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vwd Extra/US-Wirtschaft 2002: Aufschwung mit Risiken
- von vwd Redakteur Peter Trautmann -


Frankfurt (vwd) - Die Ausgangslage für die US-Wirtschaft ist zu Beginn des kommenden Jahres selten klar: Die Konjunktur befindet sich im Rezessionstal, zum ersten Mal seit rund zehn Jahren. Nachdem 2001 ein jahrelanger und beispielloser Aufschwung relativ abrupt sein Ende gefunden hat und in einem von den Terroranschläge des 11. September verstärkten Abschwung übergangen ist, heißt es für 2002, auf den erneuten Aufschwung zu hoffen. Die meisten Experten zeigen sich überzeugt davon, dass dieser kommen wird.



Allenfalls noch das Anfangsquartal wird ein Minuswachstum aufweisen, so zurzeit die Konsensprognosen der Bankenvolkswirte, danach jedoch werde der US-Konjunkturzug rapide an Fahrt gewinnen. Auf welcher Grundlage basiert dieser Optimismus? Allen scheint klar, dass vor allem zwei Faktoren maßgeblich für die Wiederbelebung der US-Wirtschaft sorgen werden. Da sind zum einen die massiven Zinssenkungen der Federal Reserve, die seit Januar 2001 ihren Zielsatz für die Fed-Funds-Rate um 475 Basispunkte auf nunmehr 1,75 Prozent, das niedrigste Leitzinsniveau seit Juli 1961, zurückgenommen hat und im Januar den Leitzins wahrscheinlich bei 1,50 Prozent seinen Boden finden lassen wird.



Darüber hinaus, so heißt es, würden die fiskalpolitischen Spritzen der Regierung - bislang mit einem Volumen von rund 60 Mrd USD, wobei weitere 60 Mrd bis 75 Mrd USD zu erwarten sind - der Konjunktur die notwendige Belebung verschaffen. Doch auch andere Entwicklungen sollten nach Ansicht der Experten für die Wende sorgen: Einerseits wird immer wieder auf den starken Rückgang der Ölpreise verwiesen, der 2002 für die US-Bürger rund 70 Mrd USD zusätzliche Kaufkraft schaffen wird. Darüber hinaus wird immer wieder das baldige Ende des Lagerbestandsabbaus betont, dem ein neuer Lageraufbauzyklus und damit steigende Nachfrage folgen soll.



Auf den ersten Blick liest sich dies alles recht schön, und Wachstumsprognosen von rund 2,5 Prozent für das Gesamtjahr 2002 (nach vermutlich rund 1,0 Prozent im laufenden Jahr) erscheinen vor diesem Hintergrund zunächst einmal recht plausibel. Tatsächlich ist dieser rosige Ausblick aber alles andere als frei von Risiken. Dies beginnt schon mit einer möglichen Überschätzung der geldpolitischen Wirkungen. Kritische Beobachter haben zuletzt zurecht darauf verwiesen, dass die Sektoren, die tatsächlich sehr zinssensitiv sind, zurzeit wenig Aufschwungpotenzial bieten.



Da ist zum einen der Baubereich, der immer noch in einer Hochphase ist und dem viele kaum weiteres Wachstumspotenzial zubilligen. Ähnliches gilt für den Automobilbereich. Besonders problematisch ist jedoch der Kapitalgüterbereich. Angesichts der bestehenden Überkapazitäten, insbesondere in der New Economy, scheint es fraglich, woher die wachstumsträchtige Investitionsnachfrage kommen soll.



Zudem bestehen zahlreiche Konjunkturrisiken auf internationaler politischer Ebene. Nicht wenige Beobachter fragen sich, wie die weitere US-Militätstrategie im Kampf gegen den Terrorismus aussehen wird und welche Folgen dies für die immer noch angeschlagene Stimmung der Unternehmen und Verbraucher haben wird. Auch könnten weitere Anschläge auf US-Boden mit entsprechenden ökonomischen Konsequenzen nicht ausgeschlossen werden. Und schließlich droht bei einer Zuspitzung der Krise im Nahen Osten möglicherweise ein erneutes Anziehen der Ölpreise.



Alles in allem scheint 2002 vor diesem Hintergrund ein schwieriges und ungewisses Jahr für die US-Wirtschaft zu werden. Umso schwerer wiegt dabei, dass sich die konjunkturpolitischen Optionen als begrenzt erweisen könnten. So ist der zinspolitische Spielraum der Fed nur noch sehr eng, und einige Beobachter zweifeln bereits, ob weitere Zinssenkungen überhaupt noch Wirkungen entfalten können. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die massive Liquiditätsschaffung - abzulesen an den sehr hohen Geldmengenwachstumsraten - wieder einmal an den Finanzmärkten landet und dort angesichts der laufenden optimistischen Konjunkturwetten neue Kursblasen schafft.



Für die Fiskalpolitik besteht zudem die Gefahr eines zu starken Abweichens von dem soliden Haushaltsgebaren der jüngeren Vergangenheit mit negativen Folgen für die Kapitalmarktzinsen. Dennoch darf die Situation nicht zu negativ gesehen werden, Vergleiche mit der seit rund zehn Jahren dahinsiechenden japanischen Wirtschaft sind nicht angebracht. Dafür sind die ökonomischen Fundamente in den USA letztlich zu stark.



Vor allem angesichts der hohen Wettbewerbsintensität mit kreativen und innovativen Unternehmern, sehr flexibler Güter- und Arbeitsmärkte und eines intakten Bankensektors wird den USA das japanische Schicksal erspart bleiben. Wenngleich sehr wahrscheinlich die hohen Wachstumsraten der zweiten Hälfte der neunziger Jahren nicht mehr erreicht werden dürften, sollten die mittelfristigen Perspektiven für die US-Wirtschaft bei einem Ausbleiben weiterer Schocks sehr gut sein.


vwd/20.12.2001/ptr/zwi


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Guter Kommentar, wenngleich zu optimistisch. :D
 
aus der Diskussion: 20.12.01 + 21.12.01: Lasset die Hexen mit dem Christkind tanzen!
Autor (Datum des Eintrages): germanasti  (20.12.01 12:30:10)
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