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Bemi und IT-Com unter neuem Management: Nichts bleibt, wie es war

Die IPC Archtec AG will die Konzerntochter Bemi gründlich auf Vordermann bringen. Alle Verträge mit Lieferanten und Mitgliedern werden überprüft, der Standort verlegt und das Unternehmenskonzept überarbeitet. Das Management ist bereits ausgewechselt worden.

Von Wolfgang Kühn [24.01.2002]
Co-Autor: Martin Fryba


Ende vergangenen Jahres zeichnete sich ab, dass bei der Einkaufs- und Marketingkooperation Bemi GmbH in Braunschweig die Zeichen auf Sturm stehen. Mittlerweile ist klar: Nichts bleibt, wie es war. Denn Alexander Schneider, seit Mitte 2001 Konzernkoordinator bei der Muttergesellschaft IPC Archtec AG in Niederaichbach-Hüttenkofen bei Landshut, hatte vom Konzern-Chef Hermann Krassler klare Order erhalten: Alle Strukturen der Unternehmensgruppe unter die Lupe zu nehmen und die AG für weitere Investoren ordentlich aufzutakeln.

Das scheint auch nötig. Da gibt es unter dem Dach der IPC Archtec AG die Töchter in Österreich und Großbritannien. Dazu die Archtec EDV Reparaturservice GmbH. Zusätzlich noch die Fachhandelskooperation Bemi GmbH, die bislang ihren Sitz in Braunschweig hatte, die Bemi Kassel sowie die beiden Trading-Gesellschaften IT-Com in Braunschweig und in Olching. »Eine meiner Hauptaufgaben ist es, Bemi innerhalb des IPC-Konzerns transparenter zu machen«, erklärt Schneider im Gespräch mit CRN. Dabei sekundiert ihm Andreas Empl, Vorstandsmitglied und zuständig für Investor Relations beim Konzern: »Ich habe im vergangenen Jahren viel gelitten, wenn ich an Bemi dachte«. Jetzt hingegen sei er wieder voller Zuversicht. Schließlich geht es bei Bemi nicht nur um eine Fachhandelskooperation mit etwa 350 Mitgliedern, sondern auch um einen wichtigen Umsatzträger für die Gruppe. Über die Fachhändler erwirtschaftete der Konzern immerhin rund 28 Prozent des Gesamtumsatzes von etwa 289 Millionen Euro in den ersten neun Monaten 2001, fügt Empl hinzu.

Für Unmut sorgte immer wieder mal der inzwischen abgesetzte Bemi-Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter Hans-Richard Reiners. Mal gefiel dem Vorstand die Strategie der Fachhandelsgruppe nicht, dann wieder die Arbeitsweise des Bemi-Managements. Und als auch noch Reiners Börsenpläne platzten, riss Vorstands-Chef Krassler wohl der Geduldsfaden. »Ärger und ständige Reibereien hat es auch mit der IT-Com in Braunschweig gegeben – ganz im Gegensatz zur IT-Com in Olching«, fügt Empl hinzu.

Eisener Besen kehrt bei Bemi

Um klar Schiff zu machen, wurde Schneider mit dem eisernen Besen eines Koordinators ausgestattet. Der ehemalige Chefeinkäufer des Rewe-Konzerns machte reinen Tisch in Braunschweig: »Die IT-Com ist aufgelöst, alle Aktivitäten wurden zur IT-Com GmbH nach Olching verlegt. Auch die Bemi wurde in Braunschweig zugemacht und in Olching angesiedelt«, gibt er CRN zu Protokoll. Gleichzeitig sei die IT-Com der Bemi zugeordnet worden. Und einmal richtig in Schwung, fegte der 33-jährige mit seinem Besen so durchs Braunschweiger Management, dass nichts mehr übrig geblieben ist. Statt Hans-Richard Reiners leitet jetzt Koordinator Schneider die Geschäfte bei Bemi. Und für IT-Com-Geschäftsführerin Andrea Siebert in Braunschweig ist wohl ebenfalls das Aus gekommen. Denn bei IT-Com in Olching hat jetzt Hans Hanuschek das Sagen.

