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Matica Technologies steuert auf ein Delisting zu -- in Reaktion darauf ist die Aktie deutlich eingebrochen. Das kommt überraschend, da noch mit Vorlage der Q3/15-Zahlen (neuere gibt es nicht) eine IR-Charme-Offensive angekündigt wurde. Kurz zuvor wurde zu diesem Zweck ein IR-Berater angeheuert. Ungewöhnlich ist auch die Eigentümerstruktur, wo mit Katakana SA (43.8%, Beteiligungsvehikel des Matica-CEO) und HFX (41.8%, PE) zwei ähnlich große und anscheinend nicht miteinander in Beziehung stehende Aktionäre den Streubesitz (14.4%) dominieren und ein Delisting favorisieren. Ein Angebot an den Streubesitz ist anscheinend nicht geplant -- und mangels Notiz im geregelten Markt auch nicht geschuldet.

Die Aktie ist optisch sehr billig. Sie notiert nicht nur erheblich unter Buchwert, sondern auch bei einem geschätzt einstelligen 2016er KGV. Die Q3/15-Zahlen waren nach Angaben der Gesellschaft erheblich von negativen Einmaleffekten aus der "Reorganisation" des Konzerns geprägt, verbunden mit einem sehr optimistischen Ausblick auf 2016. Für 2015 wurde seinerzeit ein EBITDA zwischen 3.4 und 3.6 Mio EUR erwartet. Während unter "normalen" Bedingungen wohl 75% als Nachsteuergewinn hängen geblieben wären, dürften besagte Einmalaufwendungen den JÜ für 2015 unter 1 Mio EUR drücken. Für vergleichbare Firmen werden im Markt Preise von 10-14 x EBITDA gezahlt (so der CEO), an der Börse wird das Unternehmen aktuell mit ca. 13 Mio EUR bewertet, was einem (2015er) EBITDA-Multiple von knapp 4 entspräche.

Zum Vergleich: Die Evolis S.A. ist als börsennotierter Wettbewerber der Matica mit einem EBITDA-Multiple von deutlich mehr als 14 bewertet. Weitere unnotierte, aber dafür deutlich wichtigere Wettbewerber sind Datacard und HID (Tochter von Assa Abloy).

Eine im März 2015 auf der a.o. HV beschlossene und im Folgenden (Ende September 2015) durchgeführte Kapitalmaßnahme bestand darin, die im Besitz der beiden heutigen Hauptaktionäre stehende Holdinggesellschaft, die neben rd. 75% der Matica-Aktien auch produzierende Zulieferer der Matica besaß, im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung in die Matica einzubringen. Anschließend wurden die nunmehr "eigenen" Aktien der Matica eingezogen. Eine zu diesem Zweck durchgeführte Bewertung der AG ergab einen Aktienpreis von 2.23 EUR, der auch damals erheblich über dem Börsenkurs lag. Die indirekte Beteiligung der Hauptaktionäre stieg durch diese Maßnahme von 75% auf die heutigen 85.6%. In einer parallel angebotenen Barkapitalerhöhung wurden ökonomisch unsinnig noch rd. 61000 Aktien zu 2.23 EUR platziert.

Es ist kaum vorstellbar, dass sich die Bewertung des Unternehmens, die auch mit den vom CEO ventilierten EBITA-Multiples korrespondierte, in der Zwischenzeit verschlechtert haben sollte. Tatsächlich legen die IR-Aussagen bislang das Gegenteil nahe. Eine unmittelbare "Enteignung" im Rahmen einer Strukturmaßnahme (dazu wäre außerdem die erneute Bündelung der Anteile beider Hauptaktionäre erforderlich) halte ich daher für eher unwahrscheinlich.

Warum das Delisting? Gut möglich, dass Matica in naher Zukunft per Merger oder Erwerb gegen Aktien als "Konsolidierer" in der Branche auftritt. Entsprechende Ambitionen ließ der CEO im Q3-Call anklingen. Barmittel für nennenswerte Zukäufe sind nicht vorhanden, so dass allein Aktien als Emissionswährung in Frage kommen. Die aktuelle Bewertung ist dabei hinderlich; dem hülfe das Delisting ab. Möglich auch, dass die Firma im Zuge einer solchen Maßnahme börsenmäßig z.B. in die USA "umzieht", wo angemessenere Bewertungen zu erwarten wären.

Seit Ankündigung des Delistings wurden auf Xetra ca. 2% des Unternehmens umgesetzt, der Markt ist inzwischen aber wieder sehr illiquide.

Disclaimer: Ich habe in den vergangenen Tagen Matica-Aktien erworben.
 
aus der Diskussion: ABFINDUNGSPHANTASIE BEI NEBENWERTEN !?
Autor (Datum des Eintrages): Quidam_Mark  (01.03.16 22:38:02)
Beitrag: 3,871 von 5,559 (ID:51877200)
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