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läuft doch gut singha ? :rolleyes:

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Liquiditätsanstieg ist nicht die Ursache

Von Bernd Niquet

Es ist wirklich erstaunlich: Da leben wir nun bereits seit mehr als 50 Jahren in einer Marktwirtschaft, und trotzdem haben die meisten Menschen den wesentlichen Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus in seinen Grundstrukturen noch immer nicht verstanden: Eine Marktwirtschaft wird durch Preissignale gesteuert, eine sozialistische Volkswirtschaft hingegen durch Mengenvorgaben.

Gäbe es in einer Marktwirtschaft tatsächlich so etwas wie eine Liquiditätshausse, dann müsste der Nikkei-Index derzeit anstelle von 10.000 Punkten mindestens 100.000 Punkte ausweisen. Will sagen: Der Anstieg der Liquidität, die wir weltweit derzeit beobachten, ist der Reflex, nicht jedoch die Ursache der gegenwärtigen Kurssteigerungen am Aktienmarkt. Denn hierfür ist etwas völlig anderes verantwortlich:

Die wirklichen Ursachen der Aktienhausse

Die Grundfrage, die sich jeder, der das Wort "Liquiditätshausse" in den Mund nimmt, stellen muss, ist die folgende: Wie kommen die Anleger eigentlich in den Besitz der gestiegenen Liquidität? Da es sicherlich unstrittig ist, dass diese nicht vom Himmel fällt (oder etwa doch?), bleiben zwei Wege übrig:
Fall 1: Die Zentralbank kauft festverzinsliche Wertpapiere aus dem Markt (Offenmarktgeschäfte).
Fall 2: Die Zentralbank vergibt höhere Kredite (Diskontgeschäfte).


Agiert die Zentralbank offensiv am offenen Markt (Fall 1) und kauft Papiere, dann macht das im Vergleich zum normalen Handel nur einen Unterschied: Das Geld, welches der Verkäufer der Bonds erhält, kommt nun nicht von einem privaten Bondkäufer, sondern von der Notenbank. Kurssteigernd am Aktienmarkt kann diese Maßnahme daher nur dann sein, wenn man annimmt, dass der potentielle private Bondkäufer, der nun durch die Notenbank "ersetzt" wird, aus exakt diesem Grunde mit seinem Geld an den Aktienmarkt herantritt. Doch warum er das tun sollte, bleibt natürlich unerfindlich.

Vergibt die Notenbank mehr Kredite (Fall 2), dann steigt die Liquidität ebenfalls an. Doch wann werden die Banken, die diese Kredite bei der Notenbank aufnehmen (beziehungsweise die Privaten, die diese bei den Geschäftsbanken aufnehmen), dieses Geld am Aktienmarkt anlegen? Sie werden es exakt dann tun, wenn ihre Ertragserwartungen die Zinskosten übersteigen. Es ist also nicht das Mengensignal, sondern das Preis- beziehungsweise Preiserwartungssignal, welches die Käufe am Aktienmarkt verursacht. Konkret: Die Kredite werden überhaupt erst dann aufgenommen, wenn das Preis- und Erwartungsgefüge das Signal dafür gibt.

Ohne Ertragserwartungen läuft nichts

Halten wir also fest: Senkt die Notenbank die Zinsen, dann werden sich bei gleichbleibender (oder steigender) Erwartungshaltung die Kreditaufnahmen zum Aktienkauf erhöhen. Doch was ist, wenn die Ertragserwartungen ebenfalls sinken? Dann sind wir beim Fall Japan: Wenn die Ertragserwartungen negativ sind, dann wird niemand selbst bei einem Zinssatz von annähernd null einen Kredit zum Aktienkauf nachfragen. Die Liquidität könnte daher bis ins Unendliche steigen - und niemand würde auch nur einen neuen Aktienkauf tätigen.
An dieser Stelle wird natürlich sofort ersichtlich, warum derartige Gedanken kein akademisches Glasperlenspiel, sondern für jeden Investor eigentlich lebensnotwendig sind: Führt nämlich die expansive Notenbankpolitik nicht kurz- bis mittelfristig zu einer Erholung der Wirtschaft und damit zu einer Stabilisierung oder sogar zu einem Steigen der Ertragserwartungen, dann werden selbst bei deutlich ansteigender Liquiditätsentwicklung die Aktien beginnen, wieder zu sinken.

Das böse Erwachen

Die Aktien steigen derzeit also nicht aufgrund der anschwellenden Liquidität, sondern aufgrund eines Anstieges im Optimismus hinsichtlich der Ertragserwartungen. Konkret: Weil die Marktteilnehmer glauben, dass die Zinssenkungen die Wirtschaft schnell wieder aus der Talsohle herausführen. Erweist sich dieser Optimismus als berechtigt, dann wird der Kursaufschwung Bestand haben. Erweist er sich jedoch als unberechtigt, so wird es eine herbe Enttäuschung und deutlich sinkende Kurse geben. Mit der Liquidität jedoch hat das alles nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die US-Industrie hat das bereits begriffen. Denn im 13. Monat in Folge ist die Industrieproduktion in den USA jetzt gefallen. Das ist der höchste Wert seit der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre, in der es 15. Mal hintereinander einen Rückgang gab. Denn warum produzieren, wenn die Ertragserwartungen rückläufig sind? Die US-Industrie hat also bereits begriffen. Nur an der Börse träumt man noch den Traum der Liquidität. Doch dies war, ist und wird immer nur ein Traum bleiben. Und es wird kein frohes Aufwachen geben.

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und dem dow fehlen ca. 15 prozent vom top.
das macht die sache so pervers!

;)
 
aus der Diskussion: Der Wahnsinn von Amerika
Autor (Datum des Eintrages): DolbyDigital5.1  (20.11.01 17:31:07)
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