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Rund 4.000 Mitarbeiter der insolventen Fluglinie Air Berlin dürfen sich wohl künftig arbeitslos melden. Politik und beteiligte Unternehmen haben es nämlich nicht geschafft, 50 Millionen Euro für eine Auffanggesellschaft aufzutreiben. Das Land Bayern weigerte sich, überhaupt einen einzigen Cent zu bezahlen und für Nordrhein-Westfahlen und den Bund sind die anteiligen rund 10 Millionen Euro angeblich zu viel. Nur „Arm-aber-Sexy-Berlin“ wollte zahlen, kann die Summe aber alleine auch nicht stemmen. Man merkt es, der Wahlkampf ist vorbei und es geht ja nur um Menschen. Besonders beschämend ist, dass auch die Lufthansa sich nicht an einer Auffanggesellschaft beteiligen wollte – man habe schließlich schon viel Geld für die Flugzeuge der Air Berlin ausgegeben und werde ja auch einen Teil der Mitarbeiter übernehmen. Das stimmt. Die Lufthansa hat sich die Flugzeuge zu einem Spottpreis unter den Nagel gerissen und will nun die ehemaligen Air-Berlin-Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen über fragwürdige Beschäftigungsmodelle einstellen. Fein raus ist indes der letzte Chef von Air Berlin, der für wenige Wochen Arbeit nun mit 4,5 Millionen Euro nach Hause geht – dieses Geld war durch eine gesonderte Bankbürgschaft abgesichert. Die gesamte Insolvenz ist nur noch mit einer Überdosis an Zynismus zu ertragen
. Von Jens Berger.

(...) Und so gehören (fast) alle Beteiligten zu den Siegern dieser Win-Win-Insolvenz: Die Bundesregierung hat nun ihren „nationalen Champion“, der dank der Protektion aus Berlin ordentlich gerüstet in die Zukunft blicken kann, die Aktionäre der Lufthansa dürfen sich auf fette Dividenden freuen und Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann kann sich mit den 4,5 Millionen Euro Abwicklungsprämie erst mal ein Jahr Auszeit erlauben, bevor er wieder bei seinem echten Arbeitgeber Lufthansa an Bord steigt. Wunderbar! Was zählen da schon die Mitarbeiter von Air Berlin, die nun im besten Fall zu schlechteren Konditionen ihren alten Job weitermachen können oder im schlechtesten Fall in einem Jahr im Hartz-IV-Regime landen? Und mit den preiswerten Urlaubsflügen für das Fußvolk dürfte es an vielen deutschen Flughäfen künftig auch vorbei sein. Wer wenig Geld hat, kann zu Hause bleiben oder er spart künftig ein wenig länger, so dass die Aktionäre der Lufthansa genau so viel Freude an seinem Urlaubsflug haben wie er selbst. So funktioniert der moderne Kapitalismus in der Merkel-Ära nun einmal. Der Mensch kommt zuletzt.


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aus der Diskussion: Die Zahl der Unterbeschäftigten wird im Juli 2017 auf 3.507.515 Personen beziffert
Autor (Datum des Eintrages): blueoctopus  (26.10.17 20:37:00)
Beitrag: 29 von 29 (ID:56036637)
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