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Kabelfirmen dürfen Abopreise nicht einfach erhöhen
Von Leonhardt Krause, Leipzig

Die Leipziger sollten stolz sein. Als selbst ernannter Pionier kam der Kabelnetzbetreiber Primacom vor drei Jahren in die sächsische Metropole, um den von ihm versorgten Bürgern als erstes die Segnungen der digitalen TV-Verbreitung zu bringen.

Mehr Programme, besserer Empfang und interessante Zusatzdienste - Angebote wie sie, nachdem der Kabelnetzverkauf der Telekom abgeschlossen sein wird, auch anderswo versprochen werden, wo die neuen privaten Kabelnetzbetreiber tätig sind.

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Die Firma hatte bereits im vergangenen Sommer die Preise für den klassischen Analoganschluss um 1,60 DM auf 18 DM erhöht. Doch die Preiserhöhung erklärte das Amtsgericht Leipzig nun für rechtswidrig. Mit dem Produkt Analogfernsehen dürfe nicht ein Produkt Digitalfernsehen finanziert werden, so der Richterspruch. Der gilt zwar zunächst im Einzelfall, doch die Wohngenossenschaft Lipsia macht sich jetzt für ihre Mieter stark. 8200 sind Primacom-Kunden und können ihre Ansprüche an den Vermieter abtreten, die sie gesammelt geltend machen will. "Es kann nicht jetzt Geld verlangt werden für eine Leistung, die vielleicht erst später einmal kommt", schimpft Lipsia-Justiziarin Sonja Werhahn.


Gebremste Investitionskraft

Auch anderswo könnten sich Kabelkunden wehren. Rundfunkrechtler wie der Leipziger Professor Christoph Degenhart halten das Urteil für bedeutend für die gesamte Kabelbranche. "Es bremst jedenfalls unsere Investitionskraft", sagt der Primacom-Sprecher. Das Gericht empfiehlt der Firma lapidar, sich "andere Formen der Kapitalbeschaffung" einfallen zu lassen.

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Zusätzlich droht Primacom nun Ärger von der ARD, die sich beschwert, dass nur ein Teil ihres Digitalpakets durchgeleitet wird. Hier droht vielleicht das nächste Verfahren, auch wenn Primacom von "technischen Gründen" spricht.


Pioniergeist

Das Unternehmen selbst führt die Probleme in Sachsen auf seine Vorreiterrolle zurück. "Wir sind Pioniere und müssen eben ausprobieren", sagt Sprecher Löhmann. Tatsächlich können andere Kabelfirmen aus den Bruchlandungen in Leipzig nur lernen. Das gilt etwa für die Konkurrenten ISH (NRW), Iesy (Hessen) oder Liberty-Media, die den Großteil der Kabelnetze übernehmen will.

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Quelle: http://www.ftd.de/tm/me/FTDDC294AWC.html?nv=se


Durch dieses Urteil in einem Einzelfall verliert Primacom im Extremfall (potentielle) Einnahmen i.H.v. 0,8 Euro x 120.000 Kunden = 96.000 Euro. Das ist nicht allzu tragisch, aber trotzdem ärgerlich, zumal das Gebührenniveau in Ostdeutschland niedriger ist als in Westdeutschland. Vielleicht wäre eine Gebührenerhöhung unter Verweis auf die zunehmende Angleichung der Einkommensverhältnisse in Ost und West erfolgversprechender gewesen.
Ohnehin wäre es interessant zu wissen aufgrund welcher Rechtsgrundlage hier geurteilt wurde. Fraglich ist, inwiefern ein derartiger Eingriff in die Preisautonomie eines privatwirtschaftlichen Unternehmens - zumal es sich nur um eine verhältnismässig geringe Preiserhöhung handelt - in einer Marktwirtschaft zu rechtfertigen ist.

Meryll.
 
aus der Diskussion: PRIMACOM THREAD 100
Autor (Datum des Eintrages): meryll  (11.01.02 13:12:29)
Beitrag: 95 von 192 (ID:5310566)
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