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US-Aktienmarkt steht am Scheideweg

Pessimisten erwarten bei Sturz unter magische Marke weitere Kursverluste bei Standardwerten -Technologietitel in besserer Verfassung
Berlin - Knapp ein Jahr, nachdem der Dow-Jones-Index die psychologisch wichtige 10 000-Punkte-Marke nach oben durchbrochen hat, gerät die magische Schwelle erneut ins Blickfeld der Wall Street. Nun könnte das Kursbarometer die Marke nach unten durchbrechen. Erstmals seit dem 18. Oktober fiel der Leitindex am Donnerstag sogar kurzzeitig unter die Marke, konnte jedoch zum Handelsschluss wieder darüber schließen. Am Freitag lag der Dow im frühen Handel aber wieder im Minus. "Wir stehen auch jetzt am Scheideweg, wo sich die Entwicklung für die kommenden Monate herauskristalisiert", sagt Charles Payne, Chef-Analyst bei Wall Street Strategies.
Analysten zeigen sich aber uneins über die fundamentale Bedeutung der 10 000er Marke. Das Spektrum reicht dabei von Crash-Gefahr bis "Nicht-Ereignis". "Bei 10 000 Punkten geht es beim Dow um Leben oder Tod", warnt Payne. Er verweist auf den Oktober des vergangenen Jahres. Als die magische Marke hielt, interpretierten Anleger dies als Kaufsignal und starteten eine dreimonatige Kursrallye.
Auch Todd Gold von Gruntal misst den 10 000 Punkten eine große Bedeutung zu. "Wenn der Dow unter die Marke fällt, ist ein Sturz bis auf 9650 nicht mehr auszuschließen." Darunter sei die nächste Unterstützung erst bei 9200 Zählern. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Wieland Staud von Staud Research. Wichtig sei, dass die kritische Zone bei 9700 Zählern nicht nach unten durchbrochen werde. "Dann könnte es noch richtig in den Keller gehen", so Staud.


Andere Experten halten die Marke für weit weniger wichtig. "Auch wenn der Dow Jones unter die 10 000 fällt, ist dies kein kritisches Ereignis", sagt Roger Hirst von Dresdner Kleinwort Benson. Zwar könnte der Index dann auf Grund von Stopp-Loss-Programmen noch etwas weiter fallen. Ein Ausverkauf werde jedoch unmittelbar nicht einsetzen. Tatsächlich haben Anleger bei runden Zahlen oftmals Stoppmarken gesetzt, deren Unterschreiten automatische Verkaufsprogramme auslöst. Gianni Hirschmüller von der Deutschen Bank hält zwar ebenfalls die 10 000er Dow-Marke für wenig relevant, erwartet aber dennoch kräftige Kursverluste. "Die aktuelle Positionierung der Anleger spricht für eine längere Korrektur beim Dow Jones." Viele Anleger seien sukzessive nach dem Einbruch vom Höchststand bei über 11 700 Punkten in den Markt eingestiegen und gerieten immer stärker ins Minus. "Sollten die Kurse weiter fallen, werden diese Investoren panisch verkaufen", so Hirschmüller. Aber selbst für den Fall steigender Kurse würden Anleger diese dann zum Ausstieg nutzen und damit den Index wieder drücken. Nach einem Zwischenstopp bei 9350 Zählern erwartet Hirschmüller einen Einruch bis auf 8850 Zähler.
Im Mittelpunkt der Überlegungen steht für viele Experten auch die Frage nach der Reaktion der Technologiewerte, falls der Dow unter 10 000 Punkte fallen sollte. Bisher konnte der High-Tech-Index Nasdaq beinahe täglich neue Rekorde aufstellen, während das Standardbarometer mittlerweile um 14 Prozent vom Höchstkurs abgab. "Der Nasdaq-Index als Abbild der New Economy ist mittlerweile der Leitindex für viele Anleger", sagt ein Fondsmanager. "Es ist schwer, Anleger von einem Engagement in Coca Cola für zwei Jahre zu überzeugen, wenn Aktien von Verticalnet die gleiche Performance in zwei Tagen zurücklegen."
"Technologiewerte bewegen sich unabhängig vom Zyklus, während Standardwerte des Dow damit verbunden sind", sagt Hirst. Das Schicksal des Dow werde sich erst im Frühjahr entscheiden, wenn klar werde, ob sich die Konjunktur abkühle und weitere Zinsanhebungen überflüssig würden. "Sollte die Konjunktur überhitzen, könnte der Dow über 20 Prozent einbrechen. Dann dürfte auch das Bollwerk Technologie nicht mehr halten", so Hirst.
Staud gibt sich optimistisch. Er sieht kurz wie im Oktober des vergangenen Jahres bei knapp 10 000 Zählern die Wendemarke. "Von da marschieren wir bis zum Jahresende auf 13 500 Punkte." hz.
 
aus der Diskussion: Börsenguru`s
Autor (Datum des Eintrages): Bischoff  (26.02.00 00:10:14)
Beitrag: 15 von 150 (ID:530291)
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