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Liberty-Chef: MHP ist kein wahrhaft offener Standard

Die Multimedia Home Platform (MHP), die mehr als 70 Geräte-Hersteller und Medienfirmen in mehrjährigen Absprachen gemeinsam als eine Art offenes Betriebssystem fürs digitale Fernsehen entwickelt haben, ist dem US-Kabelgiganten Liberty Media nicht offen genug. Liberty-Chef John Malone sagte bei seinem ersten offiziellen Deutschland-Besuch am Donnerstagabend vor Bundestags-Abgeordneten in Berlin, er sei sehr besorgt, dass er sich mit der Plattform für Set-Top-Boxen Probleme mit dem geistigen Eigentum anderer Firmen einkaufe und später mit hohen Lizenzgebühren zur Kasse gebeten werde.

"Wir wollen nicht so enden wie die PC-Hersteller", verkündete Malone, der nach dem vollendeten Kauf von sechs Kabelregionen von der Deutschen Telekom gut zehn Millionen Haushalte in Deutschland an neue Fernseh- und Netzwelten gewöhnen will und sich vor den Parlamentsvertretern als mehr Vielfalt und Wettbewerb bringender "Good Guy" präsentierte. Die Computerbauer hätten von Microsoft zunächst ein "billig erscheinendes" DOS als Betriebssystem erhalten und seitdem die teuren Windows-Nachfolge-Generationen kaufen müssen.

Konkrete Vorbehalte bei MHP hat Malone vor allem gegen Java. Die Programmierumgebung, die Sun Microsystems vor fünf Jahren auf den Markt gebracht hat, ist ein elementarer Bestandteil der Decoder-Software. Dass der Hard- und Softwarehersteller damit aber einen Fuß bei MHP in der Tür habe, könnte sich für die Kabelfirmen als großer Nachteil herausstellen, erläuterte der Liberty-Chef den geladenen Politikern. Er erinnerte an seine Kämpfe mit der US-Firma Gemstar , die einen proprietären elektronischen Programmführer (EPG) fürs Digital-TV entwickelt hatte. Mehrere Jahre lang habe man versucht, um diese Lösung herumzukommen. Doch schließlich hätte Liberty aufgeben und die eigene EPG-Entwicklung an den Konkurrenten verkaufen müssen.

Es seien also nicht nur die bislang noch bestehenden Mehrkosten für MHP, die ihn bedenklich stimmen, so Malone. "Wir wollen vor allem einen wahrhaft offenen Standard." Liberty könne MHP nur unterstützen, wenn dadurch keinerlei intellektuelles Eigentum anderer Firmen berührt werde. MHP wird von seinen Entwicklern sowie den die Softwareumgebung unterstützenden Fernsehsendern allerdings just wegen seiner großen Offenheit als Königsweg in die Medienzukunft gefeiert. "Wir erkannten", berichtet Ulrich Reimers, Professor an der TU Braunschweig und technischer Entwicklungsleiter des weltweiten, hinter MHP stehenden Projekts für Digital Video Broadcasting (DVB), "dass wir eine offene Plattform brauchen, die genau spezifiziert und damit für alle gleichartig nutzbar ist."

Auch bei Sun stoßen die Ängste Malones auf völliges Unverständnis. "Java ist absolut offen", erklärte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber heise online. "Wir haben den Standard in die Hände der internationalen Entwickler-Community gegeben und selbst gar nicht mehr viel mitzureden." Geringe Lizenzgebühren erhebe Sun zwar "seit Ewigkeiten". An den Preisen werde sich aber nichts ändern: "Wir sind ja schließlich nicht Microsoft." Außerdem habe sich erst jüngst auch SAP für die Entwicklungsumgebung entschieden. Den Walldorfern sei es aber gerade auf den Erhalt der Offenheit angekommen.

Quelle:http://www.heise.de/newsticker/data/wst-16.11.01-007/

Ciao Kamischke
 
aus der Diskussion: PRIMACOM THEAD 99 (LIBERTY BRAUCHT LEVEL 4)
Autor (Datum des Eintrages): kamischke  (16.11.01 15:10:38)
Beitrag: 65 von 162 (ID:4901972)
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