Schneider, der vor seiner Rewe-Karriere Erfahrungen bei Computerland sammeln konnte, wird jetzt »erst einmal alle Verträge prüfen, die wir mit Bemi-Mitgliedern und Lieferanten haben«. Künftig soll Bemi wieder eine schlagkräftige Gruppe im IT-Handelssegment werden. »Wir verstehen uns als reine Einkaufs- und Marketingkooperation, die ihren Mitgliedern attraktive Produkte zu interessanten Preisen anbieten kann«. Wenig hält Schneider von Kooperationsleistungen wie Zentralregulierung oder zentralisiertem Einkauf. So sollen die Bemi-Händler auch in Zukunft ihre Waren frei bei den gelisteten Lieferanten ordern können. Ebenso seien sie nicht an die Produkte der Konzernmutter IPC Archtec gebunden.

Die Aufgaben von IT-Com sieht Schneider neben dem Tradinggeschäft vor allem in Einkauf, Lager und Logistik. Weniger konkret hingegen äußerten sich Empl und Schneider zur künftigen Positionierung der Bemi GmbH in Kassel. »Das ist ein sehr gutes Handelshaus«, erklärt der Bemi-Geschäftsführer zurückhaltend. Und bei der Frage nach den Distributionsgeschäften der Bemi in Kassel geben sich beide spröde. Ebenso zu den Minderheitsbeteiligungen, die von Reiners und Carsten Frank an Bemi gehalten werden.

Trommeln für Kapital

Licht in das Dunkel der Konzernverästelungen zu bringen, hat IPC dringend nötig. Die intransparente Firmenstruktur macht es IR-Vorstand Empl schwer, weitere Investoren von der »Equity-Story« zu überzeugen. Zwei Drittel der frei handelbaren Aktien (entspricht 48 Prozent des Grundkapitals) seien in den Händen institutioneller Investoren, so Empl, die einer möglichen Kapitalerhöhung gegenüber positiv gestimmt seien. Und Kapital ist eine wesentliche Voraussetzung, um die ehrgeizigen Wachstumspläne zu finanzieren. Erst kürzlich machte der Notebook-Boom den Niederaichbachern Mut: Für das erste Quartal 2002 hob der Vorstand daher das Umsatzwachstum von 30 auf 70 Prozent (rund 131 Millionen Euro) an. Allerdings musste IPC in Vorleistung gehen und hat die Investitionen vorerst über Bankdarlehen finanziert (Kreditlinie 50 Millionen Euro), da die liquiden Mittel deutlich geschmolzen sind. Zugenommen haben hingegen Forderungen und der Lagerbestandswert, was zum einen Kapital bindet und zum anderen mit Zahlungsausfall- und Abwertungsrisiko behaftet ist. »Keiner unserer Kunden hat einen Anteil am Gesamtumsatz von mehr als zehn Prozent. Und Schimmelware haben wir nur in unwesentlichem Umfang auf Lager«, versucht Empl zu beruhigen.

Dass der Boom bei Flachbildschirmen und vor allem Notebooks, auf die sich die Niederbayern mit den Marken Head, IPC und Tekneo konzentrieren, noch länger anhält, davon ist Empl überzeugt. Die Stärke von IPC und seinen rund 155 Mitarbeitern läge nicht wie bei Konkurrent Medion im großvolumigen Aktionsgeschäft, sondern in der Flexibilität: »Wir sind bei der Assemblierung kleinerer Stückzahlen im vierstelligen Bereich flexibel und können solche Aufträge in vier bis fünf Wochen abwickeln«. Zusätzlich zum deutschen Markt, wo IPC rund zwei Drittel des Umsatzes erzielt, soll in Zukunft mit Kooperationspartnern das europäische Auslandsgeschäft weiter ausgebaut werden. Wichtigste Märkte sind England, Frankreich und Italien.

Sollte es den Vorständen glücken, die Firmenstruktur auf Vordermann zu bringen und Transparenz zu schaffen, dürfte IR-Vorstand Empl künftig als Handlungsreisender in Sachen Kapitalakquise bessere Karten bei Investoren haben. Um allerdings das erklärte Ziel zu erreichen, die IPC-Aktie als Qualitätstitel in den Nemax-50 zu etablieren, muss der Aktienkurs noch deutlich zulegen.

Quelle:http://www.crn.de/

Ciao Kamischke
 
aus der Diskussion: IPC Archtec AG-Quantensprung in Q 1-Anheb. der Planziele,über 55 E bis Dez?
Autor (Datum des Eintrages): kamischke  (02.02.02 19:01:53)
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