könnten.


Der Markt sagt - Finger weg Siemens!



Der Aktienmarkt hat sein Urteil gefällt: Siemens soll die Finger von Alstom lassen. Wie der relative Vergleich zum DAX (obere blaue Linie) zeigt, weist Siemens, seitdem die Übernahme ein Thema geworden ist, eine relative Schwäche zur Entwicklung des DAX auf.
Aktueller Chart der Siemens Aktie contra Dax 30

siemens Aktie chart

Klarer Gewinner am Aktienmarkt seit dem 24. April, als General Electric (GE) das Angebot für die Energieaktivitäten der Franzosen präsentierte, ist die Alstom-Aktie. Der finanzschwache Konzern hat sich durch die Avance in eine Braut verwandelt, die durch das folgende Werben von Siemens noch attraktiver erscheint. Dem Aktienkurs, der vorher auf Tauchstation war, hat dies jedenfalls gut getan, wie Sie im nachfolgenden Chart sehen können. So weit, so offensichtlich. Interessanter sind in vergleichbaren M & A-Hängepartien die Bewertungen der beiden potenziellen Käufer. Wie sieht es beim Alstom-Poker aus?

Chart Siemens

siemens Aktie chart

Es gibt zwei Hinweise darauf, dass die Investoren einen Erfolg von General Electric leicht präferieren. Erstens rühren die Verluste der Siemens-Aktie vor allem aus der Anfangszeit des Pokers. Als sich die Meinung breitmachte, Siemens meine es gar nicht so ernst, holte das Papier auf - und erhielt einen zusätzlichen Schub durch die positive Aufnahme des Umstrukturierungsplans am 7. Mai. Anschließend wurde die Ambition von Siemens auf Alstom offensichtlicher, prompt schnitt die GE-Aktie zeitweise relativ besser ab. Zweitens zeigte die Siemens-Aktie eine spürbare Reaktion, als am 21. Mai nachmittags die Interpretation die Runde machte, der Konzern steige aus dem Poker-Spiel aus. Das Papier sprang kurzzeitig nach oben.


Siemens droht ein Klumpenrisiko



Ausgangspunkt der Skepsis - die mangels echter Offerte eher auf groben Einschätzungen als auf Details fußt - ist die Erfahrung der Investoren mit dem letzten Mega-Deal von Siemens. Der Einstieg in das Diagnostikgeschäft 2006/2007 für gut 10 Mrd. Euro war überteuert, wurde anfangs schlecht gemanagt, lieferte ein nur niedriges jährliches Wachstum und führte zu einer Abschreibung von 1,2 Mrd. Euro. Nun sind diese Akquisitionen zwar schon lange her, aber Investoren können diesbezüglich ein Elefantengedächtnis haben - zumal wenn es wie im Fall von Alstom um eine Transaktion geht, bei der ein zweistelliger Prozentsatz der eigenen Marktkapitalisierung geboten wird.

Als gewichtigeres Argument allerdings wird am Markt ein Klumpenrisiko im künftigen Siemens-Portfolio eingeschätzt. Schließlich würde der Anteil des Geschäfts mit Energieversorgern steigen. Zwar lassen sich die Dimensionen nicht seriös abschätzen, weil künftige Mehrheitsverhältnisse unklar sind und zudem die denkbare Abgabe des Geschäfts mit Lokomotiven & Co. einen zusätzlichen Effekt hätte. Aber der Anteil am Markt könnte von einem Drittel in die Richtung von 50 % klettern.


Siemens könnte weiter dem DAX hinterherlaufen



Fazit: Nun entbehren derartige Bedenken nicht einer gewissen Ironie, schließlich wurde Siemens in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer vorgehalten, ein Gemischtwarenladen zu sein. Ein entsprechender Konglomeratsabschlag fehlte bei kaum einer Unternehmensbewertung. Und nun könnte ein neuer Fokus auf das Energiegeschäft gelegt werden, den Anleger ebenso wenig goutieren - arme Siemens! Damit bleibt das Risiko bestehen, dass die Aktie vorerst weiterhin schlechter als der DAX laufen könnte.
 
aus der Diskussion: Siemens bald 100€
Autor (Datum des Eintrages): OGGER  (06.06.14 04:48:50)
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