Fenster schließen  |  Fenster drucken

MVV will mit Wetter-Derivaten handeln
Mannheimer Energiekonzern strebt Pionierrolle bei Risiko-Verträgen an
Von Wolf H. Goldschmitt
New York - Die MVV Energie AG, gehörte schon beim Thema Powerline zu den Trendsettern in Deutschland: Der Mannheimer Energiekonzern bot als erster Versorger Internet aus der Steckdose an. Jetzt zeigen die früheren Mannheimer Stadtwerke, die innerhalb von drei Jahren zur Nummer sieben auf dem deutschen Energiemarkt aufstiegen, dass sie es mit ihrem Führungsanspruch in Sachen Innovation ernst meinen: MVV steigt in den Handel mit Wetter-Derivaten ein. Wenn wetterabhängige Branchen wie Bau, Touristik, Textil und Landwirtschaft ihr Geschäft gegen höhere Gewalten absichern, will die MVV Energie AG ganz vorne mit dabei sein.

"Das Produkt Wetterderivat wird rasch seinen exotischen Charakter verlieren und auch an unseren Börsen für Umsatzvolumen sorgen", sagte Vorstandssprecher Roland Hartung vergangene Woche bei der internationalen Konferenz "Weather Risk" in New York. "Wie im Energiehandel und der Powerlinetechnik möchte die MVV Energie AG auch beim Wetterrisikomanagement zu den Pionieren in Deutschland gehören."

Wetterderivate sind eine Mischung aus Versicherungspolice und Finanzmarktinstrument. Klassische "Katastrophen-Policen" haben Firmen früher nach Erdbeben, Überflutung oder Stürmen vor der Pleite geschützt. Deren Weiterentwicklung führt zur Absicherung von jeglicher Art von Wetterrisiken: Schadensfälle mit höherer Wahrscheinlichkeit, aber niedrigeren Schadenssummen.

So kann ein Energieversorger etwa Verträge abschließen, nach denen ihm eine Ausgleichszahlung zusteht, falls ein Winter milder ausfällt als gewünscht und er damit wenige Strom und Gas verkauft als geplant. Landwirte könne sich mit "Wetter-Derivaten" - das Wort ist vom Handel mit Futures und Optionen auf dem Kapitalmarkt abgeleitet - gegen zu heiße Sommer oder verhagelte Ernten absichern. Der Anteil aller wetterabhängigen Geschäfte in Europa wird auf 300 Mrd. Euro geschätzt. In den USA werden jährlich Wetter-Verträge im Volumen von 2 Mrd. Dollar abgeschlossen.

Das Derivat-Geschäft funktioniert, in dem vereinfacht gesprochen ein potenzieller Wetter-Gewinner und ein Wetterverlierer füreinander einstehen. Zum Beispiel: Eine Baugesellschaft und ein Stromversorger wetten während des Winters auf eine Mindesttemperatur von drei Grad Celsius. Sinkt das Quecksilber darunter, werden Baustellen stillgelegt.

Der Baukonzern gleicht den Verlust mit Zahlungen vom Energiekonzern aus, der wegen des kalten Winters ein besonders gutes Geschäft mit Strom und Gas macht. Steigt aber die Temperatur, zahlt die Baufirma an den Versorger, weil ihre Arbeit schneller vorankommt und eine Prämie des Auftraggebers winkt.

Bei solchen Geschäften könnte die Mixtur aus Optionen und Futures zu einem Finanzprodukt gebündelt werden, das auch für Privatanlegern reizvoll ist. Die Deutsche Börse veröffentlicht inzwischen Wetterdaten aus Großstädten, um eine Grundlage für den Handel mit den neuen Papieren zu legen.


MfG MrGruendlich ;)
 
aus der Diskussion: **** MVV Energie AG mit Grüner Kurspower in die Zukunft ***/ Langzeitthread**
Autor (Datum des Eintrages): MrGruendlich  (31.01.02 13:59:47)
Beitrag: 50 von 80 (ID:5476439)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE