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Washington (vwd) - Wenn der Offenmarktausschuss (FOMC) der Federal Reserve an diesem Dienstag seine Beratungen aufnimmt, wird allein noch die Höhe der zu beschließenden Zinssenkung Diskussionsgegenstand sein. Diese Einschätzung spiegelt sich zumindest am US-Geldmarkt wider, wo am Freitag die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte mit 100 Prozent und die Möglichkeit eines Zinsschnitts um 50 Basispunkte mit 58 Prozent eingepreist wurde. So oder so, der aktuell bei 2,50 Prozent stehende Zielsatz für die Fed Funds Rate würde damit das zehnte Mal im laufenden Jahre verringert werden und so niedrig sein wie zuletzt vor mehr als 40 Jahren. Vielen Beobachtern zufolge erscheint jedoch ein kleiner Zinsschritt geldpolitisch überzeugender als ein großer Zinsschritt. Die Befürworter einer kleinen Zinssenkung verweisen zunächst einmal darauf, dass die bisherige aggressive Vorgehensweise der Fed bereits zu einer starken Liquiditätsanreicherung der US-Volkswirtschaft geführt habe. Diese sollte Anfang des kommenden Jahres erste expansive realwirtschaftliche Impulse zur Folge haben, zumal die kurzfristigen Realzinsen immer stärker in den negativen Bereich fielen. Vor diesem Hintergrund wird davor gewarnt, dass die derzeitige Liquiditätsentwicklung mittelfristig spürbar inflationär wirken könnte. Konjunkturskeptiker geben zudem zu bedenken, dass die Fed-Leitzinsen angesichts ihres sehr niedrigen Niveaus nicht mehr unbegrenzt gesenkt werden können. Aus diesem Grund sollte die Fed vorerst ihr Zinssenkungstempo verlangsamen, um nicht zu einem späteren Zeitpunkt mit leeren Händen dazustehen. Ob sie diese Überlegungen aber nach den sehr schlechten Konjunkturdaten der vergangenen Woche beherzigen wird, steht vor einer harten Probe. Denn, so die Einschätzung der Fed-Watcher, die einen großen Zinsschritt erwarten, spätestens nach der Veröffentlichung der verheerenden Oktober-Arbeitsmarktzahlen sei gerade mit Blick auf das angeschlagene Verbrauchervertrauen eine weitere deutliche Zinssenkung erforderlich, um die Erwartungen zu stabilisieren. Immerhin haben sich im laufenden Jahr die US-Verbraucher mit ihrer Konsumfreude als verlässliche Konjunkturstütze erwiesen und dafür gesorgt, dass die US-Wirtschaft im ersten und zweiten Quartal noch moderat gewachsen ist. Die Befürworter eines großen Zinsschrittes sollten aber die Beobachtungen berücksichtigen, die bereits für den Unternehmenssektor gemacht worden sind. Dort haben die massiven Zinssenkungen dieses Jahres wegen der starken Überkapazitäten und ungewisser Zukunftsaussichten, die sich nach den Terroranschlägen vom 11. September noch verstärkt haben, bislang nichts bewirkt. Die Verbraucher geraten nun wegen der steigenden Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Angst um den eigenen Arbeitsplatz in eine ähnliche Situation der Ungewissheit, die den Konsum sinken und das vorsorgliche Sparen zunehmen lässt. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte mehr oder weniger dürfte vor diesem Hintergrund wenig Einfluss auf ihr Nachfrageverhalten haben, zumal in Kürze schon weitere Steuersenkungen Kaufkraft freisetzen könnten. Deshalb sollte die Fed bereits jetzt stärker die mittelfristige konjunkturelle Entwicklung im Blick haben, sowohl wegen möglicher Inflationsrisiken im kommenden Aufschwung, aber auch auf Grund der Gefahr einer sehr tief greifenden und lange währenden Rezession. Egal welches Szenario eintritt, eine moderate Zinssenkung erscheint als die überzeugendere Option. +++ Peter Trautmann vwd/6.11.2001/ptr
 
aus der Diskussion: 06.11.01: US-Zinsentscheidung - Greenspan gibt der Nachwelt einen Trümmerhaufen
Autor (Datum des Eintrages): jendrik  (06.11.01 07:51:56)
Beitrag: 20 von 767 (ID:4803781)
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