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aktuelle Einschätzung zum DAX

DAX: Ausbruch aus der Range 4872 - 5352 abwarten
von Holger Struck, M.M.Warburg & CO

Wird es das vielfach prognostizierte, freundliche Börsenumfeld für deutsche Standardaktien im ersten Halbjahr 2002 wirklich geben ? Der Blick auf den Chartverlauf des DAX und einige Standardwerkzeuge der markttechnischen Analyse läßt den Betrachter momentan doch einigen Respekt vor dem Kursrisiko entwickeln.

Der recht steile Aufwärts-Tertiärtrend seit dem Sell-Off im September 2001 ist ganz eindeutig nicht mehr intakt. Dies muß umso mehr als ernstzunehmende Indikation angesehen werden, weil die ehemals noch steilere Aufwärtstrendlinie bereits mehrfach angepaßt werden konnte, d. h. mit der Zeit immer flacher einzuzeichnen war. Diese Art der Anpassung war „methodisch legitim“, solange es dem DAX stetig gelungen war, nacheinander auf höherem Niveau liegende Bewegungshochpunkte im Chart zu hinterlassen. Über die Jahreswende hinweg hat sich nun jedoch mit den Höchstständen von 5341 (6. Dezember) und 5352 (4. Januar) ein charttechnisches Doppeltop ergeben, das wenig unterhalb der gleitenden 200-Tage-Durchschnittslinie (5360 Punkte) bis auf weiteres einen klaren Widerstand darstellt. Zuvor war es dem DAX nicht gelungen, den heute bei 5427 Punkten anzutreffenden, sekundären Abwärtstrend vom Beginn des Jahres 2001 (rot) zu durchbrechen – ganz zu schweigen von der momentan gar nicht zur Debatte stehenden, primären Abwärtstrendgeraden vom Höchstkurs aus dem Jahr 2000. Halten wir also fest: Solange die Doppelspitze bei 5341 / 5352, die 200-Tage-Linie bei 5361 und etztlich der Sekundär-Abwärtstrend bei 5427 nicht überwunden sind, müssen wir uns über mittel-fristig und nachhaltig höhere Kurse des DAX nicht allzu viele Gedanken machen. Eher gelten die genannten Marken als „Wenn-dann-Bedingungen“.

Zumindest vorerst ist auch das Rückschlagspotential recht klar zu definieren und glücklicherweise als begrenzt anzusehen: Die Tiefpunkte vom November und Dezember des letzten Jahres bei 4878 und 4872 liegen mit dem Hochpunkt des vorausgegangenen Oktobers bei 4874 auf beina-he identischem Niveau und fungieren ganz klar als statische Unterstützung horizontaler Natur. Nach dem besagten Trendbruch und den (zuletzt) nicht mehr steigenden Bewegungshochpunkten sollte der technisch orientierte Investor aber auch einen Blick auf die Fibonacci-Retracements der Aufwärtstendenz seit September 2001 werfen. Sie liegen alle eine Etage tiefer, so daß erst mit der eingekreisten Zone rechts im oberen Chart ein möglicher Auffangbereich für den Fall rückläufiger DAX-Kurse vorliegt. Die gültigen Retracementmarken, die spätestens bei Unterschreiten der Unterstützung um 4872-4878 charttechnische Relevanz erlan-gen, lauten auf: 4660 (38,2-%-Korrektur), 4446 (50-%-Korrektur, Orientierungscharakter) und letztlich 4232 (61,8 %-Korrektur des vorausgegangenen Gesamtanstiegs).

Vorerst ist der DAX also in einer Seitwärtszone mit oberer Begrenzung bei 5341 / 5352 und Untergrenze bei 4872 – 4878 festgefahren. Immerhin eine Trading-Range von 475 Indexpunkten oder – bezogen auf das untere Ende – nahezu 10 Prozent. Nach dem zweiten Teil des Doppel-Tops hat der Index seinen etwas unscheinbar anmutenden, doch für Trading-Zwecke unschlagbaren (im Sinne einer Optimierung) 7-Tage-Durchschnitt mit einem Verkaufssignal nach unten verlassen. Dieses Verkaufssignal ist trotz des Kursanstiegs zum Ende der vergangenen Woche weiter intakt. Die 7-Tage-Glättung verläuft derzeit bei 5092 Punkten und ist weiterhin fallend. Auch der Blick auf den unterhalb des Preischarts dargestellten MACD in seiner Standardeinstellung mahnt derzeit eher zur Vorsicht. Dieser eher träge reagierende Trendfolgeindikator, divergiert bereits seit dem DAX-Hoch bei 5217 Punkten im No-vember 2001 mehrfach negativ. Dieses auf exponentiell gewichteten, gleitenden Kursdurchschnitts-linien basierende Meßkonzept des Trends vollzieht also seit einigen Monaten die neuen Höchstkur-se des reinen Chartings nicht mehr mit, was negativ zu interpretieren ist. Außerdem gibt der Indika-tor auch bei isolierter Betrachtung momentan ein klassisches Verkaufssignal, indem die Signallinie dieses Modells oberhalb der Nullinie von oben nach unten geschnitten wird.

Im Fazit ist der DAX eindeutig in seiner Trading-Range von 4872 - 5352 gefangen. Der Ausbruch in die eine oder andere Richtung ist eine Frage der Zeit und wird neue markttechnische Fakten schaffen. Indikatoren und Trading-Konzepte mahnen derzeit zur Vorsicht, zumal nach dem Trendbruch auch die Fibonacci-Retracements allesamt erst unterhalb der Trading-Range-Untergrenze zu finden sind. Die momentan am Boden liegende Trenddynamik (gemessen über Indikatoren wie Aroon und ADX) beginnt aktuell wieder leicht zu steigen. Bei zuletzt allerdings eher rückläufigen Kursen muß aber auch das mit Sorge, zumindest aber mit Vorsicht betrachtet werden. Die typische Frühjahrsrallye scheint aktuell zumindest eine zeitliche Verzögerung zu erfahren.






mfg heiko:)
 
aus der Diskussion: Stimmungen an den Märkten
Autor (Datum des Eintrages): Heiko Beh  (22.01.02 11:09:23)
Beitrag: 3 von 3 (ID:5394451)
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