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Es war am 20.Dezember 1897, als in der New Yorker Zeitung "The Sun" folgender Brief der achtjährigen Virginia O’Hanlon aus New York eintraf:

Sehr geehrter Herr Redakteur!

Viele meiner Freunde sagen, daß es gar keinen Weihnachtsmann gibt. Papa meinte, ich solle bei der "Sun" nachfragen. Die Leute dort wüßten so ziemlich alles. Bitte sagen Sie mir die Wahrheit! Gibt es einen Weihnachtsmann?

Der Chefredakteur, Frank P. Church, schrieb der kleinen Virginia folgenden Antwortbrief:

Meine liebe kleine Virginia!

Ich glaube nicht, daß Deine Freunde recht haben. Allerdings leben sie in einem Zeitalter, das den Zweifel auf seine Fahnen geschrieben hat. Wir wollen heute nur glauben, was wir sehen und begreifen können. Deine Freunde sollten jedoch nicht vergessen, daß unsere scheinbar so große Welt nur einen ganz kleinen Punkt des riesigen Weltalls darstellt, und daß wir Menschen über ein Wissen von diesem All verfügen, das die Erkenntnis einer Ameise mit dem Stolz eines Elefanten verbindet.

Ja, liebe Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann! Gäbe es ihn nicht, so wäre es traurig um uns bestellt. Du kannst die Liebe Deiner Eltern auch nicht sehen und begreifen. Aber gibt es darum diese Liebe nicht?

Deine Freunde werden auch bemerken, daß es keine Elfen und Feen gäbe. Doch warte nur zehn Jahre, denn heute kannst Du das noch nicht verstehen. Vielleicht stehst Du dann an der Seite eines geliebten Menschen in einer stillen Sommernacht vor einer vom Mondschein versilberten Wiese und siehst die Elfenkönigin mit ihren Elfen tanzen. Am nächsten Morgen würdest Du mit wachen Augen vergeblich nach den Eindrücken ihrer kleinen Füße im Grase suchen – aber trotzdem waren sie da!

Dein Vater könnte nun mehrere Beamte der New Yorker Wach- und Schließgesellschaft bestellen, damit sie Euren Kamin in der Weihnachtszeit bewachten. Sie würden Dir am Weihnachtsmorgen nur berichten können, daß kein Weihnachtsmann den Kamin hinuntergefahren sei. Was würde das beweisen? Trotzdem lägen auf Deinem Platz unter dem Christbaum Gaben der Liebe, die viele Deiner Wünsche erfüllten. Die schönsten Dinge dieser Welt kann man nicht sehen und begreifen...

Und von diesem Glauben leben unsere Dichter, leben unsere Träume. Wie bitter und öde wäre die Welt, wenn wir nicht mehr träumen könnten oder dürften! Auch Du warst einmal ganz klein und hattest Deine Freude an einer Kinderklapper. Wie oft magst Du Dich damals gefragt haben, was eigentlich das Klappern bewirkte. Und eines Tages war es Dir dann gelungen, Deine Klapper kaputtzumachen. Enttäuscht hast Du sie wohl fortgeworfen, denn hinter dem Dich lockenden Geheimnis standen nur ein paar unscheinbare, nichtssagende, kleine Zelluloidkugeln. So ging Dir mit der Entzauberung des Geheimnisses seine Schönheit verloren.

Sage Deinen Freunden, daß man ein Geheimnis nie vorzeitig enthüllen darf, daß man in die unsichtbaren Dinge dieser Welt hineinwachsen, in sie hineinreifen muß.

Du darfst uns glauben... noch in Tausenden und Zehntausenden von Jahren wird der Weihnachtsmann die Kinderherzen höher schlagen lassen!

Mit den besten Weihnachtswünschen
Deine Zeitung "The Sun"
 
aus der Diskussion: ********** GIBT ES DEN WEIHNACHTSMANN ?? **********
Autor (Datum des Eintrages): Maze100  (14.12.01 14:19:20)
Beitrag: 3 von 9 (ID:5120338)
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